06 Juli 2025

Sonderauswertung - Diese Nationalitäten fallen bei Jugendkriminalität besonders auf (WELT+)

Nun hat auch die WELT das Thema aufgegriffen und relativiert
Sonderauswertung
Diese Nationalitäten fallen bei Jugendkriminalität besonders auf (WELT+)
Von Philipp WoldinPolitischer Korrespondent, 06.07.2025, Lesedauer: 5 Min
Neue Zahlen der Bundesregierung zeigen, wer die Kriminalitätszahlen im Land besonders in die Höhe treibt. Vor allem bei Minderjährigen sind die Unterschiede zwischen den Nationalitäten enorm. Eine Gruppe erreicht einen traurigen Höchstwert.

Am Sonntag vor einer Woche passierte an einem Waldweg im nordrhein-westfälischen Dorsten ein brutales Gewaltverbrechen. Eine Spaziergängerin fand neben einer Parkbank eine leblose 32-Jährige mit einer Platzwunde am Hinterkopf, nicht weit entfernt lag ihre kleine Tochter. Auch sie atmete nicht mehr. Wenige Tage später stellte sich ein 16-Jähriger der Polizei und gab an, an dem Doppelmord beteiligt gewesen zu sein. Viele Details des Verbrechens sind noch unklar. Täter und Opfer stammen alle aus der Ukraine.
Es sind Taten wie diese, die die aktuelle Debatte um die Sicherheitslage in Deutschland befeuern. Viele Gewalttaten passieren zwar in der Anonymität der eigenen vier Wände, gerade für Frauen und Mädchen ist ihre Wohnung nicht selten ein gefährlicher Ort. Das Sicherheitsgefühl vieler Menschen allerdings prägen eher brutale Straftaten im öffentlichen Raum – wie der Fall in Dorsten. Auch der rasante Anstieg bei der Gewaltkriminalität unter Kindern und Jugendlichen sowie der überproportional hohe Anteil von Menschen ohne deutschen Pass am Kriminalitätsgeschehen beunruhigen.
Seit diesem Jahr benutzt das Bundeskriminalamt (BKA), das jährlich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) veröffentlicht, eine zusätzliche Größe, die genauer Auskunft gibt, wer kriminell wird. Dazu wird die sogenannte Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) gebildet. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis der ermittelten Tatverdächtigen im Alter ab acht Jahren insgesamt, errechnet auf 100.000 Einwohner des entsprechenden Bevölkerungsanteils. Die Behörde setzt also die Zahl der Tatverdächtigen einer Nationalität mit allen Menschen in Relation, die in Deutschland leben und diesen Pass besitzen. So lässt sich zielsicherer darüber sprechen, wer die Kriminalitätszahlen in die Höhe treibt.
Der AfD-Innenexperte Martin Hess hat in einer parlamentarischen Anfrage abgefragt, wie sich die Tatverdächtigenbelastungszahl bei verschiedenen Delikten, Nationalitäten und Altersgruppen unterscheidet. Die Antwort der Bundesregierung, die WELT exklusiv vorliegt, zeigt teils große Unterschiede.
Bei allen Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße liegt der Wert bei deutschen Tatverdächtigen aller Altersklassen bei 1878, bei syrischen mit 8236 und afghanischen Tatverdächtigen mit 8753 findet sich ein etwa viermal so hoher TVBZ-Anteil an allen Straftaten. AfD-Mann Hess kommentiert: „Das ist das vorhersehbare Ergebnis einer seit Jahrzehnten völlig gescheiterten Migrationspolitik, die spätestens seit 2015 jegliche Kontrolle aufgegeben hat.“
Umfassende Einordnung der Zahlen ist nötig
Nun entscheiden Statistiken selten (allein) über das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Gerade die Polizeiliche Kriminalstatistik bedarf einer Einordnung. Sie ist die wichtigste Annäherung an die Kriminalität in Deutschland – perfekt ist sie bei Weitem nicht. Sie bildet den jeweiligen Stand der polizeilichen Arbeit ab und erfasst nur Verbrechen, die auch angezeigt werden. Studien über das Dunkelfeld müssen diesen „Arbeitsnachweis“ zwingend ergänzen. Ob der jeweilige Tatverdächtige, der erfasst wird, später auch von einem Gericht schuldig gesprochen wird, auch darüber geben die Daten keine Auskunft.

Auch die Zahlen selbst bedürfen eines genaueren kriminologischen Blicks. Etwa die Unterschiede innerhalb der Nationalitäten. Ein Faktor, der nichts verharmlosen soll, aber einen Teil der Erklärung liefert, ist die unterschiedliche Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht: Menschen, die nach Deutschland einwanderten, sind im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung im Schnitt jünger sowie häufiger männlich und stammen aus ökonomisch ärmeren Gebieten – alles Faktoren, die es kriminologisch wahrscheinlicher machen, eine Straftat zu begehen.

Unter den „kriminalitätsbelasteten“ Nationalitäten, die hier abgefragt wurden, sind viele Zuwanderer, die erst in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind, etwa Syrer, Afghanen oder Ukrainer. Viele dieser Zuwanderer leben in den ersten Jahren in engen Asylunterkünften, oft unter prekären Bedingungen auf engem Raum – ein Nährboden für Auseinandersetzungen und Gewalt. Auch Fluchterfahrungen und die Sozialisation mit Gewalt in den Heimatländern spielen eine Rolle. Und dürfen dennoch nicht den Blick auf Fehlentwicklungen und Probleme verstellen.

Besonders schockierend seien die „Tatverdächtigenbelastungszahlen minderjähriger Ausländer“, findet der AfD-Abgeordnete Hess. Ein Beispiel aus dem Bereich der „Straßenkriminalität“ – ein Deliktfeld, zu dem etwa Straftaten wie Diebstahl von Autos und Taschendiebstahl gehören, aber auch sexuelle Belästigung, Raubtaten und Körperverletzung auf Straßen und Plätzen – verdeutlicht die teils großen Unterschiede: Syrische Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sind hier etwa fünfmal so häufig tatverdächtig wie deutsche Jugendliche gleichen Alters, das gilt ebenso für Kinder unter 14 Jahren.

Eine andere Bevölkerungsgruppe erreicht einen traurigen Höchststand: Algerische Teenager liegen mit ihrem TVBZ-Wert 56-mal höher als ihre deutschen Altersgenossen, bei Marokkanern zwischen 14 und 18 liegt die Kriminalitätsbelastung rund 19-mal höher. Der hohe Anteil von Menschen aus Maghreb-Staaten bei Raubstraftaten macht den Sicherheitsbehörden seit Jahren Sorgen. In Städten wie Bremen etwa ermitteln Sonderkommissionen zu diesem Phänomen.

Auch bei allen Altersklassen gibt es bei den Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität große Unterschiede: Deutsche Tatverdächtige weisen hier eine TVBZ von 168 auf, der Wert von syrischen (1291) und afghanischen (1218) Tatverdächtigen liegt fast achtmal so hoch. Ukrainische Tatverdächtige weisen „nur“ einen etwa doppelt so hohen Wert (343) im Vergleich zu deutschen Tatverdächtigen.

Auch in anderen Bereichen zeigen sich beunruhigende Entwicklungen. Die TVBZ bei Ladendiebstahl liegt bei deutschen Kindern im Alter von acht bis 14 Jahren bei 409, bei Ukrainern des gleichen Alters bei 1777. Bei Rauschgiftkriminalität sind die Unterschiede weniger groß: Heranwachsende Syrer zwischen 18 und 21 Jahren weisen einen weniger als doppelt so hohen Belastungswert wie gleichaltrige Deutsche auf.

Korrespondent Philipp Woldin kümmert sich bei WELT vor allem um Themen der inneren Sicherheit und berichtet aus den Gerichtssälen der Republik.

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