09 April 2024

Ministerinnen und Verfassungschutzpräsident extremistische Verfassungsfeinde?

Erneute Verdeutlichung des BVerfG zur Meinungsfreiheit  am 11.04.2024:
"Dem Staat kommt kein grundrechtlich fundierter Ehrenschutz zu... Der Staat hat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten...
Die Zulässigkeit von Kritik am System ist Teil des Grundrechtestaats" (Rd.Nr.28)
Ministerinnen und Verfassungsschutzpräsident extremistische Verfassungsfeinde?
Der Bundesverfassungsschutz stuft Aktivitäten als extremistisch ein, die darauf abzielen, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen.
Wenn zwei Ministerinnen und ein Verfassungsschutzpräsident die Meinungsfreiheit einschränken wollen, handeln diese dann als Extremisten verfassungswidrig?
Dazu ein Blick ins Grundgesetz
1. Grundrechte sind Abwehrrechte der Bürger gegen Übergriffe stattlicher Organe und keine Abwehrrechte des Staates gegenüber dessen Kritikern
2. Die „Ewigkeitsgarantie“ aus Art. 79 Abs.3 verbietet es dem Staat, die Grundrechte aus Art. 1 bis 20 in ihrem Wesensgehalt zu ändern
3. Gem Art. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.
4. Gem. Art 5 GG hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
5. Der Meinungsäußernde ist insbesondere nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt. (BVerfG vom 28.11.2011,- 1 BvR 917/09 -) Rand Nr. 18
6. Anders als dem einzelnen Staatsbürger kommt dem Staat kein grundrechtlich geschützter Ehrenschutz zu. Der Staat hat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten (A.a.O. Rand Nr. 24)
In seinem Beschluss vom 28. November 2011 -1BvR917/09 zur Meinungsfreiheit führte das Bundesverfassungsgericht weiter aus:
  •  „Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sind … Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen. Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden.( Rand Nr. 18)
  • Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt. (…)(Rand Nr. 18)
  • Allein die Wertlosigkeit oder auch Gefährlichkeit von Meinungen als solche sind kein Grund, diese zu beschränken.
  • Anders als dem einzelnen Staatsbürger kommt dem Staat kein grundrechtlich geschützter Ehrenschutz zu. Der Staat hat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten (vgl. BVerfGE 93, 266 <292 f.>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. September 2008 - 1 BvR 1565/05 -, NJW 2009, S. 908 <909>). Rand Nr. 24
  • Bei Staatsschutznormen ist dabei besonders sorgfältig zwischen einer – wie verfehlt auch immer erscheinenden – Polemik auf der einen Seite und einer Beschimpfung oder böswilligen Verächtlichmachung auf der anderen Seite zu unterscheiden, weil Art. 5 Abs. 1 GG gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet.“

Wenn vom Bundesverfassungsschutz Aktivitäten als extremistisch eingestuft werden, die darauf abzielen, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen, muss man sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob Minister verfassungswidrig handeln, zurecht stellen, wenn man sieht, das Familienministerin Lisa Paus und Innenministerin Nancy Fraser mit ihrem Lieblingsobjekt, dem Demokratiefördergesetz, eine Art Axt an Meinungs- Gedanken- und Versammlungsfreiheit in Deutschland legen und damit die Würde unbescholten Betroffener antasten.

Die Grenzen des Rechts überwinden

Auf einer Bundespressekonferenz hat Innenministerin Nancy Faeser ein Paket an Maßnahmen im Kampf „gegen Rechts“ vorgelegt. Ihr Geheimdienst-Chef Thomas Haldenwang kündigt dabei an, sogar Sprach- und Denkmuster kontrollieren zu wollen.
„Wir müssen als wehrhafte Demokratie uns den Extremisten entgegenstellen.“ Also Extremismus von Links, Rechts und dem Islamismus? Weit gefehlt. Ihr geht es gegen "Rechts". Linke und islamische Gewalt ignoriert Faeser bewusst.

Die Innenministerin marschiert „gegen Rechts“ und sie ist bereit, sich zu radikalisieren. Faeser beklagt, bisher „auf gesetzliche Grenzen“ zu stoßen, und sie kündigt an, diese gesetzlichen Grenzen überwinden zu wollen. Bisher greife der Staat nur nach Fällen von Volksverhetzung ein. Auch diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssten es mit einem starken Staat zu tun bekommen.

Laut Faeser solle künftig das „Gefährdungspotenzial“ entscheidend sein, ob der Staat eingreift. Das solle passieren, wenn es „Aktionspotenzial“ und „gesellschaftliche Einflussnahme“ gebe. Was mit diesen diffusen Begriffen gemeint ist, will Faeser noch in einem Gesetz definieren. Mit anderen Worten: Es soll diejenigen treffen, die eine Mehrheit gegen die staatlichen Vertreter organisieren können – also gegen die Spitzen der Ampel.

Sogar die Gedankenfreiheit wäre in Gefahr. Der Präsident des „Verfassungsschutzes“ Thomas Haldenwang sitzt neben Faeser und ergänzt: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, im Rechtsextremismus nur auf Gewaltbereitschaft zu achten, denn es geht auch um verbale und mentale Grenzverschiebungen … Wir müssen aufpassen, dass sich entsprechende Denk- und Sprachmuster nicht in unsere Sprache einnisten.“ Er räumt ein, dass  die äußersten Grenzen zwar das Strafrecht ziehe. „Jedoch auch unterhalb der strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität können Meinungsäußerungen verfassungsschutzrechtlich von Belang sein.“ Und in einem FAZ-Interview warnt er, dass die Meinungsfreiheit kein Freibrief sei.

Hass im Netz unterhalb der Strafbarkeitsgrenze

Die Zeit schreibt dazu: „Jeder politische Akteur empfindet die Anwürfe aus dem gegnerischen Lager als tendenziell hassgetrieben. Entsprechend hat jede NGO ihre eigenen Kriterien, was Hass, was Sexismus und was Rassismus ist. Ein skeptischer Blick auf die Migrationsströme wird vielerorts bereits als Rassismus, ein freundliches Wort über das Glück der Mutterschaft als Sexismus gewertet. Was wiederum vollkommen in Ordnung  für eine Nichtregierungsorganisation sein mag, nicht jedoch für staatliche Organe. Der Staat soll das Recht durchsetzen, nicht über Einstellungen wachen“.

Genau darauf aber zielt Paus ab, wenn sie sagt: "Wir wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Hass im Netz auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorkommt." Und damit man sie nicht missversteht, fügt sie hinzu: "Viele Feinde der Demokratie wissen ganz genau, was gerade noch so unter Meinungsfreiheit fällt."

Wolfgang Kubicki dazu: „Ich möchte nicht, dass Frau Paus anhand ihrer eigenen gefühligen Maßstäbe darüber befindet, was im Rahmen unserer Verfassung möglich und nicht möglich ist.“

Faeser wehrt sich gegen Kritiker und schreibt auf X: „Wer den Kampf gegen Rechtsextremismus als Eingriff in die Meinungsfreiheit diskreditiere, verdrehe die Tatsachen“. Und sie ergänzt: „Wir bekämpfen Hasskriminalität, weil sie zu mörderischer Gewalt wie dem Attentat auf Dr. Walter Lübcke geführt hat“.

Haldenwangs verstörendes Amtsverständnis sorgte bereits direrkt nach Veröffentlichung seines Gastbeitrags in der FAZ für Empörung. Unter anderem sagte Hans-Ulrich Jörges, Ex-Mitglied der Stern-Chefredaktion im Podcast von Media Pioneer zu den Ausführungen des deutschen Geheimdienst-Chefs: „Mit anderen Worten: Verfolgt wird auch, was legal ist. Das ist (…) eine alarmierende Grenzüberschreitung!“ 

Zu Haldenwang äußerte sich auch der renommierte Verfassungsrechtler Professor Rupert Scholz dazu. In einem Leserbrief an die FAZ schreibt der ehemalige Verteidigungsminister: 

„Mit seinem tendenziösen Artikel hat der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, ein verräterisches Bekenntnis über sein wahres Demokratie- oder genauer gesagt undemokratisches Amtsverständnis abgelegt.

Ein Verfassungsschutzpräsident, der behauptet, „Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief“, verkennt die maßgeblichen freiheitlichen Grundlagen unserer Demokratie, die naturgemäß auch die Kritik an Regierung und staatlichem Handeln gewährleistet. Jenseits des Strafrechts gibt es keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die im Artikel 5 unseres Grundgesetztes garantiert ist und zum Kernbereich der Verfassung gehört.

Ein Verfassungsschutzpräsident, der sich anmaßt, solche Schranken über den Rahmen des Strafrechts hinaus, quasi via Beschlüsse, durch Beobachtung oder willkürliche öffentliche Kommentierung einzuführen, verletzt die Verfassung. Er überschreitet dabei auch die eigenen, gesetzlich abgesteckten Kompetenzen.

Wenn die Bundesregierung keine Konsequenzen aus dem Verhalten dieses hohen Beamten zieht, lässt sie selbst Zweifel an ihrem Demokratieverständnis aufkommen.“

Und Hans-Ulrich Jörges fordert klipp und klar den Rücktritt Haldenwangs. „,Die Meinungsfreiheit hat Grenzen‘: Dieser Satz des Schattenmannes überschreitet selbst so, wie er gemeint ist, die Grenzen der Meinungsfreiheit. Die Exekutive hat über Grundrechte nicht zu verfügen, schon gar nicht ein nachgeordneter Geheimdienst. Haldenwang gehört dafür vom Innenministerium dienstrechtlich gemaßregelt. Oder entlassen!“, so Jörges im Gespräch mit Media Pioneer.


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