22 Dezember 2022

Nicht mehr in die Apotheke, sondern ...…

Nicht mehr in die Apotheke, sondern ...…
zum Flohmarkt könnte bald der Weg für Kranke führen
News-Letter TE, 22.12.2022
Deutschland scheint auf dem Weg zu einem dysfunktionalen Land zu sein. Aufgrund der Lieferengpässe bestimmter Arzneimittel ruft der Ärztepräsident dazu auf, sich gegenseitig mit Medikamenten auszuhelfen – gerne auch mit bereits abgelaufenen. Klaus Reinhardt schlug öffentlich und mit vollem Ernst vor, Flohmärkte für Medikamente in den Nachbarschaften einzurichten. Dort sollten Medikamente dann unkontrolliert getauscht und gehandelt werden.
Rechtfertigt eine Krise wirklich jegliches Mittel? Ist es schon so weit gekommen? Oder ist Deutschland tatsächlich zu einer Bananenrepublik verkommen?
Dass viele Medikamente in Apotheken knapp sind, ist kein Gerücht. Aber hinter vorgehaltener Hand wird in Apothekerkreisen erzählt, dass Medikamente meist nur von bestimmten Herstellern fehlen würden. Andere Anbieter könnten das gleiche Präparat liefern. Die Patienten seien aber bezüglich ihrer gewohnten Medikamente sehr eingefahren. Rabattverträge zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den jeweiligen Pharmaherstellern hätten ebenfalls einen Anteil an der Misere. Mit anderen Worten: Es gibt zwar lieferbare Medikamente, aber eben nicht jene, die von den Ärzten aufgeschrieben werden.
Der Ärztepräsident erklärt seine Idee des Flohmarktes zu einem Akt der Solidarität. Das ist unglaublich, weil im Namen der Solidarität und einer selbstverursachten Misere Prinzipien der Medizin über den Haufen geworfen.
„Primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare.“ Erstens nicht schaden, zweitens vorsichtig sein, drittens heilen. Diese Grundsätze des Hippokrates und die Grundlage unseres ärztlichen Verständnisses wirken spätestens seit der Pandemie wie bloße Floskeln – sie sind nur noch als Kalenderspruch geeignet. Kein Arzt oder Apotheker kann so ein Flohmarkttreiben gutheißen.
Womöglich passt der Flohmarkt auf den zweiten Blick doch besser in diese neue Zeit, als es den Anschein hat. In eine Zeit, in der bald jede Abweichung von der Normalität zur Krise verklärt wird. Durch eine öffentlich deklarierte Krise ist es nun möglich, Grenzen zu überschreiten, die vorher als unantastbar galten. Noch im Jahr 2019 wäre ein Arzt mit der Idee eines Medikamentenflohmarktes öffentlich gebrandmarkt worden. Heute werden die gebrandmarkt, die davor warnen, dass ihren Patienten und Mitmenschen womöglich Schaden droht.

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