Steinhöfel erklärte: „Was wir hier erleben, ist ein erneut besorgniserregender Kontrollverlust der Strafjustiz, der jetzt offenbar auch das BKA erfasst hat. Die Ironie in Bolz’ Tweet ist so offensichtlich, dass man schon vorsätzlich missverstehen muss, um hier eine Straftat zu konstruieren.“
Vorwurf Nazi-Parole„Verrücktheit hat die Seiten gewechselt“ – Polizei durchsucht Haus von Publizist Norbert Bolz (WELT+)
Von Lennart Pfahler, Alexander Dinger, 23.10.2025, Lesedauer: 3 Minuten
Wegen einer scharfen Kritik an einem Beitrag der „Taz“ durchsuchte die
Polizei am Donnerstag das Haus des Publizisten Norbert Bolz. Der spricht
von einem „Witz“. Der Durchsuchungsbeschluss offenbart: Die Ermittler
maßen dem Kontext des Beitrags wenig Bedeutung bei.
Die
Berliner Staatsanwaltschaft geht gegen einen Publizisten vor, dem sie
die Verwendung von Parolen der Nationalsozialisten vorwirft. Am
Donnerstag durchsuchte die Berliner Polizei nach WELT-Informationen die
Wohnung des Medienwissenschaftlers Norbert Bolz, der auch bei WELT regelmäßig Debattenbeiträge veröffentlicht und bei WELT TV zu Gast ist.
Hintergrund ist laut Bolz‘ Anwalt Joachim Steinhöfel ein Tweet aus dem Januar 2024, in dem Bolz schrieb: „Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“
Dabei nahm Bolz Bezug auf einen Beitrag der linken Tageszeitung „Taz“ mit dem Titel „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland erwacht“. Kurz nach der Veröffentlichung änderte die Zeitung offenbar den Titel des Beitrags, der heute mit „Raus aus der Ohnmacht“ überschrieben ist.
Bei „Deutschland erwache“ handelt es sich um eine NSDAP-Parole. Die Staatsanwaltschaft wertet die Verwendung als strafbare Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Der Zusammenhang, in dem Bolz die Aussage tätigte, blieb dabei offenbar unbeachtet. Dem Beschuldigten sei bewusst gewesen, dass es sich bei dem Ausspruch um eine Losung der SA handele, heißt es in einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 29. April, den WELT einsehen konnte.
Norbert Bolz: „Verrücktheit hat die Seiten gewechselt“
Bolz hingegen verweist auf den Kontext seines Beitrags: „Ich hielt das für einen guten Witz. Die „Taz“ hatte etwas über Höcke geschrieben mit dem Fazit ‚Deutschland erwacht‘. Ich dachte: Das ist eigentlich eine gute Definition von ‚woke‘. Denn ‚woke‘ heißt ja auch ‚erwacht‘.“ Bolz habe ausdrücken wollen, dass „die Verrücktheit die Seiten gewechselt hat“. „Ich habe mir nicht vorstellen können, dass man das missverstehen kann“, so Bolz zu WELT.
Hintergrund ist laut Bolz‘ Anwalt Joachim Steinhöfel ein Tweet aus dem Januar 2024, in dem Bolz schrieb: „Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“
Dabei nahm Bolz Bezug auf einen Beitrag der linken Tageszeitung „Taz“ mit dem Titel „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland erwacht“. Kurz nach der Veröffentlichung änderte die Zeitung offenbar den Titel des Beitrags, der heute mit „Raus aus der Ohnmacht“ überschrieben ist.
Bei „Deutschland erwache“ handelt es sich um eine NSDAP-Parole. Die Staatsanwaltschaft wertet die Verwendung als strafbare Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Der Zusammenhang, in dem Bolz die Aussage tätigte, blieb dabei offenbar unbeachtet. Dem Beschuldigten sei bewusst gewesen, dass es sich bei dem Ausspruch um eine Losung der SA handele, heißt es in einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 29. April, den WELT einsehen konnte.
Norbert Bolz: „Verrücktheit hat die Seiten gewechselt“
Bolz hingegen verweist auf den Kontext seines Beitrags: „Ich hielt das für einen guten Witz. Die „Taz“ hatte etwas über Höcke geschrieben mit dem Fazit ‚Deutschland erwacht‘. Ich dachte: Das ist eigentlich eine gute Definition von ‚woke‘. Denn ‚woke‘ heißt ja auch ‚erwacht‘.“ Bolz habe ausdrücken wollen, dass „die Verrücktheit die Seiten gewechselt hat“. „Ich habe mir nicht vorstellen können, dass man das missverstehen kann“, so Bolz zu WELT.
Bolz war zuletzt als Professor am Institut für Sprache und Kommunikation
an der Technischen Universität Berlin tätig. Er berichtet, dass vier
Polizisten gegen 9 Uhr morgens bei ihm aufgetaucht seien. Sie hätten
einen Screenshot des Beitrags gesichert und ihm geraten, „in Zukunft
vorsichtiger zu sein“.
Auf dem Durchsuchungsbeschluss ist auch das Logo des Bundeskriminalamts
zu erkennen, was darauf hindeutet, dass die Behörde in die Ermittlungen
eingebunden war. Anwalt Steinhöfel erklärte gegenüber WELT: „Was wir
hier erleben, ist ein erneut besorgniserregender Kontrollverlust der
Strafjustiz, der jetzt offenbar auch das BKA erfasst hat. Die Ironie in
Bolz’ Tweet ist so offensichtlich, dass man schon vorsätzlich
missverstehen muss, um hier eine Straftat zu konstruieren.“ Das erinnere
fatal an „die Bamberger Justizposse, wo Menschen wegen ‚Schwachkopf‘
oder dem satirischen Ausspruch ,Ich hasse die Meinungsfreiheit‘ verfolgt
wurden“.
Steinhöfel sieht die Verantwortung bei Innenminister Alexander Dobrindt
(CSU). Dieser müsse in der Behörde für Klarheit sorgen. „Es kann nicht
sein, dass Behördenleiter offenbar nicht mehr zwischen strafbarer
Propaganda und zulässiger Meinungsäußerung unterscheiden können. Diese
Inkompetenz ist keine Kleinigkeit – sie untergräbt das Vertrauen in den
Rechtsstaat“, so Steinhöfel.



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