27 August 2025

The Pioneer: Bundestag - Trotz Abschied: Habeck bleibt

Habeck: Erst die Wirtschaft ruiniert, dann fluchtartig das Land verlassen
Business Class Edition
Bundestag -Trotz Abschied: Habeck bleibt
Gabor Steingart, 26.08.2025, 7 Min
Der ehemalige grüne Wirtschaftsminister verlässt die Politik – aber nicht so ganz. Denn in Friedrich Merz steckt mehr Robert Habeck als den CDU-Wählern lieb sein kann.
Der gescheiterte grüne Spitzenkandidat sagte gestern:

"Ich habe versucht, eine politische Idee zu leben, aber ich bin abgewählt worden und damit auch diese Idee. Da kann man nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts geschehen."

Doch die Begründung hält einer Überprüfung nicht stand. Richtig ist zwar: Die Regierung, deren Vizekanzler er war, wurde abgewählt. Aber die Ideen der alten Regierung leben in der Nachfolgerin fort – und zwar so, als wäre nichts gewesen. Die Große Koalition zeigt sich dem Publikum als ein hybrides Fabelwesen: Außen schwarz-rot; innen grün.
Wenn Habeck nicht Literaturwissenschaftler, sondern Patentanwalt wäre, könnte er noch heute Klage gegen CDU, CSU und SPD einreichen. Denn deren Regierungspolitik ist gerade in der Wirtschafts-, Finanz- und Energiepolitik ein nur schlecht getarntes Plagiat seiner wildesten Ideen. Hier ein Indizienprozess:
Indiz #1: Aus grünen Schulden wurden schwarze Schulden
Begleitet von einem Feuerwerk der Kritik, abgefeuert aus den Rohren von FDP, CDU und SPD, schlug Habeck im Oktober 2024 einen milliardenschweren „Deutschlandfonds“ vor, der sich aus Schulden speisen sollte. Er wollte jenes Wachstum erzeugen, das die Privatwirtschaft ihm versagt hatte. Der heutige Kanzleramtsminister Thorsten Frei warf ihm eine „unglaubliche Staatsgläubigkeit“ vor.
Knapp ein halbes Jahr später haben Union und SPD die Schuldenbremse demontiert, um mit dem größten Schuldenpaket aller Zeiten das Wirtschaftswachstum ihrerseits anzukurbeln. Das Gift von damals heißt jetzt „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität“. Alles ist wie unter Habeck – nur die Schuldensumme hat sich mittlerweile vervielfacht.
Indiz #2: Die grüne Energiepolitik wird fortgesetzt
Der grüne Wirtschaftsminister schaltete die letzten Kernkraftwerke ab und trieb den Ausbau der erneuerbaren Energie eifrig voran. „Ich bin wirklich stolz auf das, was wir erreicht haben“, sagte er. Merz war nicht stolz, sondern kritisch: Windräder waren für ihn eine „hässliche Übergangstechnologie“ und die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in der Energiekrise „eine ideologisch motivierte Fehlentscheidung der Ampel“, heißt es in einem Diskussionspapier der Union.

Nach dem Regierungswechsel vollzog Merz die Abkehr, aber nicht von Habeck, sondern von sich selbst. Den beschleunigten Ausbau von Solar- und Windparks hat man nicht gestoppt, sondern fortgesetzt. Im Koalitionsvertrag bekennt man sich zur Klimaneutralität im Jahr 2045 – fünf Jahre vor dem übrigen Europa. Die Kernenergie wird im Koalitionsvertrag nicht erwähnt – also beerdigt.

Indiz #3: Es lebe die Wärmepumpe

Was im Steakhouse das „Prime Rib“ ist, war bei Robert Habeck die Wärmepumpe und sein „Golden Beef Club“ hieß „All Electric Society“. Die Wärmepumpe sollte als Ersatz für Ölheizung und Kohleofen flächendeckend installiert werden. Welche Empörung! Und kaum ist der Vater der Idee abgetreten, machen die anderen was? Einfach weiter.

Die Förderung bleibt in diesem und nächsten Jahr „stabil“, freut sich der Bundesverband Wärmepumpe. Die Wärmepumpe lebt. Sie hat nur die Farbe gewechselt.

Indiz #4: Steuerzahlergeld für grünen Stahl gestern, heute, morgen

Staatsgeld für Stahl: Habeck subventionierte den grünen Stahl, wo er nur konnte. Ohne Stahlwerke drohe der Abstieg ganzer Industrieregionen – schlecht für die Demokratie, schlecht für die Unabhängigkeit, so Habeck damals. Zwei Milliarden gab es für Thyssenkrupp Steel, eine Milliarde für die Salzgitter AG und auch für die Stahl-Holding-Saar und ArcelorMittal flossen Milliarden-Subventionen.

Der damalige Oppositionsführer der Union verschränkte die Arme vor der Brust. Merz im Wahlkampf:

Ich glaube persönlich nicht, dass der schnelle Wechsel hin zum wasserstoffbetriebenen Stahlwerk erfolgreich sein wird.

Monate später ist Merz im Glauben konvertiert. Anfang des Monats verkündete der neue Kanzler im Saarland:

Deutschland braucht auch in Zukunft eine Stahlindustrie, eine moderne Stahlindustrie, auch hin zur grünen Stahlindustrie.

Indiz #5: Die grüne Mitte

Habeck sagt: „Meine Idee war immer, dass man die Grünen mit einem progressiven Liberalismus in die gesellschaftliche Mitte führt, um das Zentrum zu stabilisieren.“
uch diese Idee von ihm ist nicht tot, sondern quicklebendig. Sie lebt weiter im nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und vielen anderen Christdemokraten, die geräuscharm mit den Grünen regieren und auch im Bund von Schwarz-Grün träumen. Man will nicht konservativ, sondern anschlussfähig sein. Man hofft darauf, bei nächster Gelegenheit die SPD gegen die Grünen (und Merz gegen Wüst) eintauschen zu können.

Fazit: Die Krokodilstränen, die zum Abschied von Robert Habeck vergossen wurden, sind zu früh geflossen. Wenn es in der Politik aufrichtig zuginge, müsste die Bundestagsverwaltung am ehemaligen Habeck-Stuhl auf der Regierungsbank eine Metallplakette anschrauben. Die Aufschrift könnte sie dem Refrain einer rheinischen Ballade entnehmen:
Niemals geht man so ganz. Irgendwas von mir bleibt hier.

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