16 Oktober 2025

Klimaschutz und Deindustrialisierung „Zukunftsentscheid Hamburg“: Gemeinwohl bis zum Staatszerfall (Cicero)

Die Wahlurnen sind noch nicht weggeräumt, da fordert Hamburgs zweite Bürgermeisterin, die Grüne Katharina Fegebank, bereits finanzielle Hilfe vom Bund der EU für die Umsetzung.
Klimaschutz und Deindustrialisierung

„Zukunftsentscheid Hamburg“: Gemeinwohl bis zum Staatszerfall (Cicero)
Ein Volksentscheid wie aus einer anderen Welt: Während Hamburg vom Traum der „Klimaneutralität um jeden Preis“ beseelt ist, werden die realen Folgen dieses politischen Experiments für Wirtschaft, Wohlstand und Vernunft gleichermaßen verheerend sein.
VON GERHARD STRATE am 16. Oktober 2025 6 min
Wenn der Mond aus Käse wäre, der in jeder Vollmondnacht in köstlichen Fäden heruntertropfte, die von den Hungrigen der Welt nur aufgefangen werden müssten: Wäre das nicht ein schöner Traum? Da wohl niemand gegen derartige Genüsse votieren würde, sollten wir in Hamburg einen Volksentscheid darüber herbeiführen, um so die Hamburger Stadtregierung zu verpflichten, umgehend die technischen Voraussetzungen für das Melken der Mondschafe zu schaffen. 
Eine absurde Idee? Kaum absurder zumindest als der kürzlich erfolgte „Zukunftsentscheid Hamburg“, in dessen Zentrum das „Klimaschutzverbesserungsgesetz“ stand. Die jahrelange mediale Propaganda für den nahenden Weltuntergang hat ganze Arbeit geleistet: Bei einer Abstimmungsbeteiligung von insgesamt 43,7 Prozent entschieden sich 303.936 Wahlberechtigte beziehungsweise 53,2 Prozent dafür, das sprichwörtliche Tor zur Welt zu schließen. Das Erreichen der sogenannten „Klimaneutralität“ soll künftig Vorrang haben, koste es, was es wolle. Konkret soll „bis spätestens zum Jahr 2040 eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen um 98 v. H“ erreicht werden, so der Gesetzestext.
Technisch ist das Klimaschutzverbesserungsgesetz eine Novellierung des 2024 in Kraft getretenen Klimaschutzstärkungsgesetzes, welches seinerseits das Hamburger Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) novellierte. Ein Satz, von dem man gehofft hatte, ihn nie schreiben zu müssen. Wer ihn mehrfach liest, bekommt zumindest ein Gefühl für den inhärenten Wahnsinn dieser im wahrsten Sinne des Wortes Luftnummer, deren bürokratische Steigerungsmöglichkeiten so unendlich sind wie die Fantasie der Klimamodellierer. Das Ergebnis bleibt immer gleich: Das Klima macht, was es will, und alles wird teurer. Letzteres jetzt noch schneller. Den Propagandisten des wirtschaftlichen Niedergangs ist wohl inzwischen aufgegangen, dass die schon vorher geltende Zielsetzung der Klimaneutralität Hamburgs bis 2045 bei Erreichung ihres Stichtags politisch längst irrelevant und vergessen sein würde, weshalb nun der Druck erhöht werden musste.
Die Umverteilung des geistigen Notstands
Die Folgen der neuen Verschärfung werden für Hamburg schwerwiegend sein. Der ehemalige Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt (SPD) hat sich kritisch damit beschäftigt. Demnach werde es nach Umsetzung der Klimaneutralität in Hamburg keine dieselbetriebenen Containerschiffe, keine Produktion von Aluminium, Kupfer oder Stahl, keine Raffinerie, keine Gas- und Ölheizungen sowie Fahrten mit Benzin- und Dieselfahrzeugen mehr geben. Darüber hinaus rechnet Vahrenholt mit einer monatlichen Mietsteigerung von rund 350 Euro für eine durchschnittliche Wohnung. Da nicht zu erwarten ist, dass die Weltwirtschaft sich dem neuen Hamburger Extremismus unterwerfen wird, werden die großen Schiffe – noch immer dieselbetrieben – wohl künftig in Rotterdam gelöscht werden, während dem Hamburger Hafen ein Schicksal als Industriedenkmal droht.
Diese und viele weitere zu erwartende wirtschaftliche Folgen sind den Initiatoren des „Hamburger Zukunftsentscheids“ offenbar bewusst. Und sie haben auch schon eine verlockend klingende Scheinlösung im Angebot: Sie setzen bei der Ausgestaltung auf „Sozialverträglichkeit“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich stets eine große Umverteilung über Förderprogramme und Zuschüsse, die zwangsläufig eine weitere massive Erhöhung von Steuern und Abgaben nach sich zieht. Die Ambitionen Hamburgs werden nicht nur die verwirrte Wählerschaft der Stadt treffen: Schon am Tag nach der Volksabstimmung erklärte die grüne Umweltsenatorin Katharina Fegebank, man werde das „alleine nicht packen“, und ruft nach Unterstützung vom Bund und der Europäischen Union. Die fiskalische Umverteilung des geistigen Notstands hat begonnen, dem Sondervermögen sei Dank.

36.442 fehlende Nein-Stimmen

Wieder einmal stehen wir vor der Frage, wie dies alles möglich war. Auffällig ist die gelungene asymmetrische Mobilisierung der Wählerschaft, die den Volksentscheid zum Erfolg führte. Wie viele der über 56 Prozent Nichtwähler mögen wohl der Ansicht gewesen sein, eine derart dystopische Forderung hätte sowieso keine Erfolgsaussichten, weshalb sich der Gang zum Wahllokal nicht lohne? Tatsache ist, dass schon 36.442 zusätzliche Nein-Stimmen gereicht hätten, um die Katastrophe für Hamburg abzuwenden. Eine geringe Zahl angesichts insgesamt 1,3 Millionen Wahlberechtigter.

Eine weitere Besonderheit dieser Abstimmung ist die hohe Zahl der Briefwähler, die bei 80,7 Prozent lag. Sie ist damit weit mehr als doppelt so hoch wie im deutschlandweiten Durchschnitt der letzten Bundestagswahl, der bei 37 Prozent lag. Eine Stadt, die für ihre wirtschaftliche Komplettzerstörung votiert, empfindet paradoxerweise schon den Gang zur Urne als zu anstrengend. Auch das Wahlrecht ab 16 Jahren, das für Volksentscheide gilt, dürfte seinen Teil dazu beigetragen haben, dass der Ast, auf dem Hamburg sitzt, nun gefährlich tief angesägt wurde. Wer seine Kindheit auf den Klimademos von Fridays for Future verbringen durfte, hat sich mit 16 Jahren noch längst nicht von diesem Trauma erholt oder gar verstanden, dass es keine echte Revolution ist, wenn die eigenen Lehrer dabei mitmachen und Mama einen hinterher mit dem SUV abholt.

Das totgerittene Klimapferd

Interessant ist auch ein Blick auf die Liste der finanziellen Unterstützer des „Hamburger Zukunftsentscheids“. Man findet sie direkt auf der Website der Initiatoren. Neben Fridays for Future und seinen Unterorganisationen zählen insgesamt 82 Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftsverbände, Kultureinrichtungen sowie etliche Einzelunternehmen zu den Sponsoren. Neben den üblichen Verdächtigen wie der Deutschen Umwelthilfe, Campact oder Attac, die erst seit einigen Jahren fürs Gemeinwohl bis zum Staatszerfall trommeln, scheinen auch einige altehrwürdige Institutionen wie die Gewerkschaft Ver.di, das Deutsche Schauspielhaus oder der Mieterverein Hamburg den Sirenengesängen der grünen Gleichschaltung erlegen zu sein.

Kein Wunder, haben doch rechtzeitig vor der Abstimmung 90 Hamburger „Kulturschaffende“ in einem offenen Brief ihre Stimme erhoben und auch noch die letzten Zweifler mit ihrer brav gegenderten Klimaexpertise überzeugt. Wer überbringt den Ach-so-Wohlmeinenden die Nachricht, dass jede in Hamburg nicht erzeugte Tonne CO2 eben andernorts auf der Welt entstehen wird? Andere Häfen werden übernehmen, während Hamburger Hafenarbeiter zu Lastenradfahrern umschulen und das mit ausländischem Atomstrom gestützte Stromsystem unter der E-Auto- und Wärmepumpenflut den Geist aufgibt. 

Die meisten Menschen möchten endlich vom längst totgerittenen Klimapferd in Ruhe gelassen werden. Für sie ist das Thema durch. Dies trifft wohl auch auf viele Hamburger Nichtwähler zu, die leider auch am letzten Sonntag genau das dachten.

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