„Catenaccio“
 – zu Deutsch: Türriegel – heißt die in Italien entwickelte Strategie, 
bei der die Spieler sich in der eigenen Feldhälfte versammeln, um dort 
die Angriffe des Gegners zu blockieren. Es gibt keine Stürmer mehr, nur noch Verteidiger. Es wird nicht geschossen. Es wird gemauert. Man will nicht mehr siegen, sondern nicht verlieren.  
Ausgerechnet Deutschland, das Land des Wirtschaftswunders,
 ruft nach staatlicher Protektion. Eine Nation, die es mit einer 
geografisch minimalen Landfläche (Platz 63) und einer relativ kleinen 
Bevölkerung (Platz 19) im Welthandel zur drittgrößten Volkswirtschaft 
geschafft hat, fühlt sich dem Wettbewerb nicht mehr gewachsen. 
Seitdem
 deutsche  Chemieprodukte, deutsche Autos, die deutschen 
Werkzeugmaschinen und die deutschen Medien unter Druck stehen, ziehen 
sich Verbandsfürsten und Gewerkschaftsbosse in den eigenen Strafraum 
zurück.
# Beispiel 1: Digitalsteuer Der Wind des 
technologischen Fortschritts, der aus dem Silicon Valley über den 
Atlantik herüberweht, wird in den Traditionshäusern der Medienwelt als 
Hurrikan erlebt. Bunte, Brigitte und FAZ sind erkennbar nicht die Vorhut einer neuen Zeit, sondern die Nachhut des 20. Jahrhunderts. Und weil man kein Google erfunden hat, ruft man nach der Google-Steuer.
Seit nunmehr sieben Jahren diskutiert Brüssel darüber, wie man Alphabet, Meta und Konsorten mithilfe einer „Digitalsteuer“,
 durch die die großen amerikanischen Tech-Konzerne drei Prozent ihrer 
Umsätze an die EU zahlen sollen, abkassieren kann. Europa setzt nicht 
auf die Kreativität seiner IT-Spezialisten und Journalisten, sondern auf
 den Einfallsreichtum seiner Juristen. In dubio pro Regulierung.
# Beispiel 2: Zollpolitik
Das Verbrennerauto haben die Deutschen erfunden und sie würden, wenn Elon Musk
 und die Chinesen nicht dazwischengefunkt hätten, noch heute an der 
Verfeinerung der Verfeinerung arbeiten. Elf Jahre nach dem ersten Tesla (2008) erblickte das erste E-Mobil von Mercedes, der EQC, 2019 das Licht der Welt. 
Jetzt betteln die Verbände um „Technologieoffenheit“
 und damit um Gnade. Und weil das nicht reichen wird, möchte man die 
chinesischen E-Autos mit Zöllen belegen. In Europa soll sich nicht 
wiederholen, was in China passiert ist. Volkswagen, einst die 
Nr. 1 im dortigen Verbrennermarkt, rangiert mit weniger als fünf Prozent
 der verkauften E-Autos unter ferner liefen. 
# Beispiel 3: EU beschließt „Abwehrmaßnahme gegen wirtschaftliche Erpressung“ Diese Zeitenwende hat hier keiner gewollt:
 Die dankbaren Kunden von gestern werden als Bedrohung erlebt, seit sie 
mit ihren eigenen Produkten vor der Tür stehen. So hatte man sich den 
Freihandel nicht vorgestellt. 
Die günstigen Preise der neuen Anbieter empfindet man als dreist. Dumping! Die neue chinesische Technik – von Handy über die Solaranlage bis zum Speicherchip – steht unter Generalverdacht. Spionage! Ihre Verkaufserfolge sind keine Verkaufserfolge, sondern eine Invasion.
Seit 2023 kann die EU daher mit dem „Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen“ auf sogenannte „wirtschaftliche Erpressung aus dem Ausland“ reagieren – mit Zöllen und Marktzugangssperren. In Brüssel wird von der „Handels-Bazooka“ gesprochen. 
# Beispiel 4: Lieferkettengesetz
Weil die Deutschen nicht 
mehr besser sind, wollen sie wenigstens ihre moralische Überlegenheit 
unter Beweis stellen. Mit dem sogenannten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sollen dem Auto aus Shanghai und der Hose aus Bangladesch der Geist des Abendlandes eingehaucht werden. 
Wer nicht nach unseren Regeln ökologisch sauber und ethisch 
anspruchsvoll produziert, wird ausgelistet. Der Unterschied ist für alle
 Handelspartner spürbar: Früher wurde verkauft, heute belehrt. Wir
 wollen die anderen nicht mehr beglücken, sondern in Moralin baden. Wäre
 der erhobene Zeigefinger ein Verkaufsschlager, würden wir wieder 
Exportweltmeister werden. Nur leider ist er ein Ladenhüter.     
# Beispiel 5: Buy European Klauseln
Die
 Gewerkschaften in Deutschland und in Frankreich wollen nicht mehr das 
Kapital bekämpfen, sondern den ausländischen Konkurrenten des Kapitals. 
Unter der Parole „Marktzugang gibt es nicht zum Nulltarif“ sucht man den Schulterschluss mit den Unternehmern. Gemeinsam will man sogenannte Local-Content-Vorschriften durchsetzen. 
Das bedeutet: Die Politik soll Quoten festschreiben,
 die sicherstellen, dass ein Teil der ausländischen Produktion ins 
europäische Inland wechselt. Wer nicht spurt, wird von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen. Es gilt das Goethe-Wort aus dem Erlkönig: „Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.“ 
Fazit:
 Wer jetzt darüber klagt, dass unser Geschäftsmodell angegriffen wird, 
hat das Geschäftsmodell nicht verstanden. Deutschland verkaufte nie 
Autos, Maschinen und Chemikalien, sondern Innovation, die in Autos, 
Maschinen und Chemikalien eingebaut war. Wir waren nicht gut, wir waren besser. Das nannten wir „Made in Germany“. 
Oder deutlicher gesagt: Es gibt viele Wege, den deutschen Abstieg zu beschleunigen. Protektion ist der sicherste.
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