Minderheitsregierung: Koalition diskutiert mögliches Ende
Jan Schroeder, Karina Mößbauer, Johann Paetzold, 06.11.2025, 5 Min
Beim
Weinfest der SPD-„Netzwerker“ vor drei Wochen, eine der drei Strömungen
in der SPD-Fraktion, soll Klüssendorf vor den Folgen eines Scheiterns
bei den Ost-Landtagswahlen im nächsten Jahr gewarnt haben, wie The Pioneer hört.
Sollten sich die derzeitigen Umfragewerte in Wahlergebnisse verwandeln, könnte das auch ein Regierungsbeben in Berlin auslösen, soll Klüssendorf sinngemäß gesagt haben.
Klüssendorfs Schlussfolgerung: Die SPD-Parteizentrale dürfe nicht erst 2029 kampagnenfähig sein. Man müsse bereits im nächsten Jahr für alle Eventualitäten gerüstet sein, berichten Teilnehmer.
Rüstet der SPD-General für einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf? Auf Nachfrage sagt Klüssendorf The Pioneer: „Zu solchen Spekulationsgeschichten geben wir keine Stellungnahme ab.“
Nur so viel:
Dass eine Parteizentrale immer kampagnenfähig sein muss, ist selbstverständlich.
Am Montagabend sprach Jens Spahn in einer Sitzung der CSU-Landesgruppe ebenfalls den Ernst der Lage in der Koalition an: „Wir gewinnen gemeinsam, oder wir verlieren gemeinsam“, soll Spahn laut Teilnehmern gesagt haben. Dann habe Spahn hinzugefügt:
"Aber wir werden nicht gemeinsam sterben mit denen."
Mehrere Anwesende haben die Aussagen The Pioneer
gegenüber verifiziert. Bereits am Wochenende hatte Spahn die Situation
angesichts miserabler Umfragewerte als „brutal“ beschrieben.
Droht Spahn der SPD indirekt mit dem Koalitionsbruch? Die SPD wiegelt auf Nachfrage hin ab.
Man wolle nicht über Aussagen aus geheimen Sitzungen spekulieren, sagt Dirk Wiese, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, The Pioneer.
Die Zusammenarbeit in der Regierung funktioniere. Sie bringe auch diese Woche wieder einige Gesetze durch das Parlament.
In Hintergrundgesprächen äußern SPD-Politiker allerdings immer wieder Misstrauen gegenüber Spahn. Man nehme wahr, dass Teile der Union über Alternativen zu einer Koalition mit der SPD nachdenken.
Fakt ist: Auch andere Funktionäre von CDU und CSU verweisen in Hintergrundgesprächen inzwischen auf die Option Minderheitsregierung.
Der Verdruss in der Union wächst. Dort lautet die Diagnose vielfach: Teile der SPD befänden sich im Oppositionsmodus.
Spahn trauen einige SPDler auch zu, dass er eine Minderheitsregierung mit Duldung durch die AfD eingehen würde. Carsten Linnemann und Friedrich Merz werden hingegen von den Sozialdemokraten als verlässlichere Partner eingeschätzt.
Auch Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) lehnt eine Tolerierung durch die AfD klar ab.
Mit Blick auf Sachsen-Anhalt sagt er The Pioneer: Wenn es ohne AfD-Tolerierung nicht mal mehr für eine Minderheitsregierung reiche, dann solle die Union lieber in die Opposition.
Schuldzuweisungen statt „Geist von Würzburg“: Die SPD wirft der Union vor, öffentlich Druck für Forderungen zu machen, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen. Die Union ihrerseits wirft der SPD eine Blockadehaltung bei den dringend gebotenen Sozialreformen vor.
Fazit: Heute jährt sich das Ampel-Aus. Die Vorboten von damals sind auch in dieser Regierung schon sichtbar.

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