03 November 2025

Der andere Blick - Deutschlands verrückte Abschiebe-Debatte: Wer soll Syrien denn wieder aufbauen, wenn nicht junge syrische Männer? (NZZ)

Flagge des IS

Deutschlands verrückte Abschiebe-Debatte: Wer soll Syrien denn wieder aufbauen, wenn nicht junge syrische Männer?
Die schwarz-rote Koalition streitet darüber, ob Menschen aus dem früheren Bürgerkriegsland in ihrer Heimat würdig leben können. Unterdessen soll schon wieder ein «Schutzsuchender» einen Terroranschlag geplant haben.
Wenn heute ein Terroranschlag vereitelt wird, dann nimmt die Öffentlichkeit das weitgehend gleichgültig zur Kenntnis. Das ist einerseits verständlich. Wozu sich mit Fanatikern befassen, die noch gestoppt werden? Es gibt schliesslich genügend Anschläge, die nicht verhindert werden können. Andererseits möchte man hoffen, dass der Fall des Syrers, der am Wochenende in Berlin verhaftet wurde, nicht allzu schnell in Vergessenheit gerät.
Der 22-Jährige, der nach Recherchen der «Bild»-Zeitung seit 2023 in Deutschland lebt und sogenannten subsidiären Schutz geniesst, soll Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat sein und soll laut der Staatsanwaltschaft eine schwere staatsgefährdende Straftat geplant haben. Es wäre nicht der erste Terrorangriff eines syrischen «Schutzsuchenden» auf deutschem Boden gewesen, vom Sprengstoffanschlag im bayerischen Ansbach 2016 bis zur Messerattacke im nordrhein-westfälischen Solingen 2024.
Relevant ist der vereitelte Anschlag aus drei Gründen. Er ist, erstens, eine Mahnung, die Bedrohung durch den Islamismus nach wie vor so ernst wie möglich zu nehmen. Seine Anhänger sind die grösste Bedrohung der westlichen Welt. Sie haben sich bereits tief in die Gesellschaften eingegraben.
Ohne USA und Israel gäbe es mehr Anschläge

Zweitens sollte der Fall die Deutschen daran erinnern, dass ihr Land ohne Amerikaner und Israeli noch um ein Vielfaches gefährdeter wäre. Auch im Berliner Fall soll der entscheidende Tipp von einem «ausländischen Nachrichtendienst» gekommen sein, wie die ARD berichtet. In der Regel sind damit die Dienste der USA und Israels gemeint.Die deutsche Regierung wäre gut beraten, die Beziehungen zu beiden Ländern ungeachtet aller politischen Differenzen zu pflegen und zu hegen. Vor allem sollte sie die Belehrungen der dortigen Regierungen einstellen. Das Leben der eigenen Bürger ist wichtiger als das bisschen öffentlicher Applaus.

Drittens bietet der Fall die Chance auf einen anderen, nüchternen Blick auf die Syrer in Deutschland. Knapp eine Million sind es inzwischen. Viele mögen gesetzestreu sein. Aber zu viele sind es nicht, und damit sind nicht nur gewaltbereite Islamisten gemeint.

In der polizeilichen Kriminalstatistik liegt die «Tatverdächtigen-Belastungszahl» im Bereich Gewaltkriminalität bei Syrern mehr als zehnmal so hoch wie bei Deutschen; der Wert setzt die Zahl der Tatverdächtigen einer Bevölkerungsgruppe ins Verhältnis zu deren Anteil an der Bevölkerung. Zehn zu eins: Das ist völlig inakzeptabel.
Minister Dobrindt vs. Minister Wadephul

Ein politisch Verantwortlicher, der das erkannt hat und Ausschaffungen nach Syrien anschieben will, ist Innenminister Alexander Dobrindt von der CSU. Der Bayer, einer von wenigen Aktivposten im Kabinett, kämpft allerdings nicht nur gegen die politische Linke, inklusive der mitregierenden SPD. Er muss sich neuerdings auch mit der Schwesterpartei herumschlagen.

Der christlichdemokratische Aussenminister Johann Wadephul, der eher kein Aktivposten ist, hat bei einem Syrienbesuch vergangene Woche erklärt, in dem früheren Bürgerkriegsland könnten «wirklich kaum Menschen richtig würdig leben». An eine Rückkehr der Flüchtlinge aus Deutschland sei deshalb derzeit nicht zu denken.

Wo soll man da anfangen? Wer, wenn nicht junge syrische Männer, soll Syrien wieder aufbauen? Etwa die Frauen, Kinder und Alten, die diese in der Heimat zurückgelassen haben? Hat der Minister vergessen, wie deutsche Städte nach dem Zweiten Weltkrieg aussahen?

Ein Land, das meint, Heimat für alle Menschen sein zu können, die sich ein «würdiges» Leben wünschen, wird am Ende niemandes Heimat mehr sein. Deutschland ist auf diesem Weg schon erschreckend weit vorangeschritten.

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