05 Januar 2025

Studie zur Auswanderung - Deutschland muss für die eigene Jugend wieder attraktiv werden

Studie zur Auswanderung
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Deutschland muss für die eigene Jugend wieder attraktiv werden
Deutschlands Politik hofft auf zuwandernde Fachkräfte und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Lebensbedingungen einen wachsenden Teil seiner eigenen Jugend auswanderungswillig machen. Die Migrationspolitik ist in einer fatalen Schieflage.
VON FERDINAND KNAUSS am 3. Januar 2025 3 min
Die Studie der Unternehmensberatung EY bestätigt und dramatisiert nur, was die Zahlen der jüngeren Vergangenheit schon längst erkennen lassen: Deutschland ist nicht nur ein Einwanderungsland, sondern in wachsendem Maße ein Auswanderungsland. Mehr als 40 Prozent der deutschen Studenten können sich vorstellen, Deutschland der Karriere wegen zu verlassen. Das ist eine Steigerung um gut 50 Prozent, verglichen mit dem Jahr 2022. Für die Studie, die Welt vorab vorlag, hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft bundesweit mehr als 2000 Studenten befragt. 
Der Drang ins Ausland ist bei jungen Männern (42 Prozent) etwas stärker als bei jungen Frauen (40 Prozent), ist in den letzten beiden Jahren aber bei beiden Geschlechtern gestiegen. Gut ein Viertel der von EY befragten Studenten sind in Ingenieurwissenschaften oder Informatik eingeschrieben. Es sind also zum großen Teil genau solche Fachkräfte, an denen es der deutschen Wirtschaft mangelt. Eine andere Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hat vor Kurzem außerdem gezeigt, dass deutsche Auswanderer besonders oft zufriedener mit ihrem Leben werden. Wer auswandert, hat gute Chancen, seine Lebenszufriedenheit zu steigern, und zwar deutlich. Am stärksten ist der Effekt bei Singles.

Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis, das die auswandernden und auswanderungswilligen jungen Deutschen den Regierenden und ganz generell den tonangebenden Eliten dieses Landes ausstellen. Sie erkennen Deutschland als ein Land, das die Leistungsfähigen und -willigen vergrault und zugleich die Versorgungssuchenden anzieht. Während Politiker fast aller Couleur sich und vor allem ihren Wählern von der (Fachkräfte-)Einwanderung neue Wachstumskräfte für eine längst ausgewachsene Wirtschaft und die Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme versprechen, verlassen tatsächlich in Scharen ausgerechnet jene das eigene Land, die für diese Stabilität unverzichtbar sind: die jungen leistungsfähigen Einheimischen. 

Migrationspolitik sollte auch die Auswanderung in den Blick nehmen 

Diese Entwicklung ist natürlich ein verheerendes Indiz für die Aussichten der deutschen Wirtschaft. Aber die strukturellen Auswirkungen gehen weit darüber hinaus. Keine Gesellschaft kann auf längere Sicht den Exodus gerade der fähigsten Teile ihrer eigenen, ohnehin demografisch extrem geschrumpften Jugend verkraften und durch den Zuzug meist weniger gebildeter junger Menschen kompensieren. Man muss weder Kulturpessimist noch Verschwörungstheoretiker sein, um in dieser Entwicklung auch eine fundamentale soziale und kulturelle Destabilisierung zu erkennen, die über kurz oder lang zu schweren Verwerfungen führen muss, die ja auch nicht nur in der Silvesternacht längst schon spürbar sind.
Zur Migrationswende, die die Unionsparteien im derzeitigen Wahlkampf versprechen, und ganz generell zu jenem vermeintlichen Bemühen aller Parteien, den sogenannten „Fachkräftemangel“ zu beheben, müsste unbedingt an erster Stelle nicht das Anwerben ausländischer Fachkräfte, sondern zunächst das Halten der jungen, leistungsfähigen Deutschen gehören. Die zentralen politischen Stellschrauben hierfür sind übrigens gar nicht zu trennen von jenen, die Deutschland so fatal attraktiv für potentielle Versorgungsempfänger machen: Die staatliche Umverteilung zu Gunsten nicht Arbeitswilliger oder -fähiger und zu Lasten der Steuer- und Abgabenzahler muss zurückgedreht werden. Deutschland muss wieder das Land der Fleißigen und auf eigenen Füßen Stehenden werden. Dann bleiben die auch hier.

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