Deutsche HauptstadtAlle hassen Berlin (WELT+)Von Alan Posener, Freier Autor, Stand: 09.10.2025, Lesedauer: 3 Minuten
Das kommt nicht überraschend: Laut einer neuen Studie ist Berlin das
unbeliebteste Bundesland. Kein Wunder, die deutsche Hauptstadt ist
beispiellos dysfunktional und dreckig. Braucht es einen Donald Trump,
der in dieser Stadt aufräumt?
Einer Umfrage der Freien Universität Berlin zufolge ist Berlin das unbeliebteste Bundesland. Kein Wunder: Berlin ist dysfunktional und dreckig, überheblich und unterbelichtet, eine Stadt, die förmlich danach schreit, dass Donald Trump die Armee hineinschickt, um aufzuräumen.
Dealer raus aus dem Drogenpark „Görli“ in Kreuzberg. Obdachlose raus aus den zu Wärmehallen umfunktionierten U-Bahnhöfen. Randalierer raus aus den Unis. Illegale und kriminelle Einwanderer raus, und wenn wir schon dabei sind: Politiker raus aus den schicken Cafés, wo sie mit Journalisten „Flat Whites“ trinken und die Baristas nur Englisch sprechen, und ab in die Produktion. Herrlich! Wie Ost-Berlin anno 1979. Manche West-Berliner würden auch gern die Mauer wieder haben, aber wir wollen nicht übertreiben.
Im Ernst: Berlin tut einiges, um Häme und Hass zu verdienen. Und fördert damit auch die deutsche Einheit. Generell mögen Ostdeutsche der Umfrage zufolge vor allem Ostdeutsche und Westdeutsche auch ihresgleichen. Aber Berlin, einst Hauptstadt der DDR und Schaufenster des Westens, hassen alle, Ossis allerdings noch mehr als Wessis. Man muss nur Paris besuchen, um bei der Rückkehr die Schluffigkeit der
deutschen Hauptstadt geradezu körperlich zu empfinden. Dort gleitet die
Metro fahrerlos durch blitzsaubere Bahnhöfe, die man nur mit Ticket
betreten darf; hier gibt es keine Pläne zur Modernisierung oder auch nur
zum Sauberhalten der U- und S-Bahn. Allein die Kleidung der Passanten –
in beiden Städten erfreulich multiethnisch und multikulturell –
illustriert den Unterschied zwischen „man ist sich etwas schuldig“ und
„ist mir egal“. In
Berlin startete der CDU-Bürgermeister Kai Wegner, ein Import aus
Spandau, forsch rechtspopulistisch und backt mittlerweile kleine grüne
Brötchen, sorry: Schrippen. Ja, selbst die AfD ist hier irgendwie, na,
berlinerisch, wettert gegen „hohe Mieten und niedrige Renten, prekäre
Beschäftigungsverhältnisse und Kinderarmut“, fordert „die Bewahrung von
Grün- und Freiflächen für ein gesundes Stadtklima, saubere Luft, gute
Trinkwasserqualität, umweltschonende Energieversorgung und ein
integratives Verkehrskonzept“. Und weiß auch nicht zu sagen, wie das
alles finanziert werden soll. Berlin kriegt halt alle klein. Die
Leute ziehen von Hamburg hierher, meckern über zu viel Ramsch und zu
wenig Luxus, die Stuttgarter über zu viel Dreck und zu wenig Kehrwoche,
die Leipziger über zu viele Ausländer und zu wenige Sachsen, aber wer es
hier fünf Jahre ausgehalten hat, will nicht mehr weg. Berlin, das ist
seine Stärke und seine Schwäche, ist eine Schule des Lebens und
Lebenlassens. Deshalb ist den Berlinern schnurz, ob man sie an der Elbe
oder am Tegernsee liebt, denn wie schon Theodor Fontane schrieb, „jeder
echte, mit Spreewasser getaufte Berliner, männlich oder weiblich, misst
seinen Zustand nur an seiner eigenen kleinen Vergangenheit, nie aber an
der Welt draußen, von der er, wenn er ganz echt ist, weder eine
Vorstellung hat noch überhaupt haben will.“ Soll der Trump nur kommen.
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