23 Januar 2025

FOCUS-Briefing - Warum Donald Trump keine Bedrohung für uns ist, sondern ein Weckruf

Trump: "Ab sofort wird in der offiziellen Gesetzgebung der US-Regierung festgehalten, dass es nur zwei Geschlechter gibt – männlich und weiblich. “
FOCUS - Briefing
Warum Donald Trump keine Bedrohung für uns ist, sondern ein Weckruf
von Tanit Koch und Thomas Tuma, Dienstag, 21.01.2025
Woran erkennt man entschlossene Politik? An konkreten Zielen. Eines der harmloseren von Trump ist es zum Beispiel, den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umtaufen zu lassen.
Dieser eine Satz von ihm reichte neulich, und wochenlang hyperventilierte der Rest der Welt. Kleine Ansage, großes Kino. So geht das.
Was fordert Robert Habeck, immerhin Grünen-Kanzlerkandidat der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, in der Zwischenzeit? Er möchte Sozialabgaben künftig auch auf Kapitalerträge erheben. Kleinstes Karo, größter Shitstorm. So geht das eher nicht.
Natürlich tue ich Habeck Unrecht. Friedrich Merz denkt auch nicht größer. Zu seinen spektakulärsten Wahlkampfauftritten gehörte jüngst ein Weißwurstessen mit Markus Söder im Sauerland. Außerdem hat Merz angekündigt, Trump einen Gratulationsbrief schicken zu wollen. Handschriftlich. Selbst „Bild“ fragte sich, ob der US-Präsident Merz‘ Klaue entziffern kann. Nicht dass der’s für eine Kriegserklärung hält.
Ampel vs. Trump? Wie ein Tischfeuerwerk
Verwegener wird’s jedenfalls nicht. Und was Entschlossenheit angeht: Der Unions-Kanzlerkandidat schafft es nicht einmal, sich zu entscheiden, ob er mit den Grünen nun koalieren will oder nicht. Trump dagegen hat schon gestern am Tag seiner Ernennung Dutzende von Dekreten unterzeichnet, gegen die selbst die drei Ampel-Krisenjahre aktionstechnisch wie ein Tischfeuerwerk wirkten: Puff, paff, pffffiep!
Der Amerikaner dagegen sagte früh, was er tun will. Und nun tut er, was er gesagt hat. Die amerikanischen Herausforderungen ähneln übrigens unseren: Migration, Inflation und Energiepreise, Klimawende und Wokeness.Innenpolitisch heißt das für Trump: Razzien gegen kriminelle Migranten ohne Arbeitserlaubnis, „millionenfache“ Ausweisungen von illegalen Einwanderern, Schutz der US-Südgrenze – notfalls mit Militär. Drogenkartelle gelten künftig als terroristische Organisationen. Ach ja, und: Weg mit dem ganzen Gender-Kram! Es gibt zwei Geschlechter. Punkt!

Außenpolitisch kündigte er an, lieber die eigenen Grenzen schützen zu wollen als die von anderen Ländern. Was das für die Ukraine oder gar die Nato bedeutet, wird man sehen müssen. Ebenso wie die Tatsache, dass er zwar noch auf Zölle pocht, aber China, Europa und konkrete Zahlen gestern unerwähnt ließ. Anders als den Golf von Mexiko, der wirklich umbenannt und der Panamakanal, der wieder unter US-Führung kommen soll, womit wir bei seiner Wirtschaftspolitik sind.


Öl und Gas sollen es in den USA richten. Das Pariser Klimaschutzabkommen wird aufgekündigt. Wer Trump gegenüber künftig noch mit Außenhandelsüberschüssen protzt (wie Deutschland, das er eh verachtet), wird ihn kennenlernen. Trump bietet seinen Wählern klare Lösungen an.

Die müssen einem nicht gefallen. Und vielleicht sind viele davon am Ende gar nicht umsetzbar. Aber der 78-Jährige tut immerhin etwas, wo deutsche Spitzenpolitik lieber reflexhaft auf Brüssel, Bürokratie oder mangelndes Geld verweist, um bitteschön alles beim Alten zu lassen.
Weckruf für die deutsche Politik

2029 wird Trumps zweite Amtszeit zu Ende gehen. Wenn in Deutschland jetzt nicht ähnlich radikal gedacht wird, erleben wir im gleichen Jahr eine Bundestagswahl, gegen die Trumps Ära wie Weißwurstessen im Sauerland wirkt. Vielleicht ist der Mann gar keine Bedrohung, sondern ein Weckruf.

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