Der
wirtschaftliche Abstieg beginnt im Kopf: Wenn Protektion wichtiger wird
als Fortschritt, steht das Erfolgsmodell „Made in Germany“ auf dem
Spiel.
Gabor Steingart, 31.10.2025, 6 Min
Die deutschen Wirtschaftsverbände haben von der Offensive („Vorsprung durch Technik“) in die Defensive (Protektion!) gewechselt. Man will keine Tore mehr schießen, sondern die Treffer der anderen verhindern.
„Catenaccio“
– zu Deutsch: Türriegel – heißt die in Italien entwickelte Strategie,
bei der die Spieler sich in der eigenen Feldhälfte versammeln, um dort
die Angriffe des Gegners zu blockieren. Es gibt keine Stürmer mehr, nur noch Verteidiger. Es wird nicht geschossen. Es wird gemauert. Man will nicht mehr siegen, sondern nicht verlieren.
Ausgerechnet Deutschland, das Land des Wirtschaftswunders,
ruft nach staatlicher Protektion. Eine Nation, die es mit einer
geografisch minimalen Landfläche (Platz 63) und einer relativ kleinen
Bevölkerung (Platz 19) im Welthandel zur drittgrößten Volkswirtschaft
geschafft hat, fühlt sich dem Wettbewerb nicht mehr gewachsen.
Seitdem
deutsche Chemieprodukte, deutsche Autos, die deutschen
Werkzeugmaschinen und die deutschen Medien unter Druck stehen, ziehen
sich Verbandsfürsten und Gewerkschaftsbosse in den eigenen Strafraum
zurück.
Der Wind des
technologischen Fortschritts, der aus dem Silicon Valley über den
Atlantik herüberweht, wird in den Traditionshäusern der Medienwelt als
Hurrikan erlebt. Bunte, Brigitte und FAZ sind erkennbar nicht die Vorhut einer neuen Zeit, sondern die Nachhut des 20. Jahrhunderts. Und weil man kein Google erfunden hat, ruft man nach der Google-Steuer.
Seit nunmehr sieben Jahren diskutiert Brüssel darüber, wie man Alphabet, Meta und Konsorten mithilfe einer „Digitalsteuer“,
durch die die großen amerikanischen Tech-Konzerne drei Prozent ihrer
Umsätze an die EU zahlen sollen, abkassieren kann. Europa setzt nicht
auf die Kreativität seiner IT-Spezialisten und Journalisten, sondern auf
den Einfallsreichtum seiner Juristen. In dubio pro Regulierung.
# Beispiel 2: Zollpolitik
Das Verbrennerauto haben die Deutschen erfunden und sie würden, wenn Elon Musk
und die Chinesen nicht dazwischengefunkt hätten, noch heute an der
Verfeinerung der Verfeinerung arbeiten. Elf Jahre nach dem ersten Tesla (2008) erblickte das erste E-Mobil von Mercedes, der EQC, 2019 das Licht der Welt.
Jetzt betteln die Verbände um „Technologieoffenheit“
und damit um Gnade. Und weil das nicht reichen wird, möchte man die
chinesischen E-Autos mit Zöllen belegen. In Europa soll sich nicht
wiederholen, was in China passiert ist. Volkswagen, einst die
Nr. 1 im dortigen Verbrennermarkt, rangiert mit weniger als fünf Prozent
der verkauften E-Autos unter ferner liefen.
# Beispiel 3: EU beschließt „Abwehrmaßnahme gegen wirtschaftliche Erpressung“
















