Doch das ist lange vorbei. Thunberg ist heutzutage vor allem für antisemitisch motivierte Bootstouren nach Gaza bekannt, und von einem grünen Zeitalter spricht keiner mehr. Für Deutschland hat das dramatische Folgen. Es hat sich unter den mächtigen Industriestaaten die ambitioniertesten Klimaziele gesetzt, sich gleichzeitig die Mittel dazu selbst aus der Hand geschlagen, und nun steckt es in der klimapolitischen Falle.
Schon vor Beginn der Uno-Klimakonferenz an diesem Montag traten fast alle wichtigen Staaten auf die Bremse. Präsident Donald Trump hat Amerika schon zum zweiten Mal aus dem Pariser Abkommen herausgeführt und wettert gegen Windräder und Klimaschutz. China baut zwar Erneuerbare in atemberaubender Geschwindigkeit aus, genauso aber auch Kohlekraftwerke, und von ambitionierten Zielen kann schon gar nicht die Rede sein: Das Land will bis 2035 nur 7 bis 10 Prozent weniger Treibhausgase ausstossen. Selbst die EU hat ihre Ziele vor der Konferenz abgeschwächt, sie will nun auch Klimaschutzprojekte in Drittstaaten stärker auf die Einsparungen der Mitgliedsstaaten anrechnen lassen.
Das Versagen der BürgerlichenBleibt Deutschland, das als Tugendwächter dastehen will in einer Welt voller Sünder. Unbeirrbar hält es an seinem Plan fest, 2045 klimaneutral zu werden, fünf Jahre vor allen anderen Staaten in der EU. Währenddessen tobt in der Industrie ein Orkan; die Deindustrialisierung des Landes ist in vollem Gang. Egal, wie es ausgeht, es wird auf das Klima keinen nennenswerten Einfluss haben. Wo die Welt am Ende landen wird, ob bei 2 Grad über dem Durchschnitt, 2,5 oder 3 Grad, machen China, Amerika und Indien grösstenteils unter sich aus. Dass es in Deutschland so weit kommen konnte, hat vor allem einen Grund: das eklatante Versagen der Bürgerlichen beim Klimaschutz.
Zuerst
haben die Unionsparteien beim Klimaschutz vor allem gebremst. Dann
haben sie, als die Grünen durch das Thema Aufwind bekamen, kritiklos
deren politische Rezepte übernommen. So etwas geschah auch in anderen
Ländern. Aber nirgendwo gingen bürgerliche Parteien so weit wie CDU und
CSU 2011, die funktionierende Atomkraftwerke abschalteten, nur weil sie
den Grünen bei der nächsten Landtagswahl ein paar Stimmen abjagen
wollten.
Indem die Union die Energiewende adelte, so wie linke Parteien wie Grüne und SPD sie wollten, adelte sie selbst völlig utopische Prognosen über die künftige Energieversorgung. Die Frage nach den Kosten spielte keine Rolle mehr. Es ging jetzt nicht mehr darum, ob und zu welchem Preis Klimaneutralität erreicht werden kann, sondern nur noch darum, wie.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung etwa rechnete einmal vor, dass Deutschland problemlos nur mit der Kraft von Wind und Sonne klimaneutral werden könne. Im Kleingedruckten ging es allerdings davon aus, dass nur noch Elektroautos auf deutschen Strassen fahren würden und der Individualverkehr in wenigen Jahren um ein Drittel sinken würde. Allein hinter dieser Annahme steckt eine gewaltige Veränderung der gewohnten Lebensführung. Weitere kamen hinzu. Flankiert wurden solche weltfremden Rechenspiele durch den Katastrophismus von Klimaaktivisten.
Es bleiben rhetorische Taschenspielertricks
So ergab sich eine effektive Arbeitsteilung: hier die unablässigen Warnungen vor dem nahenden Weltuntergang, dort immer ambitioniertere Modellrechnungen, wie man noch schneller zum Ziel kommen könnte. CDU und CSU liessen sich davon treiben.
Sie versäumten es, auf einen Klimaschutz zu drängen, der bezahlbar bleibt und die Industrie nicht aus dem Land treibt. Das wäre noch vor wenigen Jahren unter Einschluss der Atomenergie möglich gewesen. Nun bleiben ihnen nur noch rhetorische Taschenspielertricks.
Kanzler Friedrich Merz ist das nicht anzulasten. Er hat die letzten Jahre keine politische Verantwortung getragen. In seiner Rede in Brasilien zeigte er, dass er weiss, worauf es beim Klimaschutz ankommt. Auf die Akzeptanz der Bürger. Auf eine starke Wirtschaft. Auf Technologieoffenheit und Innovation.
Um diese Worte jetzt noch in die Tat umzusetzen, brauchte es allerdings eine energiepolitische Revolution. Merz müsste wie China ein Förderprogramm für Atomreaktoren aufsetzen, die Speicherung von Treibhausgasen auch für Kohlekraftwerke erlauben und Gasbohrungen im Inland ins Auge fassen, um von der Kohle wegzukommen. Er müsste das Angebot klimaschonender Energie massiv erhöhen, damit das Land für die elektrische Revolution und den Wettkampf um die KI gerüstet ist. Mit seinem Koalitionspartner, der SPD, bleibt das illusorisch. Beim Wort Atomkraft bekommen Sozialdemokraten entweder Lachanfälle oder Angstschweiss.
Ziele im Gleichklang mit dem Grossteil der Welt
Deshalb bleibt Merz nur ein Ausweg. Er muss seinen Landsleuten die Wahrheit sagen. Sie lautet: Deutschland hat die Wahl. Es kann seine klimapolitischen Ziele erreichen und in die Armut absinken. Oder es kann ein Industrieland bleiben und sich weniger ambitionierte Ziele setzen, im Gleichklang mit dem Grossteil der Welt. Die FDP hat das in der «Ampel» am Schluss gefordert. Das Ergebnis war das Ende der Koalition.
Dabei war Deutschlands Sonderweg schon waghalsig, als alle Welt noch mitzog beim Klimaschutz. Wenn sie aber bremst, dann ist er Selbstmord.

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