SPD-Chef Lars Klingbeil schliesst Kompromisse im Streit über das
Rentenpaket aus. Damit untergräbt er die Arbeit des Parlaments und
schadet dem Land.
Die
Abgeordneten haben das letzte Wort. Das sind nicht nur die Spielregeln,
sondern die Grundfesten einer parlamentarischen Demokratie. Es ist die
ureigenste Aufgabe des Parlaments, Gesetze zu beschliessen, zu verändern
oder zu verwerfen. Das gilt auch für das Rentenpaket, an dem die
Sozialdemokraten im Bundestag so starrsinnig festhalten.
Umso
befremdlicher ist die Basta-Ansage des SPD-Chefs Lars Klingbeil. «Am
Gesetz wird nichts verändert», sagte er und gab damit schon am
Wochenende die Linie vor. Damit erteilte Klingbeil jeglicher
Kompromisslösung von vornherein eine Absage und machte dadurch den
Bundestag zu einem Abnickverein. Das ist anmassend.
Mit ihrer Sturheit schaden die Sozialdemokraten sich selbst,
aber zuallererst dem Land. Sollte die Rentenreform im Bundestag
scheitern, wäre auch die Koalition aus Union und SPD erschüttert. Es
wäre das endgültige Eingeständnis, dass Schwarz-Rot, angetreten als ein
Bündnis der Mitte, nicht zu Reformen im Sinne des Landes und der
Menschen in der Lage ist.
Zustimmung für Schwarz-Rot schwindet
Die Unbeweglichkeit im Rentenstreit
ist den Wählern kaum vermittelbar. Denn es geht hier nicht um
ökonomische Vernunft, sondern um Symbolpolitik. Im Gegenzug für eine
härtere Migrationspolitik, eine berechtigte Forderung der Union, haben
die Sozialdemokraten Zugeständnisse bei der Rente verlangt. Das
mag in der Logik des Koalitionsvertrages richtig sein, entspricht aber
schon lange nicht mehr dem, was das Land braucht. Solche politischen
Tauschgeschäfte gehen auf Dauer ohnehin nicht gut. Sie machen eine
Partei beliebig.
Mehr
noch: Wähler durchschauen solche Scheinmanöver und honorieren sie
nicht. In der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa
rutscht Schwarz-Rot mitten im Rentenstreit weiter ab. Die Union kommt
auf 24,5 Prozent Zustimmung und die SPD auf 15 Prozent. Der
Vertrauensverlust für die Bundesregierung ist damit nach etwas mehr als
sechs Monaten im Amt so hoch wie zum Ende der Ampelkoalition.
Bärbel Bas sieht keine Kompromisslinie
Gewiss,
die Situation ist verfahren. Daran haben auch Kanzler Friedrich Merz
und der Unionsfraktionschef Jens Spahn ihren Anteil, die die Kritik der
Renten-Rebellen, einer Gruppe junger Unionsabgeordneter, so lange nicht
ernst genommen haben, bis die Lage eskalierte. Das zeigt mangelndes
politisches Gespür, wie schon bei der gescheiterten Nominierung der
SPD-Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf.
Doch die Sozialdemokraten lassen überhaupt keine inhaltliche Kritik
am Rentenpaket zu, auch nicht an den damit verbundenen Folgekosten in
dreistelliger Milliardenhöhe. Dabei gibt es auch in den eigenen Reihen
genug Kritiker, die das vorgelegte Gesetzespaket für eine ökonomische
Sprengfalle halten. Trotz aller sozialdemokratischen Prinzipientreue
verwundert solche Unbeweglichkeit.
«Kein
Gesetz verlässt den Bundestag, wie es hereingekommen ist», hatte der
ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck einst gesagt und damit
das Selbstbewusstsein der Abgeordneten gegenüber
Regierungsentscheidungen hervorgehoben. Der Ausspruch hat nichts an
seiner Gültigkeit verloren. Klingbeil war damals Mitglied der
SPD-Fraktion. Er sollte sein Gedächtnis auffrischen.
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