Es ist eine uramerikanische Idee, dass der Bürger es besser weiß als diejenigen, die sich als Staat oder staatsverstrickte Instanz anmaßen zu kontrollieren, was wahr und richtig ist. Der Siegeszug von Donald Trump hat simultan zum Verlust der Deutungshoheit der klassischen Medien in den USA stattgefunden.
Und dieser Vertrauensverlust ist gigantisch. In den 1970er-Jahren glaubten mehr als zwei Drittel der Amerikaner den so genannten klassischen Medien. Aktuell sind es nur noch 31 Prozent, die davon ausgehen, dass die Medien „vollständig, genau und fair“ berichten. Laut einer ziemlich aktuellen Gallup-Studie (2020) halten 86 Prozent der Erwachsenen Nachrichten in großen Zeitungen, TV- und Radiosendern für voreingenommen.
Medien
können nur um Vertrauen werben, sie können es nicht voraussetzen. Das
ist für viele Journalisten, auch in Deutschland, eine narzisstische
Kränkung: Zu sehr hat man sich mit dem strengen Oberlehrer seiner Leser
verwechselt, zu sicher war man sich seiner Bedeutung, zu
unerschütterlich war der Glaube, man könne als Gatekeeper entscheiden,
was ein Thema ist und was nicht. Diese Zeiten sind vorbei.
Das Monopol der „Legacy Medien“ ist abgelaufen, aber das ist nur für jene Medien eine schlechte Nachricht, die sich satt und bequem auf die alten Privilegien verlassen haben. Die Geschwindigkeit sozialer Medien erhöht den Druck auf die klassischen Medien. Gleichzeitig gilt es, Geschwindigkeit mit Akkuratesse und Substanz zu verbinden.
Zu glauben, dass die Themen der Welt sich nach den Neigungen elitärer Teilnehmer von Redaktionskonferenzen richten, führt in Zeiten massenhafter medialer Kompetenz auch jüngster Bürgerinnen und Bürger zu einem abgehobenen Programm, das im harten Wettbewerb keine Chance hat.
Kurzum: X, Facebook
und Instagram gefährden vor allem das Geschäftsmodell jener, die sich
vor der Gegenwart verstecken. Das muss alle anderen Medien inspirieren,
besser als bisher zu werden und noch unerschrockener investigativ und
analytisch zu arbeiten, zu reportieren und zu beobachten – so wie das
soziale Medien nicht können.
Dass nun ausgerechnet die seit Jahren einseitigsten, ideologischsten, fake-news-schleudernden Elfenbeinturm-Medien und deren eitle Vorturner losheulen, dass sich auch Zuckerberg dem Musk’schen Kampf für mehr Meinungsfreiheit im radikalen Sinne anschließt, ist verräterisch. Dass viele Journalist:innen (sic!) sich beklagen, dass es jetzt noch mehr Meinungsfreiheit im Netz gibt, zeigt, wie verrutscht die Koordinaten sind. Der „Spiegel“ setzt den Begriff „freie Rede“ in Anführungszeichen – so wie einst Axel Springer heroischerweise die „DDR“.
Die EU soll es nun richten, um der „freien Rede“ (wie irre das ist, das in Anführungszeichen zu setzen) die Grenzen aufzuzeigen. Wie das in Sachen Corona aussah, konnte man auch bei Facebook studieren, wo rückblickend die absurdesten Dinge gepusht und richtige Sachverhalte unterdrückt wurden.
Dass in Deutschland ideologische Kampforgane der Linken in Gestalt putziger NGOs bei dem Faktchecking eine Art Wahrheitsindustrie konstruieren, ist ebenso schauerlich wie gefährlich. Dass zweifelhafte Läden wie „Correctiv“, „Volksverpetzer“ oder in anderer Funktion auch die so genannte „Liberale Moderne“ zu Richtern über wahr und falsch werden, ist bizarr.
Ist das Wort „Clankriminalität“ rassistisch?
Noch bizarrer ist, wenn die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman jetzt die Bundesregierung auffordert, X zu verlassen. Sie selbst gehörte zu den Gründern der Neuen Deutschen Medienmacher, die beispielhaft für den Wokeismus im Journalismus stehen und die dem Ruf und dem Ansehen der freien Medien mehr geschadet haben als die meisten sozialen Medien. Ein Beispiel: „Clankriminalität“? Rassistisch. Wer darüber berichtet, wie der „Spiegel“, ist ein rassistisches Medium.
Journalismus hat eine Aufgabe: Zu schreiben, was ist. Zu sagen, was ist. Zu zeigen, was ist. Der Journalist unterliegt dabei hohen professionellen und ethischen Standards. Es ist nicht seine Aufgabe zu sagen, wie er es gerne hätte. Und schon gar nicht ist es seine Aufgabe, Diskussionen ängstlich und heulsusig in einem engen Korridor zu halten, der am Ende vor allem den eigenen ökonomischen und weltanschaulichen Interessen des Milieus dient.
Auch auf sozialen Medien stiften die klassischen
Medienmarken Vertrauen, noch mehr sind es Gesichter und Köpfe, deren
Arbeiten man (seit Jahren und Jahrzehnten) kennt und wertschätzt. Sich
vor X und Facebook zu verstecken und in linke Nischen zu flüchten, wie
das viele Journalisten getan haben, ist ein Offenbarungseid.
Gute Verlage sind künftig wie Plattenlabels früher, die den besten Künstlern ihrer Zeit perfekte Produktionsbedingungen und Vertriebskanäle anbieten, ein inspirierendes Miteinander und akkumuliertes Wissen aus den unterschiedlichen Wissens- und Gedankenwelten freier Geister.
X und Facebook und Instagram
haben die Welt besser und nicht schlechter gemacht – und auch nicht
Journalismus besser oder schlechter. Die Zeiten sind einfach nur vorbei,
in denen man mit schlechtem, zeitgeistlichen Journalismus ein gutes
Leben führen konnte.
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