Liebe Leserin, Lieber Leser;
die „Unschuldsvermutung“ hat Verfassungsrang. Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sagt: „Jede Person, die einer strafbaren Handlung angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Nachweis ihrer Schuld als unschuldig.“ Superreiche wie die Hamburger Unternehmerfamilie Block haben darauf natürlich keinen Anspruch.
Verzeihen Sie die Ironie, aber es ist schon auffällig, wie die Genannten seit nunmehr drei Monaten vorgeführt werden. Ein mittelalterlicher Pranger dürfte eher eine Wellnessoase gewesen sein im Vergleich zu dem Prozess vorm Hamburger Landgericht. Das hat Gründe.
Die Sensationsgier ist deshalb so groß, weil die Block-House-Filialen jeder kennt. Weil dieser Clan viel Geld hat. Weil der Fortgang des Prozesses wie eine Netflix-Krimiserie wirkt – live und real. Und weil sich die Familie bislang redlich Mühe gab, so zu wirken, als könne sie sich im Zweifel auch Gerechtigkeit kaufen, wenn es sein muss. Vor Gericht wurden die Blocks dafür ähnlich akribisch gegrillt wie die Steaks, denen sie ihren Aufstieg verdanken.
Mein Mitgefühl gilt – das gebe ich zu – der Angeklagten Christina Block. Die Staatsanwaltschaft wirft der Tochter des Firmengründers und Patriarchen Eugen Block sowie sechs weiteren Personen unter anderem gemeinschaftliche Entziehung Minderjähriger vor, gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung. In Blocks Auftrag soll eine israelische Sicherheitsfirma in der Silvesternacht 2023 bei ihrem Ex-Mann Stephan Hensel in Dänemark zwei ihrer vier gemeinsamen Kinder entführt haben.
Damit ist auch klar, was hier immer mitverhandelt wird und zugleich ein weiterer Grund für den Hype ist. Der Fall Block ist im Kern ein Sorgerechtsdrama: schmutzig, bösartig, emotional aufgeladen. Wenn es um die Kinder geht, geht es immer sofort um alles.
Ehen halten heute nicht mehr, bis dass der Tod sie scheidet. Wenn an Gott aber auch nicht mehr so richtig geglaubt wird, muss die Justiz ran als letzte, ebenfalls oft überforderte Instanz. Denn Gefühlen ist mit Gesetzen nur schwer beizukommen. Es mag da Recht geben, aber Gerechtigkeit? Solche Fälle kennt heute fast jeder von uns aus dem Freundes- oder gar Familienkreis.
Nachdem ich den Prozess nun seit einigen Wochen verfolge, finde ich vieles längst nicht mehr so eindeutig. Ist Christina Block wirklich fähig, einen Trupp harter Jungs zu rekrutieren, um ihre Kinder zurückzuholen? Welche Rolle spielt der 85-jährige Unternehmenspatriarch Eugen Block, der aktuell nicht auf der Anklagebank sitzt? Und ist Nebenkläger Stephan Hensel wirklich der Saubermann, als der er sich darstellt
Artikel 6 EMRK sagt auch: Nicht ein Angeklagter muss seine Unschuld beweisen, sondern ein Ankläger dessen Schuld. Das haben wir ein bisschen aus den Augen verloren, finde ich. Generell. Gerüchte, Verdächtigungen, Vorverurteilungen, Fakenews bewirtschaften unsere Bereitschaft zu Misstrauen aller Art. Vielleicht lehrt uns der Fall Block auch das – wieder etwas mehr Ruhe zu bewahren und nicht immer gleich „Hängt Sie!“ zu schreien.
Heute ist Verhandlungstag 18. Der Prozess dürfte bis Frühjahr nächsten Jahres dauern. Ein Urteil ist indes schon gefallen: Unter „Gefühlschaos, lebenslänglich“ werden die betroffenen Kinder nicht davonkommen.
die „Unschuldsvermutung“ hat Verfassungsrang. Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sagt: „Jede Person, die einer strafbaren Handlung angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Nachweis ihrer Schuld als unschuldig.“ Superreiche wie die Hamburger Unternehmerfamilie Block haben darauf natürlich keinen Anspruch.
Verzeihen Sie die Ironie, aber es ist schon auffällig, wie die Genannten seit nunmehr drei Monaten vorgeführt werden. Ein mittelalterlicher Pranger dürfte eher eine Wellnessoase gewesen sein im Vergleich zu dem Prozess vorm Hamburger Landgericht. Das hat Gründe.
Die Sensationsgier ist deshalb so groß, weil die Block-House-Filialen jeder kennt. Weil dieser Clan viel Geld hat. Weil der Fortgang des Prozesses wie eine Netflix-Krimiserie wirkt – live und real. Und weil sich die Familie bislang redlich Mühe gab, so zu wirken, als könne sie sich im Zweifel auch Gerechtigkeit kaufen, wenn es sein muss. Vor Gericht wurden die Blocks dafür ähnlich akribisch gegrillt wie die Steaks, denen sie ihren Aufstieg verdanken.
Mein Mitgefühl gilt – das gebe ich zu – der Angeklagten Christina Block. Die Staatsanwaltschaft wirft der Tochter des Firmengründers und Patriarchen Eugen Block sowie sechs weiteren Personen unter anderem gemeinschaftliche Entziehung Minderjähriger vor, gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung. In Blocks Auftrag soll eine israelische Sicherheitsfirma in der Silvesternacht 2023 bei ihrem Ex-Mann Stephan Hensel in Dänemark zwei ihrer vier gemeinsamen Kinder entführt haben.
Damit ist auch klar, was hier immer mitverhandelt wird und zugleich ein weiterer Grund für den Hype ist. Der Fall Block ist im Kern ein Sorgerechtsdrama: schmutzig, bösartig, emotional aufgeladen. Wenn es um die Kinder geht, geht es immer sofort um alles.
Ehen halten heute nicht mehr, bis dass der Tod sie scheidet. Wenn an Gott aber auch nicht mehr so richtig geglaubt wird, muss die Justiz ran als letzte, ebenfalls oft überforderte Instanz. Denn Gefühlen ist mit Gesetzen nur schwer beizukommen. Es mag da Recht geben, aber Gerechtigkeit? Solche Fälle kennt heute fast jeder von uns aus dem Freundes- oder gar Familienkreis.
Nachdem ich den Prozess nun seit einigen Wochen verfolge, finde ich vieles längst nicht mehr so eindeutig. Ist Christina Block wirklich fähig, einen Trupp harter Jungs zu rekrutieren, um ihre Kinder zurückzuholen? Welche Rolle spielt der 85-jährige Unternehmenspatriarch Eugen Block, der aktuell nicht auf der Anklagebank sitzt? Und ist Nebenkläger Stephan Hensel wirklich der Saubermann, als der er sich darstellt
Artikel 6 EMRK sagt auch: Nicht ein Angeklagter muss seine Unschuld beweisen, sondern ein Ankläger dessen Schuld. Das haben wir ein bisschen aus den Augen verloren, finde ich. Generell. Gerüchte, Verdächtigungen, Vorverurteilungen, Fakenews bewirtschaften unsere Bereitschaft zu Misstrauen aller Art. Vielleicht lehrt uns der Fall Block auch das – wieder etwas mehr Ruhe zu bewahren und nicht immer gleich „Hängt Sie!“ zu schreien.
Heute ist Verhandlungstag 18. Der Prozess dürfte bis Frühjahr nächsten Jahres dauern. Ein Urteil ist indes schon gefallen: Unter „Gefühlschaos, lebenslänglich“ werden die betroffenen Kinder nicht davonkommen.
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