17 August 2025

Bürgergeld - Der gekaufte Lohnabstand (WELT+)

Bürgergeld
Der gekaufte Lohnabstand (WELT+)
Von Fatina Keilani, Redakteurin im Ressort Meinungsfreiheit,14.08.2025 Lesedauer: 3 Min
Arbeit lohne sich im Vergleich zum Bürgergeld immer, selbst beim Mindestlohn – rechnet eine gewerkschaftsnahe Studie vor. Dabei blendet sie einen entscheidenden Faktor aus, der den Vergleich verzerrt.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat vorgerechnet, dass sich das Arbeiten im Vergleich zum Bürgergeld immer lohne, selbst wenn der Job nur nach Mindestlohn vergütet wird. Wer arbeitet, habe am Monatsende deutlich mehr Geld. Das klingt beruhigend – bis man genauer hinschaut.
Denn die Rechnung hat mehrere Schönheitsfehler. Zum einen: Der behauptete „Lohnabstand“ kommt nicht allein vom Lohn, sondern von zusätzlichen Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag. Mit anderen Worten: Es ist nicht die Arbeit selbst, die den Abstand schafft, sondern staatliche Zuschüsse. Das ist so ähnlich, als würde man einen Marathon gewinnen, weil man mit dem Taxi zum Ziel gefahren ist – offiziell im Ziel, aber nicht aus eigener Kraft. Zudem hat man den ganzen bürokratischen Aufwand mit den Behörden, um die zusätzlichen Sozialleistungen zu erhalten. Diesen Aufwand kann man sich als Bürgergeldbezieher sparen.
Und zweitens ist da noch die Frage: Was bedeutet „lohnt“ über die Zahlen hinaus? Der wichtigste Faktor lässt sich gar nicht in Zahlen darstellen: Für viele ist es beruhigend, dass die Miete übernommen wird und dass sie keine Sorge vor Mieterhöhungen und Heizkosten haben müssen.
Es hatte im ersten Winter des Ukraine-Krieges ja regelrechten Sozialneid ausgelöst, dass Transferleistungsempfänger als einzige sorgenfrei in warmen Wohnungen sitzen konnten, während bei allen anderen die Heizkosten explodierten. Zudem ist die Krankenversicherung bei Bürgergeldempfängern abgedeckt.
Dann ist besonders auffällig, wie sehr die Miete den Vergleich verzerrt. In Städten mit hohen Wohnkosten schmilzt der Abstand zwischen Bürgergeld und Arbeit schnell zusammen. Wer in München eine kleine Wohnung bezahlen muss, hat trotz Arbeit oft nicht viel mehr übrig als jemand im Leistungsbezug – weil der größte Teil des Einkommens direkt an den Vermieter fließt.

Die Berechnung der Böckler-Stiftung sieht zum Beispiel bei einem männlichen Single in München ein Plus von 380 Euro durch Arbeit statt Bürgergeld. Man kann leicht sagen: Na also, es „lohnt“, wenn man „lohnen“ nur auf Euro und Cent bezieht. Als Miete werden für den männlichen Single lächerliche 451 Euro angesetzt. Es „lohnt“ tatsächlich aber schon nicht, wenn man dafür 160 Arbeitsstunden erbringen muss. Von der Miete ganz zu schweigen.

Viele Bürgergeldbezieher haben für sich längst eine Mischkalkulation. Die Sozialleistung deckt die Miete, Heizung, Krankenkasse und Rundfunkgebühr sowie das Nötigste zum Leben ab. Das ist der Sockel. Was man darüber hinaus braucht, wird schwarz hinzuverdient.

Wenn mehr Menschen arbeiten sollen, reicht es nicht, den Abstand mit Sozialleistungen künstlich aufzupolstern. Dann braucht es ein gemischtes System aus besseren Anreizen und mehr Druck auf Faulenzer.

Arbeit muss genug Geld bringen, ohne dass Arbeitnehmer noch einen erniedrigenden Antragswust bei Behörden abarbeiten müssen. Der gekaufte Lohnabstand ist steuerfinanziert. Es braucht stattdessen niedrigere Steuern und Abgaben, eine schlanke Verwaltung und mehr Netto von Brutto. Und es braucht bezahlbare Mieten. Wer so viel Migration zulässt wie Deutschland, muss für entsprechenden Neubau sorgen.

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