05 November 2025

«Geflüchtete» statt «Flüchtlinge»: ARD und ZDF schulen ihre Mitarbeiter mit politisch korrekten Sprachvorgaben einer NGO. (NZZ)

«Geflüchtete» statt «Flüchtlinge»:
ARD und ZDF schulen ihre Mitarbeiter mit politisch korrekten Sprachvorgaben einer NGO. Kritiker halten das für Einflussnahme (NZZ)
Mitarbeiter der öffentlichrechtlichen Sender lassen sich von einer linken NGO in «korrekter Sprache» schulen. Der NZZ liegt das interne Schreiben vor.
Len Sander, Berlin,
In einer internen E-Mail der ZDF-Abteilung Personalentwicklung von Mitte Oktober, die der NZZ vorliegt, werden Führungskräfte darum gebeten, ihren Mitarbeitern zwölf Schulungen zu empfehlen, die von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Mediendienst Integration erarbeitet wurden. Die Verfasserin der E-Mail bezeichnet die Kurse als «Wissensschatz».
«Eingewanderte und ihre Nachkommen» statt «Menschen mit Migrationshintergrund»
Ein Kurs befasst sich mit «Sprachen und Begriffen im Einwanderungsland». Gemäss der Kursbeschreibung geht es darum, «Anregungen, Beispiele und Tipps für den diskriminierungsfreien Umgang mit Sprache» bereitzustellen. Schon in der Beschreibung des Kurses «Schwarze Menschen in Deutschland» wird das Adjektiv «schwarz» durchgängig gross geschrieben, wie es in sich selbst als progressiv verstehenden Kreisen üblich ist, um zu kennzeichnen, dass Menschen afrikanischer Herkunft von strukturellem Rassismus betroffen sind. Die Organisation betrachtet dies offenbar als diskriminierungsfrei.
Die «Bild»-Zeitung konnte die Kursunterlagen einsehen und berichtet, darin werde dazu aufgerufen, den Begriff «Flüchtling» zu vermeiden. Er wirke «verkleinernd». Vielmehr sollten die öffentlichrechtlichen Journalisten von «Geflüchteten» sprechen.
Der Begriff «Migrationshintergrund» solle nur im Kontext von Statistiken verwendet werden. In anderen Kontexten sei die Rede von «Eingewanderten und ihren Nachkommen» angemessener. Auch Begriffe wie «Flüchtlingswelle» seien zu vermeiden, da sie Asylmigranten selbst die Verantwortung für Fluchtbewegungen zuwiesen.
In Schulungsunterlagen zu «Herkunft in der polizeilichen Kriminalstatistik» werde suggeriert, dass die Kriminalitätshäufigkeit bei in Deutschland lebenden Ausländern «überschätzt» werde, da auch Straftaten von Touristen einbezogen würden. Von der Nennung der Herkunft von Straftätern wird in den Schulungsmaterialien abgeraten – ausser wenn diese explizit relevant sei. Ausserdem soll die Herkunft von Tätern nicht in Überschriften genannt werden.
Gemäss dem Portal «Nius» umfassen die Schulungen Tests, die die richtigen Formulierungen abfragen. Ein Test, der sich auf die Herkunft von Straftätern bezieht, will bei einem Messerangriff in Nürnberg etwa nicht, dass die syrische Staatsbürgerschaft des Tatverdächtigen genannt wird. Denn das Motiv sei unbekannt, und die Nennung der Herkunft könne stigmatisierend wirken.

Das ZDF bestätigte auf Anfrage der NZZ die Nutzung der zwölf Schulungen des Mediendiensts Integration. Es gebe keinen Eingriff in die Programmgestaltung des ZDF, heisst es. Auch ein Verstoss gegen das Gebot der Staatsferne liege nicht vor. Ein Sprecher betonte, dass die Weiterbildungen nicht verpflichtend seien.

Doch solche moralisch aufgeladenen Anleitungen für Journalisten haben im ÖRR mittlerweile System; vor sechs Jahren empfahl die ARD ihren Mitarbeitern ein Framing-Manual.

Schulungs-NGO erhält Steuergelder

Der Mediendienst Integration versteht sich laut eigener Darstellung als «Informationsplattform» für Journalisten zu den Themen «Flucht, Migration und Diskriminierung». Er wird durch die grünennahe Amadeu-Antonio-Stiftung mittelbar und mit einer Projektförderung durch das Bundesinnenministerium direkt mit Steuergeldern finanziert.

Das könnte verfassungsrechtlich problematisch sein, wie der Rechtsprofessor Volker Boehme-Nessler der «Bild» sagte. Der Medienstaatsvertrag als Rechtsgrundlage des öffentlichrechtlichen Rundfunks sehe ein Gebot der Staatsferne vor. Die Finanzierung der Öffentlichrechtlichen per Rundfunkbeitrag soll die Unabhängigkeit vom Staat und von Regierungen gewährleisten.

Dies sei im Falle der möglicherweise auch mit Steuergeld finanzierten Schulungen zweifelhaft. Der Staat dürfe keinen Einfluss auf die journalistischen Inhalte der Öffentlichrechtlichen nehmen, kritisiert der Rechtsprofessor.

Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der wirtschaftsnahen Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und Mitgründer der Initiative Transparente Demokratie, die zuerst von der Schulung berichtete, sagte der NZZ: «Dass linke NGO von den Verantwortlichen zum offiziellen Ausbildungsprogramm genutzt werden, gräbt weiter an der Glaubwürdigkeit der öffentlichrechtlichen Sender.» Würden die Fortbildungen nicht unterbunden, stehe die weitere Existenz der öffentlichrechtlichen Sender infrage, so Alsleben, der früher als Hauptstadtkorrespondent für das ZDF gearbeitet hat.

Deutsche Politiker äusserten sich ebenfalls kritisch über die Schulungen. Die AfD-Co-Chefin Alice Weidel schrieb am Freitag auf ihrem X-Profil: «Darum werden wir die GEZ-Gebühren abschaffen.» Damit bezog sie sich auf den Rundfunkbeitrag, der momentan bei monatlich 18.36 Euro liegt. Auch der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki rügte die Schulungen und schrieb, der Mediendienst Integration trainiere öffentlichrechtliche Journalisten zum «richtigen Framing» von Migration. Das sei ein «journalistischer Offenbarungseid».

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