03 Januar 2025

Der andere Blick - Deutschland gewöhnt sich an die gewalttätigen Silvesterkrawalle. Das ist fatal (NZZ)

Jugendliche machen sich einen Spaß daraus, Feuerwerkskörper auf vorbeifahrende Autos zu schmeißen. 37 Polizisten werden allein in der Hauptstadt verletzt, 400 Täter festgenommen. Dass diese Gewalteruption auch mit Migration zu tun hat, ist offensichtlich. Die Enthemmung wird in den Polizeimeldungen am Tag danach routiniert verharmlost: „Es habe keine größeren Gewalttätigkeiten gegeben, und es habe sich ausgezahlt, dass Polizisten Feuerwehrleute bei Einsätzen geschützt hätten“, so ein Polizeisprecher. Die aufnehmende Gesellschaft hat sich dergestalt an die neuen Zustände gewöhnt, dass bürgerkriegsartige Zustände von deutschen Behörden als Petitessen abgetan werden. Wer es selbst erleidet, sieht das anders. Wie der Polizist, der gegenüber dem Tagesspiegel in seltener Offenheit berichtete: „Die haben Silvester mit Krieg verwechselt.“'
Deutschland gewöhnt sich an die gewalttätigen Silvesterkrawalle. Das ist fatal (NZZ)
Wieder kamen Hunderte Menschen in der Silvesternacht zu Schaden, wieder mussten Polizisten deutsche Innenstädte gegen Randalierer schützen. Die Geduld der Bürger ist indes endlich. Von Nathan Giwerzew, 02.01.2025, 3 Min
Am 1. Januar kurz vor 2 Uhr nachts knallt es laut im Berliner Bezirk Schöneberg. Die Fenster im Umkreis bersten, der Boden bebt, nachdem Randalierer einen illegalen Sprengsatz gezündet haben. 36 Wohnungen sind seither unbewohnbar. Die geschädigten Anwohner verbringen Silvester im Spital, bei Nachbarn oder in Kältebussen der Feuerwehr.
Nur einige Kilometer weiter, an der Weserstrasse im Bezirk Neukölln, schiesst ein junger arabischsprachiger Mann sichtlich amüsiert einen Feuerwerkskörper durch ein Fenster in eine Wohnung. Die Rakete explodiert mitten im Wohnhaus. Der Mann lädt ein Video seiner Tat auf der Plattform Instagram hoch.
Derweil kämpft ein Polizist im östlichen Bezirk Pankow um sein Leben. Randalierer haben seine Einsatzhundertschaft mit einer Kugelbombe angegriffen. Sie verwundeten ihn am Bein so schwer, dass er viel Blut verlor. In der gesamten Stadt verletzen Kriminelle 36 weitere Polizisten, insgesamt kommt es zu 400 Festnahmen. Rund 4000 Polizeibeamte sind diese Nacht in Berlin im Einsatz.
Diese Einsatzbilanz ist die neue Normalität in der Hauptstadt. Lokalzeitungen sprechen von einer «grösstenteils friedlichen» Nacht. Doch die Explosionen und Angriffe in Berlin sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der Welle der Gewalt, die die Bürger in Deutschland wieder einmal in der Silvesternacht ertragen mussten.
In der früheren Bundeshauptstadt Bonn schossen Jugendliche mit Raketen auf Obdachlose. In Köln attackierten Unbekannte Einsatzkräfte der Polizei und der Feuerwehr. An der Eisenbahnstrasse in Leipzig bewarfen sich Jugendliche gegenseitig mit Böllern und Raketen.

Überall im Land wurden Menschen durch Pyrotechnik verletzt, ihre Anzahl wird auf mehrere hundert geschätzt. Insgesamt fünf Menschen starben, weil sie mit illegalen oder selbstgebauten Feuerwerkskörpern hantiert hatten.

Inzwischen gilt es schon als gute Nachricht, wenn das schlimmstmögliche Szenario nicht eingetreten ist und die Silvesternacht in diesem Jahr nicht so gewaltsam war wie in den Jahren zuvor. Der statistisch nachweisbare Rückgang der Gewalttaten ist aber nicht der Mässigung der Täter zu verdanken, sondern allein den verstärkten Repressionsmassnahmen der Polizei.

Bereits im vergangenen Jahr setzte die Polizei in der Hauptstadt auf sogenannte Böllerverbotszonen in der Innenstadt, etwa rund um den Alexanderplatz. Damals hatte sie die Lage dort nicht in den Griff bekommen – Gruppen junger Männer beschossen sich gegenseitig mit Böllern. Diesmal war das anders. Wer immer Pyrotechnik zündete, wurde sofort festgenommen.

In mehreren anderen deutschen Städten ging die Polizei ähnlich vor. Viele Bürger haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass ein enormes Polizeiaufgebot notwendig ist, um einen halbwegs friedlichen Silvester in deutschen Städten zu ermöglichen.

Viele Täter sind jung, männlich, migrantisch

Doch es darf nicht normal sein, dass man sich überlegen muss, durch welchen Stadtteil man gemeinsam mit der Familie zum Jahreswechsel flaniert und durch welchen lieber nicht. Niemand sollte sich daran gewöhnen müssen, dass man in dieser Nacht belebte Orte, wie etwa das Brandenburger Tor in Berlin, nur noch nach einer rigorosen Taschenkontrolle betreten darf.

Dabei ist die dominierende Tätergruppe in den deutschen Innenstädten nicht schwer zu umschreiben. Meist sind es junge Männer mit Migrationshintergrund und einer einschlägigen kriminellen Biografie, die in der Silvesternacht randalieren. Sie verachten den Rechtsstaat und nehmen seine Institutionen nicht ernst.

Dazu haben sie auch keinen Grund. Bereits vor zwei Jahren, als die seit langer Zeit schlimmsten Silvesterkrawalle die deutsche Hauptstadt heimsuchten, kündigten die Behörden ein hartes Durchgreifen an. Doch von den 145 vorläufig festgenommenen Randalierern, von denen rund die Hälfte keinen deutschen Pass hatte, musste niemand in Haft. Zumeist scheiterten die angekündigten harten Strafen am Jugendstrafrecht, das in Deutschland in vielen Fällen bis zum Alter von 21 Jahren gilt.

Am Grundproblem ändern Strafprozesse ohnehin wenig: Alljährlich treffen Gruppen gewalttätiger junger Männer auf einen überforderten Staat, der die Ordnung in den Innenstädten nur noch mit Mühe aufrechterhalten kann.

Deutschland debattiert nun schon seit anderthalb Jahrzehnten über die gescheiterte Integration vieler Zuwanderer und ihrer Kinder. Seither hat es einen Zuwachs von rund 2,5 Millionen neuen Asylmigranten verzeichnet, ohne dass die Polizei signifikant besser finanziert oder mit neuen Befugnissen ausgestattet wurde.

Die Innenstädte sind ein Spiegelbild dieser Entwicklung. Womöglich wird die Bundestagswahl am 23. Februar zeigen, wie viel Toleranz die Bürger für diesen Zustand noch aufbringen.

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