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| Andreas Rosenfelder |
Die Pathologisierung der Mitte (WELT+)
Vergleichbares gilt für die Thematisierung von Kriminalität unter Sinti und Roma oder die Einschätzung, Langzeitarbeitslosigkeit sei eine „Belastung“ für die Sozialsysteme.
Besonders absurd erscheint eine weitere
Phantasiesparte, die offenbar dazu dient, den Rückgang in den
einschlägigen Kategorien zu kompensieren. So raunen die Studienleiter
von einem Anstieg des „Nationalchauvinismus“ – und belegen diesen
Begriff, der nach Pickelhauben, Schützengräben und Reichsparteitagen
klingt, folgendermaßen: „Allerdings ist ein Drittel (34 Prozent) der
Ansicht ‚Im nationalen Interesse können wir nicht allen die gleichen
Rechte gewähren‘.“
Der Trick der Studie wird hier offensichtlich, denn es bleibt absichtlich völlig offen, was mit „die gleichen Rechte“ gemeint ist. In dieser Versuchsanordnung muss schon die Einschätzung, nicht alle illegalen Einwanderer aus allen Ländern der Erde könnten auf Dauer den gleichen Anspruch auf Sozialleistungen haben wie deutsche Staatsbürger, als Beleg für „Nationalchauvinismus“ gelten. Analog wird die soziologische Modekategorie des „libertären Autoritarismus“ als Vorstufe des Rechtsextremismus behandelt. Die Kriterien für dieses politische Krankheitsbild? Der Glaube an Leistungsorientierung, Wettbewerbsfähigkeit, Freiheit und Eigenverantwortung. Man reibt sich die Augen: Gehören nicht genau diese Werte seit dem 19. Jahrhundert zum ideellen Tafelsilber der bürgerlichen Mitte?
Nein, die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stifung, deren Ergebnisse von den meisten Medien kritiklos aufgegriffen werden, betreibt weder Forschung noch Aufklärung. Sie arbeitet vielmehr mit an einer Pathologisierung der Mitte, indem sie bürgerliche Überzeugungen in die Nähe des Rechtsextremismus rückt – und vernünftige Äußerungen politischer Kritik aus dem Bereich des Zulässigen verdrängt. Die „antidemokratischen Einstellungen“, welche die Studie der „angespannten Mitte“ und damit auch vielen ehemaligen SPD-Wählern unterstellt, sollte man lieber bei den Verfassern selbst untersuchen.

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