„Minderheitsregierungen sind die Zukunft“
Richterwahl, Stadtbild, aktuell die Rente: Die schwarz-rote Koalition stolpert von einem Streit zum nächsten. In der Union sehnen sich manche nach einem „Plan B“.
Ja, das glauben manche: CDU-Mitglied und Wirtschaftslobbyist Thorsten Alsleben sagt meinem Kollegen Nils Heisterhagen:
Wir müssen uns gedanklich vom Konstrukt der Mehrheitskoalitionen befreien, wenn wir in Zukunft funktionsfähige Regierungen wollen.
Mehrheitskoalitionen hätten dazu beigetragen, dass sich die großen Volksparteien programmatisch abgenutzt haben, so Stecker.
Nicht mehr zeitgemäß:
Angesichts eines fragmentierten Parteiensystems sind Minderheitsregierungen die Zukunft, sie sind viel funktionaler als Mehrheitskoalitionen.
Durch den Koalitionszwang in Mehrheitskoalitionen sei es nur schwer möglich, politische Programme umzusetzen. Bei knappen Mehrheiten werde das Land schnell unregierbar.
Er attestiert der politischen Kultur in Deutschland:
Wir sind gedanklich eingemauert.
Es geht, Herr Merz: Die Mehrheitsbildung gelinge in Skandinavien auch mit wechselnden Partnern. Die Inhalte entscheiden. Scheitere ein Gesetz mal, stürze das die Regierung nicht in eine Krise.
Bei uns stellt das direkt die ganze Regierung infrage, wenn die Koalition mal keine Mehrheit bekommt.
Blick nach Thüringen und Sachsen: Auch dort funktioniere das Modell Minderheitsregierung relativ geräuschlos.
Wie sähe der Weg zu einer Minderheitsregierung aus?
Der erste Schritt: Merz müsste nur den Bundespräsidenten um die Entlassung der SPD-Minister bitten. Dafür braucht es keine Neuwahlen.
Zweiter Schritt: Die CDU würde alle Ministerien mit ihren Leuten besetzen.
Kann die Opposition Merz direkt abwählen? Nein, denn:
Für ein konstruktives Misstrauensvotum bräuchte ein Kandidat der Opposition eine absolute Mehrheit.
Unwahrscheinlich, dass sich SPD, Grüne, AfD und Linke auf einen Kandidaten einigen könnten.
Der Haken: Dennoch geht der Politikwissenschaftler nicht davon aus, dass Merz mit einer Minderheitsregierung Erfolg hätte. Denn:
SPD, Grüne und Linke würden eine CDU-geführte Minderheitsregierung sofort der Zusammenarbeit mit der AfD beschuldigen und wahrscheinlich in eine Totalblockade übergehen.
Langfristig gebe es aber wenig Alternativen zu einer Minderheitsregierung, sollte die Fragmentierung des Parteiensystems weiter zunehmen. „Derzeit spricht alles für den Trend hin zur Minderheitsregierung.“
Fazit: Die Ampel war kein Einzelfall, sondern eher das neue Normal. Damit Blockaden nicht zum Dauerzustand werden, braucht es neue Ansätze.

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