Artkel zur WM in Katar:
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Als Kanzlerin steuerte Merkel einen „pragmatischen“ Kurs, dessen Kompass Opportunismus war. Das bedeutete permanente Orientierung an Meinungsumfragen. Langfristige strategische Überlegungen in Politik, Wirtschaft, Verteidigungspolitik interessierten Merkel nur nachrangig. Wobei die Kanzlerin entscheidend von den ökonomisch-sozialen Hartz-IV-Reformen ihres Vorgängers Schröder profitierte.
Auf diese Weise verbesserten sich ohne Merkels Zutun die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Deutschland mauserte sich vom kranken Mann der europäischen Ökonomie zu dessen Anker. Gleichzeitig geriet die SPD in Existenznot. Denn deren jüngere dynamische Kräfte taten alles, um die Hartz-Verbesserungen zu schleifen. Auf diese Weise verschenkten die Sozialdemokraten die positive konjunkturelle Wirkung und die Zustimmung weiter Kreise der Bevölkerung hierzu. Sie überließen den Segen der Reformen kampflos Frau Merkel.
Die Bundeskanzlerin wiederum ließ den konservativen Flügel der Union ebenso ins Leere laufen wie deren Wirtschaftsliberale. So verschenkten CDU und SPD ihr über Jahrzehnte aufgebautes Prestige als Volksparteien. Den frei werdenden politisch-gesellschaftlichen Raum nutzten die Grünen, die sich zunehmend pragmatisch gaben, um Zustimmung aus dem bürgerlich-liberalen Lager zu mehren.
Wer wenig tut, macht wenig falsch
Merkel fuhr indessen fort, mit ruhiger Hand und minimalem Inhalt zu regieren. Motto: Wer wenig tut, macht wenig falsch. Als sich 2011 in Fukushima aufgrund einer falschen Positionierung des AKW ein nuklearer Unglücksfall ereignete, entschied sich die Kanzlerin hurtig für den „Ausstieg“ aus der Kernkraft. Begründung: Sie könne nicht gegen die Meinung von 70 Prozent der Bevölkerung regieren.
Mit dieser Haltung blieb Merkel international alleine. Alle anderen Staaten, inklusive Japan, hielten an ihren Kernkraftwerken fest. Ihre Regierungen bemühten sich um eine gesicherte Energieversorgung. Elf Jahre später sollte sich infolge der russischen Invasion der Ukraine und der folgenden Sanktionen erweisen, dass die Bundesregierung kurzsichtig gehandelt hatte.
Dumpingpreise aus China verschlafen
Der Preis der opportunistischen Umwelt- und Energiepolitik der deutschen Regierungen steigt stetig. Die endgültige Höhe ist noch nicht absehbar. Deutschlands Autoindustrie besitzt eine mehr als hundertjährige Erfahrung. Entsprechend gut verkaufen sich deutsche Fahrzeuge im Ausland – was unser Land zum Exportweltmeister machte. Dieser reelle ökonomische Vorteil wurde von Berlin für eine prinzipielle Umweltschonungspolitik von Staaten geopfert, die keine oder keine konkurrenzfähige Autoindustrie besitzen.
Zudem wird Deutschlands regenerative Stromerzeugung auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, eine Mehrheit von Fahrzeugen mit Elektroantrieb ausreichend mit Strom zu versorgen. Unter anderem, weil die Bundesregierung es verschlafen hatte, die heimische Produktion von Sonnenkollektoren gegen die Dumpingpreise der staatlich gestützten chinesischen Industrie zu schützen. Ähnliches bahnt sich bei der Herstellung von Windrädern an.
Die einstige Chefin verweigert eselsstur
Total versagt haben die Regierungen Merkels, zumeist Koalitionen mit den Sozialdemokraten, aber auch ein Regierungsbündnis mit den Liberalen, in der Verteidigungs- und Außenpolitik. Die Ausgaben für diesen Sektor wurden systematisch zurückgefahren. Die Wehrpflicht setzte CSU-Verteidigungsminister zu Guttenberg aus. Gleichzeitig wurde die Energieabhängigkeit von Moskau ständig erhöht. An dieser Politik hielt man auch nach der Annexion der Krim durch Moskau nach 2014 fest. Zudem wurde eine zusätzliche zweite Erdgasleitung gebaut.
Bürger, Wirtschaft und Industrie leiden unter steigenden Strom- und Energiepreisen. Damit verliert Deutschlands Industrie international ihre Konkurrenzfähigkeit. Bereits im Juli warnte der Chef des Verbandes Chemischer Industrie, Christian Kullmann, vor einem „Herzinfarkt der deutschen Wirtschaft“. Zugleich sind immer mehr Handwerksbetriebe gezwungen aufzugeben.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, einst Merkels sozialdemokratischer Außenminister, hat sich für die Fehler bei der Beurteilung der Ziele Wladimir Putins und die entsprechende Politik entschuldigt. Seine einstige Chefin verweigert das eselsstur. Obgleich der russische Präsident bereits seit 2007 deutlich gemacht hatte, dass er den Zusammenbruch der Sowjetunion als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts ansah. Bald machte er deutlich, dass er eine Revision plante. Speziell nach der Besetzung der Krim.
Merkel hat soeben in einem Interview eingestanden, dass sie bei ihrem letzten Besuch als Kanzlerin im Kreml 2021 einsehen musste, unfähig zu sein, Putin von einem Angriff auf die Ukraine abzuhalten. Dennoch wurden die Arbeiten an der Nord-Stream-Pipeline fortgesetzt. Die Unfähigkeit, eine Alternative zur Beschwichtigungspolitik der Regierung zu entwickeln, zumindest einen solchen Weg aufzuzeigen, sowie der unverhohlene Streit an der Unionsspitze hat die CDU/CSU die Bundestagswahlen verlieren lassen.
Putin gab den Befehl zum Krieg
Die neue Ampelkoalition unter Olaf Scholz wollte im Wesentlichen wie bislang weiterwursteln. Grüne Farbtupfer in der Umwelt- und Menschenrechtspolitik sollten hinzukommen. Dies, obgleich ein Scheitern in der Außen- und Sicherheitspolitik immer deutlicher wurde. Dafür gab man Donald Trump, dem Gottseibeiuns der politischen Korrektheit, die Schuld. Trump aber war bereits abgewählt, und Wladimir Putin entpuppte sich als entschlossener Schurke. Er drohte nicht nur mit Krieg, er führt ihn. Obgleich Kanzler Olaf Scholz nach Moskau gereist war, um den Kremlherrn anzuflehen, zumindest offener Gewalt abzuschwören. Man werde die Ukraine nicht in die Nato aufnehmen, wie von Moskau gefordert. Vergeblich. Putin gab den Befehl zum Krieg.
Dem Kanzler blieb nichts anderes übrig, als vor dem Bundestag die Zeitenwende auszurufen. Die fertiggestellte Nord-Stream-2–Pipeline durfte kein Gas liefern. Am liebsten hätte Scholz es dabei plus einigen Sanktiönchen belassen. Die von Kiew, Washington und London geforderten Waffenlieferungen wollte der Kanzler vermeiden, er fürchtete eine Eskalation. Selbst nach Kriegsbeginn wollte Scholz mit seiner Beschwichtigungspolitik fortfahren, die sich als falsch erwiesen hatte.
Sogenannte Intellektuelle trompeteten weiterhin für eine Friedenspolitik, obgleich Putins Soldateska Feuer frei gab. Vor allem die Grünen, Hofreiter und Außenministerin Baerbock, sowie die bei der Regierungsbildung übergangene Liberale Marie Strack-Zimmermann aber begriffen, dass der Aggressor sich von Friedensappellen nicht vom Krieg abhalten ließ, sondern allein von Waffen in den Händen entschlossener Soldaten. Dies bestätigte sich auf dem Schlachtfeld.
Vom guten Willen Pekings abhängig
Im Washington hat man zudem eingesehen, dass die gleichen politischen Gesetze auch gegenüber China gelten. Derweil setzt Kanzler Scholz auch gegenüber Peking auf Verständigung, was im Reich der Mitte aber als Beschwichtigungsversuch gewertet wird. Die Grünen bestehen auf Einhaltung der Menschenrechte in China. Das aber ist nicht genug. Hinzu muss eine Strategie der verminderten Abhängigkeit kommen. Doch noch dürfen Chinas Unternehmen fast ungehindert innovative Technologie hierzulande erwerben und Deutschland mit der vitalen Infrastruktur des neuen 5G-Netzes beliefern. Damit macht sich Berlin vom guten Willen Pekings abhängig.
Dies und weit mehr hat auf den ersten Blick mit Fußball nichts zu tun. Doch wenn man eindringlich nachdenkt, erkennt man das Muster einer wirtschaftlich-politischen Nötigung. Die jahrelange Beschwichtigungshaltung der deutschen Regierungen gegenüber aggressiven Diktaturen, der Verzicht auf demokratisches Selbstbewusstsein, färbt auf Teile der deutschen und europäischen Gesellschaften ab. Verbände und Individuen, darunter der DFB und seine Kicker, meinen, am leichtesten mit der Aufgabe der eigenen Werte davonzukommen. Sie irren. Das wird immer mehr Bürgern bewusst. Sie werden schließlich eine freiheitliche Haltung Deutschlands bewirken.
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