FOCUS Briefing Die Brandmauer muss weg! „Sie nützt vor allem der AfD“ Thomas Tuma, Freitag, 07.11.2025;
Das Unions-Credo einer totalen Abgrenzung zur AfD hat sie nur noch
größer gemacht. Allmählich kristallisieren sich neue Konzepte heraus und
eine Art dritter Weg. Ansonsten drohen ein Teufelskreis und
Selbstverzwergung.
In
diesem Kommentar kommen drei kluge Köpfe vor, zwei große Fragen und
eine Antwort, die vielleicht alles löst. Es geht um „Brandmauern“ und
künftige deutsche Regierungen. Neugierig geworden? Dann sollten wir
anfangen. Sie haben ja auch nicht ewig Zeit. Die beiden Fragen lauten: Wie geht’s weiter mit der AfD?
Und wie geht’s weiter mit der schwarz-roten Koalition, die manche
Beobachter in ihrer Zerstrittenheit ja schon nach einem halben Jahr an
die Spätphase der Ampel erinnert? „Wir werden nicht gemeinsam mit denen
sterben“, soll CDU-Fraktionschef Jens Spahn unionsintern jüngst über den
Koalitionspartner SPD geschimpft haben.
Rituell-moralische Abgrenzung bringt nichts
Der
Ton ist rau geworden. Aber mit wem will Spahn sonst sterben – oder gar
leben lernen, wenn nicht mit der SPD? Hier kommt der Historiker Andreas
Rödder ins Spiel, der bis 2023 eineinhalb Jahre lang die
Grundwertekommission der CDU geleitet hat. Der Mann hat also die Seele
der Partei kartografiert und sagt nun: Seit die Christdemokraten ihre
Brandmauer kultivieren, ist die AfD dahinter immer größer geworden.
Rödders Fazit: Schluss mit der rituell-moralischen Abgrenzung zur AfD,
die der Wähler oft eh nicht versteht! Rote Linien seien okay. Doch um
herauszufinden, wie rechts die AfD überhaupt ist (von den echten
Extremisten abgesehen), müsse man mehr mit ihr reden. Und
sei es, um ihre Fiktionen zu zerstören, sie allein sei im Besitz der
einzigen Wahrheit. Selbst die schönsten Sprechblasen zerplatzen ja meist
an der scharfkantigen Wirklichkeit des politischen Tagesgeschäfts. Und
dass die AfD davon bislang ferngehalten wird, hilft ihr verrückterweise
am meisten.
Jens Spahn (CDU): "Aber wir werden nicht gemeinsam sterben mit denen."
The Pioneer - Schwarz-Rot Minderheitsregierung: Koalition diskutiert mögliches Ende
Die
ernüchternde Zwischenbilanz der Bundesregierung: Sinkende Umfragewerte
lassen die schwarz-roten Hoffnungen auf einen Stimmungswandel im Land
schwinden. In Union und SPD wachsen die Sorgen vor einem Scheitern der
Koalition – selbst das Wort Minderheitsregierung macht die Runde. Jan Schroeder, Karina Mößbauer, Johann Paetzold, 06.11.2025, 5 Min
Trübes Jubiläum: Gemessen an den Umfragewerten ist
die Bilanz der neuen Bundesregierung nach einem halben Jahr im Amt
miserabel. Die schwarz-roten Hoffnungen auf einen Stimmungswandel im
Land sind verflogen.
Hinter verschlossenen Türen, aber doch
deutlich vernehmbar, diskutieren sowohl Union als auch SPD die
Möglichkeit eines Scheiterns der Koalition, wie The Pioneer beobachtet.
In
der Union macht das Stichwort Minderheitsregierung die Runde, in der
SPD die Angst vor einer Wiederholung des Ampel-Schiffbruchs vor genau
einem Jahr.
Wie Syrer über Abschiebe-Debatte denkenNach drei Monaten Syrien ist Osama wieder in Deutschland: "Ich bräuchte 150.000 Euro" (Focus-Online) Von Niklas Golitschek, Donnerstag, 06.11.2025
Osama kehrte nach Syrien zurück, musste aber feststellen, dass nach dem Krieg alles zerstört ist. Für einen Neustart in der Heimat bräuchte er 150.000 Euro. Die CDU-Forderung nach Abschiebungen macht seinen Landsleuten in Deutschland nun große Angst.
Drei Monate hat er es in Syrien ausgehalten, dann kehrte Osama zurück nach Bremen. Am Dienstagabend steht der 31-Jährige im Lokal eines syrischen Feinkostgeschäfts im Bremer Steintorviertel und erzählt FOCUS online von den Eindrücken aus seinem Herkunftsland.
Dass er überhaupt noch einmal syrischen Boden betreten durfte, hat Osama selbst lange nicht für möglich gehalten. „Für mich war das richtig schön. Ich dachte, ich würde Syrien nie wieder sehen“, sagt er über die Rückkehr im vergangenen Sommer.
Zweimal sei er unter der Assad-Diktatur im Gefängnis gelandet. Einmal, weil er Freiheit gerufen habe. Die Misshandlungen in Haft haben sich in das Gedächtnis eingebrannt. Vor acht Jahren kam er dann nach Deutschland.
„Ich wollte unbedingt hin“: Osama hielt es nur 3 Monate in Syrien aus Mit dem Sturz des Regimes war für den heute 31-Jährigen klar, dass er wieder mit seiner Mutter leben möchte. Sie hat die ganze Zeit über in Damaskus verbracht. „Ich wollte unbedingt hin“, erzählt er. An der Grenze sei er mit Wasser und Datteln empfangen worden. „Das war richtig gut“, sagt Osama über die Ankunft. Mit den neuen Machthabern scheint er keinerlei Probleme zu haben: „Das ist jetzt tausendmal besser."
Deutschlands Pleite-Land leistet sich Luxus-Fahrradparkhaus für 3,5 Millionen Euro (Focus-Online) Oliver Stock, 05.11.2025
Das Saarland schrumpft wirtschaftlich am stärksten, doch die Landeshauptstadt feiert: Für 3,5 Millionen Euro entsteht Deutschlands teuerstes Fahrradparkhaus (24.000 Euro pro Platz). Kritiker wie der Steuerzahlerbund sehen eine Bankrotterklärung der Förderlogik. Deutschlands kleinstes Flächenland, das Saarland, ist bei zwei Rekorden gleichzeitig ganz vorn, die nicht wirklich zusammenpassen: Dort ist die Wirtschaft real stärker geschrumpft als in jedem anderen Bundesland.
Gleichzeitig baut die Landeshauptstadt Saarbrücken mit großzügiger Unterstützung vom Bund das teuerste Fahrradparkhaus Deutschlands – gemessen an den Ausgaben pro geparktem Fahrrad.
Saarländische Wirtschaft schrumpft – Fahrradparkhaus bricht alle Rekorde
Während
der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) über ein „sichtbares Zeichen
der Mobilitätswende“ jubelt, kommt Kritik beispielsweise vom
Steuerzahlerbund. Er hat ein knapp gleichteures Projekt in Schwerin
unter die Lupe genommen und beschreibt: Der Preis für das
Fahrradparkhaus stehe dem eines Autoparkhauses in nichts nach, „letztere
sind allerdings deutlich wirtschaftlicher zu betreiben“.
Saarlands Wirtschaftskrise: Höchster Schrumpf in Deutschland
Tatsächlich
geht es mit dem Saarland derzeit wirtschaftlich noch stärker bergab als
mit dem Rest der Republik. Preisbereinigt sackte das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,9 Prozent ab. Während sich im deutschen Durchschnitt die Wirtschaftsleistung wenigstens auf dem Vorjahresniveau bewegt,
schrumpft sie an der Saar. Es ist ein Land, das seit Jahrzehnten mit
Strukturwandel, Abwanderung und klammen Kassen kämpft. Die
Stahlindustrie wankt, neue Investoren bleiben rar, die Städte sehen aus,
als hätte jemand den Modernisierungsschalter auf „Pause“ gedrückt.
Luxus-Stellplatz: 24.000 Euro pro Fahrradparkplatz
Und
doch wird jetzt in Saarbrücken gefeiert. Nicht, weil sich ein neuer
Industriebetrieb angesiedelt hätte oder ein Start-up-Cluster entsteht,
sondern weil die Stadt eben ihr Fahrradparkhaus bekommt. Am Hauptbahnhof
entstehen für 3,5 Millionen Euro zwei sogenannte „Velotürme“. Der Bund
zahlt 3,1 Millionen davon.
Vielen Journalisten gilt er als Monstrum. Aber von Donald Trump kann man auch lernen
Danke Donald Trump (Focus-Briefing)
von Thomas Tuma, 06.11.2025
Liebe Leserin, Lieber Leser,
heute vor genau einem Jahr ist Donald Trump
zum zweiten Mal zum US-Präsidenten gewählt worden. Finden Sie auch,
dass er eine faschistoide Karikatur ist, die die Welt an den Rand des
Untergangs regiert? Dann bitte hier nicht weiterlesen, denn lieber lade ich Sie ein, den Rest dieser Kolumne mit mir darüber nachzudenken, was man von Trump lernen kann. Ich
werde immer leicht unruhig, wenn gefühlt 98 Prozent aller deutschen
Medien mir das gleiche Bild vermitteln. Es sind übrigens jene Medien,
die mir vor der US-Wahl monatelang missionarisch einzuhämmern versucht
hatten, dass Trumps Konkurrentin Kamala Harris eine geradezu gottgleiche Präsidentin wäre und wohl auch das Rennen macht. Von Harris hörte man nach ihrem Aus nicht mehr viel Gutes. Trump gewann klar, gewählt von 77,28 Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern.
Weil er den Ungehörten eine Stimme gab. Weil er wie kein anderer
spürte, dass das Gros seiner Landsleute die Arroganz der Macht in
Washington satt hatte. Auch die linksliberale Blasiertheit an vielen Elite-Unis. Er ist der Schutzpatron der Unverstandenen. Und das waren nicht nur die Verlierer der Globalisierung, sondern Mittelschichtsfamilien, Konservative, Menschen auf dem Land. Das hält auch für Journalisten eine Lehre bereit: Es
ist schon recht hilfreich, wenn man erstmal die Wähler, also ein Land zu
verstehen versucht, bevor man Politiker beschimpft, die einem
persönlich nicht gefallen. Daran hapert’s bei uns mehr denn je. Trump
schenkte seinen Anhängern darüber hinaus einen neuen Stolz sowie einen
Schlachtruf, der in seiner Einfachheit zum Besten gehört, was politische
PR je geleistet hat: Make America Great Again! MAGA! Klar, kurz und konsequent.
Derart aufgeladen mit Kraft begann er, sich mit allem anzulegen, was an
globalen Institutionen längst in schläfriger Agonie erstarrt war. Trump wurde eine Art Schocktherapie. Weckruf und Warnung gleichermaßen. Für die satten Vereinten Nationen. Für dieses komische Europa in seiner vielstimmigen Unregiertheit. Auch für die Nato,
deren militärisch überwiegend mickrige Mitgliedsstaaten dachten, dass
die USA sie schon weiter für wenig Geld beschützen würden. Seine
Präsidentschaft zwang nicht nur Amerika zu einer Auseinandersetzung mit
unliebsamen Themen wie Ungleichheit, Identität, Globalisierung, Migration und Medienvertrauen, Freund und Feind, Krieg und Frieden.
"Die Bürger zahlen den Ausbau der Sozialleistungen der vergangenen Jahrzehnte heute mit kaputten Straßen und maroden Schulen."
Business Class Edition Drogen, Messer, Obdachlose: Bittere Wahrheiten über unsere Städte
Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.
Hier also die sechs unbequemen Wahrheiten über unsere Städte und jene Bilder, die sie in uns produzieren:
#1 Kriminalität steigt
Ein Grund für das Unsicherheitsgefühl in
den Städten ist das steigende Gewaltpotenzial. Die Gewaltkriminalität
in Deutschland ist mit 217.277 Fällen (2024) auf einem neuen Höchststand
seit 2007. Dabei fanden 30 Prozent aller Gewalttaten im öffentlichen
Bereich statt, so die Statistik des Bundeskriminalamts.
Laut Kriminalstatistik finden demnach 43
Messerangriffe pro Tag in Deutschland statt. Insgesamt waren es 15.741
Fälle in 2024. Davon entfielen 93 Prozent auf Raubdelikte oder
gefährliche und schwere Körperverletzung.
Besonders auffällig: der Anstieg von Gewaltkriminalität
bei Kindern und Jugendlichen. Die Zahl der tatverdächtigen Kinder stieg
im Vergleich zu 2023 um 11,3 Prozent auf 13.755; die der Jugendlichen
um 3,8 Prozent auf 31.383.
Und: Gestiegen ist
auch die Gewaltkriminalität durch ausländische Tatverdächtige (85.012) –
um mehr als sieben Prozent im Vergleich zum Jahr 2023.
#2 Kommunale Investitionen: Die unheimliche Schrumpfung
Der Verfall der öffentlichen Infrastruktur
ist keine Einbildung, sondern eine Tatsache. Die Kommunen haben zwar
mehr Geld als je zuvor, aber sie investieren immer weniger in die
städtische Infrastruktur.
60 Prozent aller Einnahmen (inklusive
der Kredite) werden für Soziales und Bürokratie ausgegeben. In der
aktuellen Studie des Instituts der Wirtschaft (deren Zahlen nur bis 2022
reichen) heißt es:
Der
Anteil der Sozialausgaben – etwa für Kinderbetreuung und Sozialhilfe –
ist von 25 Prozent (1992) auf fast 38 Prozent (2022) gestiegen.
Gleichzeitig ist der Anteil für Infrastrukturmaßnahmen wie Straßenbau,
Abwasser- und Müllentsorgung von 34 Prozent auf nur noch 20 Prozent
gesunken.
Der IW-Finanzexperte Björn Kauder urteilt:
Die Bürger zahlen den Ausbau der Sozialleistungen der vergangenen Jahrzehnte heute mit kaputten Straßen und maroden Schulen.
Der andere Blick - Antifa ist nicht Antifaschismus. Das linke Märchen von der guten Antifa (NZZ) von Marc Felix Serrao,
Chefredaktor NZZ Deutschland, 05.11.2025
Zum
jüngsten Brandanschlag auf das Auto eines AfD-Politikers haben sich
anonyme Linksextremisten bekannt. Sie drohen mit noch mehr Militanz und
politischen Morden. Ob Deutschlands Parteien jetzt erkennen, was der «Kampf gegen rechts» angerichtet hat? Man stelle sich vor, das Auto eines bekannten Politikers der SPD oder der Grünen wäre abgefackelt worden, und Rechtsextremisten würden sich zur Tat bekennen. Sie würden dazu aufrufen, militante Banden zu bilden, «egal ob mit Hammer oder Brandsatz», und sie würden den Anhängern linker Politiker mit dem Tod drohen. Deutschland würde kein anderes Thema mehr kennen. Es gäbe Sondersendungen und mahnende Worte des Bundespräsidenten. Es hat tatsächlich einen Brandanschlag gegeben, in der Nacht auf Montag. Es gibt auch ein Bekennerschreiben, das zu einer neuen Form der Militanz aufruft und politische Morde ankündigt. Allerdings ist das Opfer kein Linker, sondern ein Rechter: der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Bernd Baumann. Die mutmasslichen Täter sind nach eigenen Worten «Antifas». Und eine nennenswerte öffentliche Empörung ist, von vereinzelten Wortmeldungen abgesehen, ausgeblieben. Der flächendeckende «Kampf gegen rechts» Es gibt verschiedene Antworten auf die Frage, wie diese Schieflage zustande gekommen ist. Der Terror der Roten Armee Fraktion liegt schon deutlich länger zurück als der des Nationalsozialistischen Untergrunds oder als der Mordanschlag auf Walter Lübcke. Das lässt vor allem jüngere Deutsche glauben, linker Extremismus sei weniger gefährlich als rechter. Und natürlich lernt jedes Schulkind von den Schrecken des Nationalsozialismus, während nur wenige das «Schwarzbuch des Kommunismus» kennen. Entscheidend ist aber etwas anderes: der flächendeckende «Kampf gegen rechts». Deutschlands Linke hat es nicht nur geschafft, ein ganzes politisches Spektrum zu delegitimieren, sondern dabei auch den Extremismus des eigenen Lagers erfolgreich weichgespült. Kaum ein CDU- oder CSU-Politiker traut sich noch zu sagen, was für Parteigrössen wie Franz Josef Strauss («Es darf rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben») oder Ernst Albrecht («Wenn man Ordnung, Leistung und Familie rechts nennt, dann bin ich rechts») selbstverständlich war. Im Gegenteil, viele von ihnen sind heute selbst «gegen rechts». Es ist eine Form der politischen Autoaggression, die Deutschlands bürgerliches Lager exklusiv hat. Ein Schlachtruf wie «Alerta antifascista» taucht unterdessen nicht nur im Bekennerschreiben der Brandstifter von Hamburg auf. Er wird auch immer wieder von deutschen Politikern verwendet. Ferat Koçak von der Linkspartei brüllte die Parole unlängst sogar mit geballter Faust im Deutschen Bundestag. Und die Grüne Jugend lud unter dem Motto «Campista, campista, Antifascista!» zum «Antifa-Camp».
ARD und ZDF schulen ihre Mitarbeiter mit politisch
korrekten Sprachvorgaben einer NGO. Kritiker halten das für
Einflussnahme (NZZ)
Mitarbeiter
der öffentlichrechtlichen Sender lassen sich von einer linken NGO in
«korrekter Sprache» schulen. Der NZZ liegt das interne Schreiben vor.
Len Sander, Berlin,
In
einer internen E-Mail der ZDF-Abteilung Personalentwicklung von Mitte
Oktober, die der NZZ vorliegt, werden Führungskräfte darum gebeten,
ihren Mitarbeitern zwölf Schulungen zu empfehlen, die von der
Nichtregierungsorganisation (NGO) Mediendienst Integration erarbeitet
wurden. Die Verfasserin der E-Mail bezeichnet die Kurse als
«Wissensschatz».
«Eingewanderte und ihre Nachkommen» statt «Menschen mit Migrationshintergrund»
Ein
Kurs befasst sich mit «Sprachen und Begriffen im Einwanderungsland».
Gemäss der Kursbeschreibung geht es darum, «Anregungen, Beispiele und
Tipps für den diskriminierungsfreien Umgang mit Sprache»
bereitzustellen. Schon in der Beschreibung des Kurses «Schwarze Menschen
in Deutschland» wird das Adjektiv «schwarz» durchgängig gross
geschrieben, wie es in sich selbst als progressiv verstehenden Kreisen
üblich ist, um zu kennzeichnen, dass Menschen afrikanischer Herkunft von
strukturellem Rassismus betroffen sind. Die Organisation betrachtet
dies offenbar als diskriminierungsfrei.
Die «Bild»-Zeitung konnte die Kursunterlagen einsehen
und berichtet, darin werde dazu aufgerufen, den Begriff «Flüchtling» zu
vermeiden. Er wirke «verkleinernd». Vielmehr sollten die
öffentlichrechtlichen Journalisten von «Geflüchteten» sprechen.
Der
Begriff «Migrationshintergrund» solle nur im Kontext von Statistiken
verwendet werden. In anderen Kontexten sei die Rede von «Eingewanderten
und ihren Nachkommen» angemessener. Auch Begriffe wie «Flüchtlingswelle»
seien zu vermeiden, da sie Asylmigranten selbst die Verantwortung für
Fluchtbewegungen zuwiesen.
In
Schulungsunterlagen zu «Herkunft in der polizeilichen
Kriminalstatistik» werde suggeriert, dass die Kriminalitätshäufigkeit
bei in Deutschland lebenden Ausländern «überschätzt» werde, da auch
Straftaten von Touristen einbezogen würden. Von der Nennung der Herkunft
von Straftätern wird in den Schulungsmaterialien abgeraten – ausser
wenn diese explizit relevant sei. Ausserdem soll die Herkunft von Tätern
nicht in Überschriften genannt werden.
Warum ein indischer Astrophysiker Deutschland den Niedergang attestiert (WELT+) Von Frédéric Schwilden, Autor, 02.11.2025Lesedauer: 7 Minuten
Der Inder Mayukh Panja ist Doktor der Astrophysik und lebt seit neun
Jahren in Deutschland. Bei seiner Ankunft habe er die Bundesrepublik an
der Weltspitze verortet, sagt er. Heute sieht er sie im Niedergang. Das
habe viel mit einer moralisierenden Minderheit zu tun.
Als
Mayukh Panja vor neun Jahren aus Indien nach Deutschland kam, um in
Astrophysik zu promovieren, war er beeindruckt. Am 1. September 2016 sei
er am Flughafen Frankfurt in einen Zug gestiegen, erzählt er WELT. „Der
ICE war der modernste Zug, den ich je gesehen hatte.“
Panja fuhr
nach Göttingen, wo er am Max-Planck-Institut in den nächsten Jahren an
seiner Doktorarbeit schrieb – 90 Jahre nach Robert Oppenheimer, einem
der größten Physiker, die je gelebt haben. Damals trafen in Göttingen
die schlausten Menschen ihrer Zeit aufeinander. Menschen wie Werner
Heisenberg, Niels Bohr und Edward Teller revolutionierten dort die
Physik und letztlich die Welt. Bis heute hat das Max-Planck-Institut in
Göttingen einen magischen Ruf. Panja
wurde nach seiner Schilderung von diesem Ruf angezogen. Er habe sich
die in seinem Gebiet führenden Universitäten angesehen – drei in den USA
und eben das Max-Planck-Institut, erzählt er. Aus mehr als 600
Bewerbern auf die Stelle in Göttingen sei er ausgewählt worden. Als
er dort ankam, ging der Sommer gerade zu Ende. „Ich erinnere mich, dass
es ein bisschen kalt und grau war. Aber das Gästehaus für mich war
schon bereit.“ Er habe sich sofort wohlgefühlt: „Göttingen war eine
Stadt mit Häusern aus dem Mittelalter, in der lauter Akademiker forschen
und arbeiten. Es war sehr deutsch, aber durch die Universität
gleichzeitig sehr international. Alles war sauber und ordentlich. In
Göttingen gab es keine Probleme.“ Neun
Jahre später lebt Doktor Mayukh Panja in Berlin und ist 34 Jahre alt.
Nach einer Station bei der Deutschen Bank arbeitet er nun an seinem
eigenen Produkt. „Populations“ soll mithilfe Künstlicher Intelligenz
menschliches Verhalten vorhersagen. Er hat ein Investoren-Stipendium. Er
könnte mit sich zufrieden sein. Aber sein Blick auf Deutschland hat
sich verändert. Als er kürzlich ein Video davon sah, wie die Kühltürme des bayerischen Kernkraftwerks Gundremmingen gesprengt werden,
passierte offenbar etwas bei ihm. Diffuse Gefühle und Eindrücke der
vergangenen Jahre kulminierten in einem wütenden Tweet, den er auf X
absetzte. Panjas Account ist nicht groß, er hat etwas mehr als 2000
Follower. Aber sein auf Englisch verfasster Tweet wurde 3,6 Millionen
Mal angezeigt, mehr als 6200 Mal geteilt und öfter als 44.800 Mal
gelikt. Darin
heißt es: „Und in den vergangenen 9 Jahren hatte ich die unglaubliche
Möglichkeit, mitzuerleben, wie sich ein Erste-Welt-Land auf der Schwelle
zur Supermacht durch eine Reihe politischer Fehlentscheidungen, von
denen jede auf weitere Selbstkastration zielte, selbst verzwergt hat.“
Er fühle sich schlecht für „hart arbeitende ehrgeizige Deutsche,
insbesondere jene, die hart gearbeitet haben, um das Land aufzubauen,
und jetzt zusehen müssen, wie alles von einem Haufen moralisierender,
privilegierter Idioten ruiniert wird“.
Warum uns Empörungskultur und Sprachregeln das Leben schwer machen
(Playboy)
Wir haben als Gesellschaft den Verstand verloren. Das macht unser Leben nicht leichter – und den Job des Satirikers erst recht nicht, sagt unser Autor, der Kabarettist Vince Ebert, 5Min
Vor einiger Zeit musste die Deutsche Bahn einem männlichen
Zuggast 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen, weil sie ihn mit „Herr“
angesprochen hat, er sich aber als Frau identifiziert. In
Berlin-Kreuzberg dürfen neue Straßen nur noch nach weiblichen Personen
benannt werden. Sackgassen inbegriffen. Auf der Insel Langeoog
blockieren Touristen immer wieder Rettungsfahrzeuge, weil es sich ja um
eine autofreie Insel handelt, und in Hamburg hat ein Mitglied der
Letzten Generation ein Kind bekommen. Immerhin.
In einer
Kolonialismus-Ausstellung der Zeche Zollern sind an Samstagen zwischen
10 und 14 Uhr weiße Besucher laut Museumsleitung „unerwünscht“, und an
deutschen Universitäten werden seit dem Terroranschlag der Hamas am 7.
Oktober 2023 jüdische Studenten von linken und muslimischen Antisemiten
systematisch eingeschüchtert und bedroht.
Schon diese wenigen Beispiele zeigen: Wir
leben in verstörenden Zeiten. Tagtäglich prasseln Meldungen auf uns ein,
die immer absurder, bizarrer und bedrückender werden. Was passiert da
gerade? Haben wir als Gesellschaft unseren Kompass verloren?
Anfangs konnten wir manches als
skurrile Einzelfälle abtun, die keine besondere Relevanz für unseren
Alltag haben. Inzwischen jedoch realisieren immer mehr Menschen, dass in
unserer Gesellschaft etwas nicht stimmt. Unsere Innenstädte
verwahrlosen mehr und mehr – die Hauptbahnhöfe werden sogar offiziell
zur Waffenverbotszone erklärt. In Frankfurt übrigens nur von 20 bis 5
Uhr. Tagsüber ist dort das Mitführen von Macheten, Revolvern und
Schlagringen anscheinend kein Problem.
Die schwarz-rote Koalition streitet darüber, ob Menschen aus dem früheren Bürgerkriegsland in ihrer Heimat würdig leben können. Unterdessen soll schon wieder ein «Schutzsuchender» einen Terroranschlag geplant haben. Wenn heute ein Terroranschlag vereitelt wird, dann nimmt die Öffentlichkeit das weitgehend gleichgültig zur Kenntnis. Das ist einerseits verständlich. Wozu sich mit Fanatikern befassen, die noch gestoppt werden? Es gibt schliesslich genügend Anschläge, die nicht verhindert werden können. Andererseits möchte man hoffen, dass der Fall des Syrers, der am Wochenende in Berlin verhaftet wurde, nicht allzu schnell in Vergessenheit gerät. Der 22-Jährige, der nach Recherchen der «Bild»-Zeitung seit 2023 in Deutschland lebt und sogenannten subsidiären Schutz geniesst, soll Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat sein und soll laut der Staatsanwaltschaft eine schwere staatsgefährdende Straftat geplant haben. Es wäre nicht der erste Terrorangriff eines syrischen «Schutzsuchenden» auf deutschem Boden gewesen, vom Sprengstoffanschlag im bayerischen Ansbach 2016 bis zur Messerattacke im nordrhein-westfälischen Solingen 2024. Relevant ist der vereitelte Anschlag aus drei Gründen. Er ist, erstens, eine Mahnung, die Bedrohung durch den Islamismus nach wie vor so ernst wie möglich zu nehmen. Seine Anhänger sind die grösste Bedrohung der westlichen Welt. Sie haben sich bereits tief in die Gesellschaften eingegraben. Ohne USA und Israel gäbe es mehr Anschläge Zweitens sollte der Fall die Deutschen daran erinnern, dass ihr Land ohne Amerikaner und Israeli noch um ein Vielfaches gefährdeter wäre. Auch im Berliner Fall soll der entscheidende Tipp von einem «ausländischen Nachrichtendienst» gekommen sein, wie die ARD berichtet. In der Regel sind damit die Dienste der USA und Israels gemeint.
"Seit 2014 hat sich nicht nur die Fördersumme
verfünffacht, sondern auch die Wählerzahl der AfD. Das war sicher nicht
im Sinne der Demokratie-Bewegten."
Zwei Familienministerinnen, ein Projekt
Der Witz mit der Demokratieförderung Focus-Briefing Thomas Tuma, 03.11.2025
Liebe Leserin, Lieber Leser, es hört nicht auf. Auch am Wochenende riefen zwischen Leer und Regensburg wieder zahlreiche „Bündnisse für Demokratie und Vielfalt“ unter dem Motto „Wir sind das Stadtbild“ zu Demos auf gegen Friedrich Merz. Wo immer man den Kanzler missverstehen kann, ist dieses Patchwork-Kommando von Jusos über Fridays for Future bis zu Antifa-Rändern mittlerweile sofort zur Stelle, was schon aus zweierlei Gründen irritierend ist. Zum einen sind die Teilnehmer in ihrer ideologischen Homogenität eher nicht repräsentativ für die Mehrheit im Land, aber sehr lautstark. Zum anderen ist die CDU-Familienministerin Karin Prien trotzdem bereit, das dazugehörige staatliche Förderprogramm „Demokratie leben!“ finanziell auf neue Rekordhöhen zu schrauben. Ab 2026 unterstützt ihr Ressort mit deutlich über 200 Millionen Euro jährlich alles, was bisher vor allem irgendwie „gegen rechts“ kämpft. Das muss man auch erst mal schaffen: Dem eigenen politischen Gegner noch die Trillerpfeifen zu finanzieren, mit denen der dann beim kleinsten Anlass gegen den Kanzler mobil macht.
Berlin – Experten-Klatsche für die Berliner Ermittler im Fall Bolz
Nach Hausdurchsuchung bei Welt-Kolumnist: Fall Bolz: Bundestags-Juristen belehren Ermittler (WELT+) Erst die Empörung über die Hausdurchsuchung bei Welt-Kolumnist und Medienwissenschaftler Norbert Bolz (72) im Auftrag der Staatsanwaltschaft wegen eines Satire-Postings mit dem Satz „Deutschland erwache“ (Verdacht: Volksverhetzung!). Und nun müssen sich die Berliner Ermittlungsbehörden auch noch von Juristen des Bundestages belehren lassen! Der „Wissenschaftliche Dienst“ des Bundestages hat sich – ohne den Fall konkret zu nennen – unmittelbar nach der umstrittenen Aktion den für den Fall Bolz relevanten Volksverhetzungs-Paragrafen 86a des Strafgesetzbuches (StGB) angesehen. Und die Haus-Juristen des Bundestages (beraten die Abgeordneten bei Gesetzen etc.) kommen zu dem Schluss: Wenn klar erkennbar sei, dass sich die Äußerung gegen Parolen des Nazi-Regimes richten („Heil Hitler“, „Hitlergruß“, Abbildungen von Hakenkreuzen oder SS-Runen), erübrige sich eine Strafverfolgung.
Fast das gesamte 2-Seiten-Papier der Bundestags-Juristen beschäftigt sich mit den Punkten, die gegen eine Strafverfolgung sprechen. Bolz-Anwalt Joachim Steinhöfel zu BILD:„Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat festgehalten, dass wegen der überragenden Bedeutung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung das Strafgesetz einschränkend auszulegen ist. Es wäre wünschenswert, wenn sich auch die Berliner Ermittlungsbehörden diese kluge Analyse zu Herzen nehmen.“ Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages erklärt in seinem Papier, es sei nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verboten, nationalsozialistische Symbole oder Parolen zu verwenden. Schon das Verwenden an sich könne strafbar sein, auch wenn es nicht in zustimmender oder werbender Art erfolge. Der Paragraf habe eine „Tabuisierungsfunktion“. Kennzeichen verbotener Organisationen sollen also im Alltag keine normale Rolle spielen. Es gebe aber eine Einschränkung, heißt es in dem Papier weiter. Im Hinblick auf die Meinungsfreiheit sei eine „verfassungskonforme restriktive Auslegung“ geboten. Werden entsprechende Symbole also in einer Weise verwendet, die nicht im Widerspruch zum sogenannten Schutzzweck des Paragrafen stehen, ist dies nicht automatisch strafbar. Gerichte und Staatsanwaltschaften müssten dafür im Einzelfall alle Umstände in Betracht nehmen. Nicht strafbar sei der Gebrauch etwa, wenn damit „in offenkundiger und eindeutiger Weise“ die Bekämpfung der Ideologie zum Ausdruck gebracht werde. Deshalb sei es erlaubt, ein durchgestrichenes Hakenkreuz auf einem T-Shirt zu tragen. Auch ein Symbol, auf dem ein Hakenkreuz in den Müll geworfen werde, sei nicht strafbar. Die Anforderungen an die Offenkundigkeit und Eindeutigkeit der gegnerischen Zielsetzung seien hoch, die Ablehnung müsse „auf Anhieb“ ersichtlich sein, heißt es in dem Dokument. Auf den Ausspruch „Deutschland erwache“ und den aktuellen Fall geht der Wissenschaftliche Dienst jedoch nicht ein. Das schreiben die Bundestags-Juristen
FOCUS-Kolumne "Was wählst Du?" — "AfD." — "AfD? Aber du hast doch Migrationshintergrund"
Jan Fleischhauer, Samstag,01.11.2025,
Wir wissen, wie man im rot-grünen Lager über das Stadtbild denkt (alles in Ordnung). Aber wie denken Menschen, von denen es auf den Demonstrationen heißt, sie müssten vor Friedrich Merz geschützt werden?
Nach der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen führte eine Redakteurin von "Stern TV" eine Straßenumfrage unter Migranten zu ihrer politischen Haltung durch. Einer der Interviewten war ein junger Mann, der aus dem offenen Wagenfenster seines Mercedes bereitwillig Auskunft gab, Erscheinung und Akzent ließen auf einen türkischen Migrationshintergrund schließen. Es entspann sich folgender Dialog:
"Wen hast du gewählt?"
"AfD." "AfD?" "Kanaken raus." "Aber mal ehrlich, hast du die AfD gewählt?" "Natürlich." "Warum?" "Warum nicht?" "Und was gefällt dir an dem Wahlprogramm der AfD?" "Kanaken raus." "Na, das meinst du ja nicht ehrlich. Du hast doch selbst Migrationshintergrund." "Ich bin hier geboren und aufgewachsen." "Und deine Eltern. Willst du, dass die rausmüssen?" "Nee, die sind auch deutsche Staatsbürger. Ich meinte jetzt nur die Leute, die komplett Scheiße bauen." "Und findest du, es ist ein Widerspruch, dass du Migrationshintergrund hast und die AfD gewählt hast?" "Nein. Hat jeder seine eigene Meinung." "Schluss! Die Grenzen, die müssen zubleiben. Deutschland ist voll." Einem ähnlichen Austausch konnten einige Monate zuvor bereits Zuschauer des WDR-Magazins "Westpol" beiwohnen, die Szene fand ebenfalls über soziale Medien schnell Verbreitung. In dem Fall trat ein Redakteur des WDR auf zwei Männer an einer Dönerbude zu, um sie in ein Gespräch über die Spaltung der Gesellschaft zu verwickeln.
Der Unmut über Kanzler Merz‘ „Stadtbild“-Feststellung ist riesig – doch
in der SPD-Basis ist die Zustimmung viel größer als die Ablehnung. In
der Debatte über Sicherheit von Frauen wird seitens der Grünen die
Warnung laut, das Problem nur im Migrationskontext zu verorten.
Die Einschätzung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), im Kontext der Migration gebe es ein „Problem“ im „Stadtbild“,
erfährt bei Anhängern der SPD mehr Zustimmung als Ablehnung. Das zeigt
eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im
Auftrag von WELT AM SONNTAG. 50 Prozent der befragten SPD-Unterstützer
stimmten der Aussage zu: „Die Stadtbild-Aussage ist kein Tabubruch und
spricht lediglich aus, was viele denken.“
Das Gegenteil („Ist ein
Tabubruch und verschiebt die Grenzen des Sagbaren nach rechts“)
erklärten hingegen nur 29 Prozent der sozialdemokratischen Wähler für
richtig. Für die neutrale Position „Weder noch“ entschieden sich 13
Prozent.
Dieses
Stimmungsbild ist bemerkenswert, da die Merz-Äußerung beim
Koalitionspartner der Union scharfe Kritik ausgelöst hatte. Vizekanzler
und SPD-Chef Lars Klingbeil warnte davor, „mit Sprache zu spalten“. Der
innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Fiedler,
sagte vor einer Woche WELT AM SONNTAG: „Danke für nichts, Herr
Bundeskanzler!“
In der Gesamtbevölkerung (2343 Befragte) teilt
eine absolute Mehrheit die Wahrnehmung von Merz. 58 Prozent befürworten
sie, 21 Prozent lehnen sie ab. Den stärksten Anklang registrierten die
Demoskopen im Vergleich der Bundestagsparteien bei Anhängern von CDU und
CSU (82 Prozent), dicht gefolgt von jenen der AfD (79 Prozent).
Anhänger der Grünen (65 Prozent) und der Linkspartei (61 Prozent) lehnen
die Aussage des Kanzlers mehrheitlich ab.
The Pioneer Handelspolitik Deutschland vs. China: Marktwirtschaft a.D.
Der
wirtschaftliche Abstieg beginnt im Kopf: Wenn Protektion wichtiger wird
als Fortschritt, steht das Erfolgsmodell „Made in Germany“ auf dem
Spiel.
Gabor Steingart, 31.10.2025, 6 Min
Die deutschen Wirtschaftsverbände haben von der Offensive („Vorsprung durch Technik“) in die Defensive (Protektion!) gewechselt. Man will keine Tore mehr schießen, sondern die Treffer der anderen verhindern.
„Catenaccio“
– zu Deutsch: Türriegel – heißt die in Italien entwickelte Strategie,
bei der die Spieler sich in der eigenen Feldhälfte versammeln, um dort
die Angriffe des Gegners zu blockieren. Es gibt keine Stürmer mehr, nur noch Verteidiger. Es wird nicht geschossen. Es wird gemauert. Man will nicht mehr siegen, sondern nicht verlieren.
Ausgerechnet Deutschland, das Land desWirtschaftswunders,
ruft nach staatlicher Protektion. Eine Nation, die es mit einer
geografisch minimalen Landfläche (Platz 63) und einer relativ kleinen
Bevölkerung (Platz 19) im Welthandel zur drittgrößten Volkswirtschaft
geschafft hat, fühlt sich dem Wettbewerb nicht mehr gewachsen.
Seitdem
deutsche Chemieprodukte, deutsche Autos, die deutschen
Werkzeugmaschinen und die deutschen Medien unter Druck stehen, ziehen
sich Verbandsfürsten und Gewerkschaftsbosse in den eigenen Strafraum
zurück.
# Beispiel 1: Digitalsteuer
Der Wind des
technologischen Fortschritts, der aus dem Silicon Valley über den
Atlantik herüberweht, wird in den Traditionshäusern der Medienwelt als
Hurrikan erlebt. Bunte, Brigitte und FAZ sind erkennbar nicht die Vorhut einer neuen Zeit, sondern die Nachhut des 20. Jahrhunderts. Und weil man kein Google erfunden hat, ruft man nach der Google-Steuer.
Seit nunmehr sieben Jahren diskutiert Brüssel darüber, wie man Alphabet, Meta und Konsorten mithilfe einer „Digitalsteuer“,
durch die die großen amerikanischen Tech-Konzerne drei Prozent ihrer
Umsätze an die EU zahlen sollen, abkassieren kann. Europa setzt nicht
auf die Kreativität seiner IT-Spezialisten und Journalisten, sondern auf
den Einfallsreichtum seiner Juristen. In dubio pro Regulierung.
# Beispiel 2: Zollpolitik
Das Verbrennerauto haben die Deutschen erfunden und sie würden, wenn Elon Musk
und die Chinesen nicht dazwischengefunkt hätten, noch heute an der
Verfeinerung der Verfeinerung arbeiten. Elf Jahre nach dem ersten Tesla (2008) erblickte das erste E-Mobil von Mercedes, der EQC, 2019 das Licht der Welt.
Jetzt betteln die Verbände um „Technologieoffenheit“
und damit um Gnade. Und weil das nicht reichen wird, möchte man die
chinesischen E-Autos mit Zöllen belegen. In Europa soll sich nicht
wiederholen, was in China passiert ist. Volkswagen, einst die
Nr. 1 im dortigen Verbrennermarkt, rangiert mit weniger als fünf Prozent
der verkauften E-Autos unter ferner liefen.
# Beispiel 3: EU beschließt „Abwehrmaßnahme gegen wirtschaftliche Erpressung“
Deutschland leistet sich die dümmsten Debatten (Cicero)
Es ist fast schon ein Volkssport: Kaum sagt jemand
etwas Unbequemes, dauert es keine Stunden, bis die nächste nationale
Erregungsschleife läuft. Dann debattiert Deutschland so lange über
Nebensächlichkeiten, bis keiner mehr weiß, worum es eigentlich ging.
Wir hatten sie alle: den ukrainischen Botschafter Melnyk, Sänger und
Fast-Hotelgast Gil Ofarim, Klima- und Palästina-Aktivistin Greta, die
Mittzwanzigerin Jette Nietzard, die ein Jahr lang die Grüne Jugend
anführte, die „Pascha“-Affäre – und jetzt das „Stadtbild“. Jede Woche
ein neuer Aufreger, jede Woche ein neues Schlachtfeld zwischen
Empörungslust und Abwehrreflex. Der Ablauf folgt stets derselben
Dramaturgie: Einer provoziert, die Gegenseite hyperventiliert – und die
Substanz bleibt auf der Strecke.
Nehmen wir die jüngste Debatte um
Friedrich Merz’ „Stadtbild“-Äußerung. Sie war pauschalisierend,
überspitzt, ohne Kontext. Aber anstatt nüchtern zu widersprechen, oder
besser: zu präzisieren, kam der gewohnte Reflex: „Rassismus! Nazi!“
Zack, Diskussion beendet. Und das, obwohl hinter Merz’ plumpem Satz ein
reales Problem steckt. Die meisten sehen irreguläre Migration kritisch.
Und ja, es gibt Orte, an denen sich Menschen unwohl fühlen. Der Kanzler
hätte sich und uns allen einen Gefallen getan, wenn er nicht suggeriert
hätte, das eine führe zwangsläufig zum anderen. Aber offensichtliche
Missstände anzusprechen ist nicht per se Hetze. Nur reden wir darüber zu
wenig – und schon gar nicht über Lösungen. Ein Problem zu benennen ist
inzwischen gefährlicher, als es zu ignorieren. Stattdessen drehen wir
uns in moralischen Echokammern.
Diese Debatten sind oft unredlich
bis infam. Denn empört wird sich selten über das, was jemand wirklich
gemeint hat, sondern über das, was man hören will, um sich empören zu
können. Es geht nicht um Argumente, sondern um das Ritual. Man legt dem
anderen das Schlimmstmögliche in den Mund und klopft sich anschließend
selbstzufrieden auf die Schulter. Mit einem ehrlichen Meinungsaustausch
hat das wenig zu tun.
Die Wirtschaft befindet sich im Niedergang. Jeden Tag finden zwei Gruppenvergewaltigungen statt. Aber die Eliten spielen Kulturkampf. (NZZ) vonEric Gujer 31.10.2025, 5 Min Angeblich gibt es keine Probleme mehr, sondern nur noch Herausforderungen. Alles lässt sich lösen, lautet die Botschaft dieser sich wie die Beulenpest ausbreitenden Floskel. Doch bei Deutschland hilft kein Euphemismus mehr. Das Land steht vor Problemen, gewaltigen sogar. Die wichtigste Branche, die Automobilindustrie, schrumpft markant. 50 000 Stellen gingen allein in einem Jahr verloren. Die hohen Energiekosten treiben die Chemie, ebenfalls eine Traditionsbranche, ausser Landes. Seit 2019 wächst die Wirtschaft nicht mehr. Der Staat ist ein Sanierungsfall. Bundeswehr und Bahn – und damit die staatlichen Kernaufgaben Verteidigung und Infrastruktur – sind bis ins übernächste Jahrzehnt Grossbaustellen. Hierfür ist inzwischen reichlich Geld vorhanden, zugleich herrscht rasender Stillstand. Diverse Beschaffungsvorhaben der Streitkräfte kommen genauso schleppend voran wie die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Genügend Stoff für kontroverse Debatten, sollte man meinen. Doch Deutschland stürzt sich mit Inbrunst in einen absurden Kulturkampf. Die «Talking Classes», also Politiker, Journalisten und Heerscharen überflüssiger «Experten», sezieren seit zwei Wochen eine harmlose Äusserung von Friedrich Merz. Ein Kanzlerwort erregt Empörung, eine Vergewaltigung nicht
Merz verspricht viel und hält wenig. Sind die Probleme der Gegenwart zu gross für diesen Kanzler? (NZZ)
Früher
hat Friedrich Merz gegen «Wahlbetrug» gewettert. Heute begeht er ihn
selbst. Dabei sieht der Kanzler genau, was schiefläuft. Er handelt nur
nicht.
Als
sich die Herrschaft von Angela Merkel ihrem Ende zuneigte, fand das
liberalkonservative Publikum in Friedrich Merz seinen Helden. Ein Mann
mit reformatorischem Elan und einer mitreissenden Rhetorik. Das ist
lange her.
Inzwischen
ist die Begeisterung enden wollend. Dass die Zuneigung der Deutschen zu
ihren Kanzlern schnell erkaltet, ist zwar kein neues Phänomen. Die
Geschwindigkeit, mit der dies bei Merz geschieht, verblüfft indes.
Das
übertrifft selbst den Reputationszerfall von Olaf Scholz, bei dem die
Deutschen erstaunt zur Kenntnis nahmen, dass er mit der Herzlichkeit
eines Kühlschranks kommuniziert. Dies tat Scholz allerdings sein ganzes
Politikerleben, womit bewiesen wäre, dass die Wähler meistens nicht sehr
genau hinschauen, wen sie zu wählen gedenken.
Deutschland finanziert die Armen der Welt
Der
unmittelbare Anlass zum nachlassenden Enthusiasmus für den amtierenden
Kanzler ist die offensichtliche Differenz zwischen Elan und Rhetorik
einerseits und nackten Tatsachen anderseits. Oder weniger gestelzt
formuliert: Merz verspricht viel und hält wenig.
Ein
Beispiel hierfür ist das Bürgergeld. Vor den Wahlen kündigte Merz an,
man werde einen «zweistelligen Milliardenbetrag» einsparen. Inzwischen
verkauft es die Koalition als Ausweis ihres Reformeifers, dass der
Begriff «Bürgergeld» ersetzt wird durch «Grundsicherung».
Solche
Kosmetik ist allerdings nicht der einzige Grund für die Ernüchterung.
Arbeitsministerin Bärbel Bas legt zum Bürgergeld einen Gesetzentwurf
vor, der bereits seinen Weg in die «Süddeutsche Zeitung» gefunden hat.
Demnach können 2026 nur 86 Millionen Euro eingespart werden, in den
Folgejahren noch weniger.
Von
einem zweistelligen Milliardenbetrag zu einem zweistelligen
Millionenbetrag: Die Volte demonstriert eine Schwäche des Kanzlers – er
nimmt den Mund voller, als es seiner Glaubwürdigkeit zuträglich ist.
Und
es ist nicht nur das. Die grossspurige Ankündigung verrät eine gewisse
Nonchalance im Umgang mit Fakten. Wie schwer es sein würde, namhafte
Summen bei der Sozialhilfe zu kürzen, war allen Kennern der Materie seit
je klar. Denn das Armutsrisiko hängt in Deutschland weitgehend davon ab, ob man Migrant oder ethnischer Deutscher ist. Die
Armut unter Eingesessenen bleibt seit vielen Jahren konstant, bei etwas
mehr als einem Zehntel der Bevölkerung. Deutschland ist entgegen allen
Behauptungen eben kein Land der sozialen Kälte. Hingegen sind laut einer
Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zwei von drei
Flüchtlingen armutsgefährdet.