Nach
Angaben der Bundesanwaltschaft handelten die vier Beschuldigten im
Auftrag von Khalil Al Kharraz – dem stellvertretenden Kommandeur der Kassam-Brigaden im Libanon, dem militärischen Arm der Hamas.
Laut der Anklageschrift hatten die Verdächtigen innerhalb der Hamas
„wichtige Positionen mit unmittelbarer Anbindung an Führungskräfte des
militärischen Flügels“ inne. Aus dem Libanon soll Al Kharraz die
operativen Aktivitäten der Männer „befehligt“ und „gesteuert“ haben. Wie
konkret die Anschlagspläne bereits waren und ob es eine Abstimmung mit
der politischen Führung der Hamas in Katar gab – wo die Elite der
Organisation bis heute in Doha unbehelligt lebt –, ist derzeit noch
unklar.
Palästinensischer Terror hat eine lange Geschichte
In den vergangenen Wochen hat Israel zahlreiche führende Hamas-Mitglieder in Gaza getötet, weshalb Experten die Terrororganisation dort mittlerweile im Kampf um ihr Überleben sehen. Sicherheitskreisen zufolge soll es innerhalb der Hamas tiefe Meinungsverschiedenheiten darüber geben, ob Anschläge in Europa geplant oder ausgeführt werden sollen. „Palästinensischer Terror war insbesondere in den 1970er Jahren ein durchaus wirkungsvolles Mittel, um politischen Druck auf westliche Regierungen auszuüben“, erklärt Schindler. Deutschland, als zweitgrößter Waffenexporteur nach Israel, könnte in diesem Szenario ein besonders interessantes Ziel für die Hamas sein.
Neben möglichen
koordinierten Aktionen geht nach Einschätzung des Verfassungsschutzes
vor allem eine erhebliche Gefahr von radikalisierten Einzeltätern aus.
Die teils erschütternden Bilder aus Gaza sorgen weltweit für starke
Emotionen. Zugleich befeuert die Propaganda der Hamas antisemitische
Stimmungen und schürt Hass auf Israel. Und das durchaus mit Erfolg: Im
Oktober 2023 versuchten Unbekannte, Molotowcocktails auf eine Synagoge
in Berlin-Mitte zu werfen. Ein 18-jähriger Österreicher schoss im September 2024 auf das israelische Generalkonsulat in München.
Ihr radikales politisches Ziel brachte die Hamas bereits 1988 in einer
Charta unmissverständlich zum Ausdruck: die vollständige Vernichtung des
israelischen Staates. Seit 2001 führt die Europäische Union die Hamas
auf ihrer Liste terroristischer Gruppierungen. In Deutschland ist im
November 2023 ein Betätigungsverbot gegen die radikal-islamistische
Organisation ausgesprochen worden – als unmittelbare Reaktion auf die
verheerenden Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel. Seither
sind im Bundesgebiet alle Aktivitäten und das öffentliche Verwenden von
Symbolen oder Propaganda der Hamas untersagt.
Professionell, strukturiert, vernetzt
Die Hamas lässt sich dennoch nicht davon abhalten, seit Jahren systematisch verschleierte Strukturen in Europa aufzubauen. Nicht nur die hohe Militanz der Organisation, sondern auch ihr Grad an Professionalität stellen unsere Sicherheitsbehörden vor große Herausforderungen. Nach Schätzungen umfasst die Hamas in Deutschland rund 450 Mitglieder, zudem ist von mehreren Tausend Unterstützern die Rede. Laut dem Verfassungsschutzbericht von 2022 will die Hamas in Deutschland „Spenden sammeln, neue Anhängerinnen und Anhänger rekrutieren und ihre Propaganda verbreiten“.
Wenn es um die Hamas-Hintermänner in
Deutschland geht, fällt unter Szenekennern immer wieder ein Name: Majed
Al-Zeer. Der Mann aus dem Westjordanland, der in seinem Wohnumfeld
betont bieder auftritt, soll laut Informationen der Welt bis
zuletzt noch in einem Haus in Berlin gelebt haben. Der 63-jährige
Al-Zeer stand über viele Jahre an der Spitze der NGO Palestinian Return
Centre, die laut Verfassungsschutz eine zentrale Propagandaorganisation
der Hamas in Europa ist.
In einer im Oktober erschienenen Presseerklärung des amerikanischen Finanzministeriums wird Al-Zeer außerdem als zentrale Figur bei der Beschaffung von Geldern bezeichnet – und als ranghöchster Vertreter der Hamas in Deutschland.
Laut ZDF-Recherchen soll Al-Zeer zuständig sein für ein in ganz Europa agierendes Netzwerk aus Hamas-nahen Lobbygruppen. Häufig treten die von Al-Zeer geleiteten NGOs in der Öffentlichkeit als harmlose palästinensische Interessenvertreter auf: so auch der sogenannte EUPAC (European Palestinian Council for Political Relations) mit Sitz in Brüssel. Laut Europol-Akten, die dem ZDF exklusiv vorliegen, soll Al-Zeer in der Vergangenheit immer wieder transnationale Treffen mit Hamas-Funktionären organisiert haben.
„Die Massenmobilisierung auf den Straßen und europaweite Konferenzen mit mehreren Tausend Teilnehmenden sind allerdings ohne europäische und internationale Netzwerke von der Muslimbruderschaft nahestehenden und inspirierten Organisationen kaum denkbar“, erklärt Kim Robin Stoller vom Internationalen Institut für Bildung, Sozial- und Antisemitismusforschung. Dadurch reiche der Einfluss weit über die palästinensische Community hinaus in arabisch- und türkischsprachige Bevölkerungsteile. Wichtig ist dabei ein grundlegender Zusammenhang: Die Hamas ist der palästinensische Ableger der Muslimbruderschaft im Gazastreifen.
Neben staatlicher
Unterstützung aus dem Iran, aus Katar und der Türkei stellt auch der
Westen eine bedeutende Finanzierungsquelle für die Terrororganisation
dar. In Deutschland fließen Gelder über ein undurchsichtiges Geflecht
aus Wohltätigkeitsorganisationen und Moscheen mit Verbindungen zur
Muslimbruderschaft. Dazu zählten die inzwischen verbotenen Vereine
Al-Aqsa, die Internationale Humanitäre Hilfsorganisation oder Ansaar
International.
Firmennetzwerke in Europa finanzieren Teile des Hamas-Terrors
In den vergangenen Jahren haben sich auch neue Entwicklungen abgezeichnet: So wurden auf Zypern und in Spanien Firmen aufgedeckt, die der Hamas zugeordnet werden konnten. „Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Hamas auch in Deutschland längst schon ähnliche Firmen etabliert hat“, sagt Terrorexperte Schindler.
Einer Recherche der Welt
zufolge machen private Spendenaufrufe in Deutschland und Europa jedoch
den größten Anteil aus – oft getarnt als humanitäre Hilfsleistungen und
verbreitet über soziale Netzwerke.
Nach Angaben ausländischer Sicherheitsbehörden sollen im Jahr 2024 auf
diese Weise Gelder in Höhe von rund 100 Millionen Euro an die Hamas
geflossen sein.
Als zentrale Anlaufstelle der radikalen propalästinensischen Szene galt lange Zeit der seit November 2023 verbotene Verein Samidoun. In den vergangenen Monaten ist die extremistische Gruppe Masar Badil zunehmend in den Fokus der deutschen Sicherheitsbehörden geraten: 2024 warnte der Berliner Verfassungsschutz vor der links-palästinensischen Organisation, die enge Verbindungen zur Hamas unterhalten soll. Beobachter stufen die Gruppe in Deutschland als direkte Nachfolgeorganisation von Samidoun ein.
Masar Badil richtet
regelmäßig Webinare und Veranstaltungen aus, die der radikalisierten
Palästinaszene eine engere Vernetzung mit Funktionären der Hamas und
der linken, panarabischen PFLP ermöglichen sollen. Die sich als
antiimperialistisch und antizionistisch verstehende Organisation möchte
gezielt Studenten für die Hamas-Propaganda gewinnen: „Es ist Zeit für
eine revolutionäre Eskalation der globalen Studierenden“, lautet einer
ihrer Slogans. Es waren auch immer wieder Aktivisten von Masar Badil,
die an Besetzungen deutscher Universitäten teilnahmen – wie etwa an der
Berliner Humboldt-Universität im Mai 2024.
Hamas-Propaganda durchdringt immer mehr Gesellschaftsschichten
„Im Westen wird häufig unterschätzt, wie strategisch die Hamas ihre Propaganda einsetzt“, sagt Schindler. Die Organisation wisse nur zu gut, dass moderner Terrorismus in erster Linie ein Kampf um die Köpfe sei – ein ideologischer Wettstreit um Narrative und Deutungshoheit. Die beliebtesten Mittel der Wahl: soziale Medien und Demonstrationen.
Mit
hochemotionalisierenden Bildern getöteter Kleinkinder, aber auch mit
Begriffen wie „Genozid“ und „Apartheidstaat“, wird versucht, den Staat
Israel zu delegitimieren. In der Verbreitung ihrer Narrative setzt die
Hamas dabei auf dezentrale Strukturen und die propalästinensische Szene,
darunter auch Influencer wie die 37-jährige Yasemin Acar.
Die Frau mit kurdisch-türkischen Wurzeln erreicht auf Instagram rund 258 000 Follower und zählt in Deutschland zu den prominentesten Stimmen in der radikalen propalästinensischen Szene. Mehrfach war in ihren Beiträgen die Parole „From the river to the sea“ zu lesen. In einem Video feierte Acar iranische Raketen auf Israel und kommentierte den Angriff mit den Worten: „Israel is a bitch.“ Auf propalästinensischen Demonstrationen in Berlin tritt Acar regelmäßig als gefeierte Rednerin auf. Im April 2025 wurde sie wegen des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen und Angriffen auf Polizisten angeklagt. Nur einen Monat später reiste die 37-Jährige mit dem Segelschiff „Madleen“ in Richtung Gaza. Mit an Bord: Greta Thunberg.
„Die
Hamas möchte sich durch ihre Propaganda ein friedliches Image geben –
fern von Hinrichtungen und Vergewaltigungen“, erklärt Schindler. Unter
dem Titel „Our Narrative … Operation Al-Aqsa Flood“ veröffentlichte die
Terrororganisation etwa im Januar 2024 ein 16-seitiges Dokument. Darin
leugnet die Organisation die Gräueltaten gegenüber der israelischen
Zivilbevölkerung und stilisiert ihren Terror als antiimperialistischen
Freiheitskampf. Mit einem akademischen Duktus und in englischer Sprache
will die Hamas ein westliches Publikum erreichen.
„Deutschlands mutigste Demonstrantin“
Wie gut die Propaganda funktioniert, zeigt sich längst auch auf angeblichen propalästinensischen Demonstrationen, vor allem in Berlin. An einem Samstag im Juli versammeln sich rund 300 Demonstranten aus der radikal-palästinensischen Szene auf der Kantstraße in Charlottenburg. Es wehen palästinensische Flaggen in der heißen Berliner Luft, auf Plakaten wird Israels Premierminister Netanjahu als Kriegsverbrecher dargestellt. Viele Demonstranten tragen Kufija, das sogenannte „Palästinensertuch“, auf Schals ist der Felsendom in Jerusalem zu sehen. Junge arabische Männer skandieren lautstark Sprechchöre, die von der Menge nachgesungen werden: Immer wieder brüllen sie „Israel is a terror state“.
Am Rande der Versammlung steht eine Frau in einem roten
Sommerkleid. In der einen Hand hält sie rote Blumen, in der anderen ein
Schild: „Until the last hostages“ – ein stiller Hinweis auf die mehr als
50 israelischen Geiseln, die noch immer im Gazastreifen gefangen
gehalten werden. Die Frau, die das Schild hält, ist die Juristin und
FDP-Politikerin Karoline Preisler. Die Bild-Zeitung nannte sie einst „Deutschlands mutigste Demonstrantin“.
Seit dem 7. Oktober 2023 steht sie fast jedes Wochenende auf antiisraelischen Kundgebungen in Berlin – mit einem Schild in der Hand und einer Blume, die längst zu ihren Markenzeichen geworden sind. „Ich möchte nicht hinnehmen, dass dieser Israelhass unwidersprochen auf deutschen Straßen stattfinden kann“, sagt Preisler gegenüber Cicero. Und fügt an: „Meine Wahrnehmung ist, dass die Demonstrationen von Monat zu Monat immer aggressiver werden – das Gewaltpotenzial wächst.“
Was
Preisler meint, wird auch an diesem Tag deutlich. Eine Frau mittleren
Alters, offenkundig aus dem linken Spektrum und mit Kufija bekleidet,
formt mit ihrer Hand eine Pistole, mit der sie auf Preisler feuert. Ein
älterer arabischer Mann mit dünnem Haar schreit wiederholt „Hure“ in
ihre Richtung. Und immer wieder versuchen männliche Demonstranten, den
um Preisler herum gebildeten Polizeiring zu durchbrechen. „Wenn ich den
Schutz der Polizei nicht hätte, würde ich auf offener Straße
hingerichtet werden“, sagt sie.
Preislers neue Lebensrealität
Das Ausmaß der
Gewaltandrohungen gegen Preisler schockiert. Bis zu zehn Morddrohungen
erhalte sie an durchschnittlichen Tagen auf Twitter und Instagram von
zumeist linken und arabischen Personen: „Ich treffe auf eine
fürchterliche Machokultur. Die Drohungen sind in erheblichem Ausmaß
sexuelle Gewaltfantasien“, sagt sie. Die Sicherheitslage ist ernst:
Zweimal hat der Staatsschutz Preisler bereits angerufen und ihr
mitgeteilt, dass sie ihre Wohnung wegen akuter Sicherheitsbedenken für
den Besuch einer Demonstration nicht verlassen sollte. „Das ist leider
meine neue Lebensrealität“, sagt Preisler.
Es folgt eine Lautsprecherdurchsage der Polizei. Der Demonstrationszug wird an der Ecke Wielandstraße gestoppt – zu viele Straftaten seien begangen worden. Demonstranten sollen unter anderem den bereits 2024 getöteten Hamas-Chef Yahya Sinwar gefeiert haben. Als die Polizisten gezielt Verdächtige aus der Menschenmenge ziehen, entsteht Hektik: Laute Schreie, junge Männer stürmen herbei und filmen mit ihren Smartphones. Es sind immer wieder die gleichen Szenen. „Das sind häufig junge Männer aus dem islamistischen Spektrum – das Videomaterial wird später auf Telegram und Tiktok für Propaganda genutzt“, weiß Preisler. Und immer wieder kommt es auf Demonstrationen wie dieser auch zu Gewalt gegen Polizisten und Journalisten.
Die Bilanz des Tages: 18 Festnahmen – unter anderem wegen Widerstands gegen Einsatzkräfte, dem Rufen verbotener Parolen und dem Zeigen illegaler Symbole. Eine junge Frau in schwarzem Rock läuft weinend aus der Menschenmenge: „Hättet ihr das auch gemacht, wenn ich eine Bio-Deutsche wäre? Das ist rassistisch!“, schreit sie einen der Beamten an. Kurz vor Schluss der Demonstration sucht Preisler das letzte Mal den Kontakt – und macht eine Beobachtung: „Schauen Sie, der junge Mann und die ältere Frau gehören beide dem Barbakh-Clan an. In Berlin haben sie viel zu sagen.“
Mehr als 300 Familienmitglieder des aus Khan Yunis in Gaza
stammenden Barbakh-Clans sollen schätzungsweise bereits in Berlin
leben – die meisten von ihnen in Neukölln und Kreuzberg. Laut
Medienberichten lehnt der Clan in Gaza die Herrschaft der Hamas im Süden
des Gazastreifens ab. In Berlin hingegen positionieren sich Teile des
Clans anders: Mitglieder der Familie haben wiederholt Fotos und Videos
mit Hamas-Dreiecken und Parolen gepostet, in denen sie sich als
Al-Kassam-Jugend bezeichnen. Doch sie nutzen nicht nur Tiktok und
Instagram in ihrem antiisraelischen Kampf: Bei großen
propalästinensischen Demonstrationen in Berlin treten sie häufig als
Ordner auf und sollen eine wichtige Rolle bei der Organisation der
Kundgebungen spielen. Über 360 Verfahren gegen Mitglieder des
Barbakh-Clans verzeichnet die Polizei – zumeist wegen Volksverhetzung
und Körperverletzung.
Der letzte Widerstand gegen die „Widerstandskämpfer“
Der lange Arm der Hamas-Unterstützer reicht also bereits bis tief in deutsche Großstädte hinein. Das musste auch Huthaifa Al-Mashhadani in Berlin-Neukölln erfahren. Geschockt war der Vorstandsvorsitzende der Ibn-Khaldun-Sprachschule, als er im Januar dieses Jahres mehrere rote Hamas-Dreiecke im Eingangsbereich seiner Einrichtung entdeckte. Mit einem Smartphone hat er die Schmierereien dokumentiert: Neben den Dreiecken prangen auch arabische Schriftzüge an den Wänden. Parolen wie „Wir sind stolz auf den Widerstand“ und „Verräter“ sind zu lesen. Sein Name ist auf dem Klingelschild mit roter Farbe durchgestrichen. Für Al-Mashhadani steht fest: „Das ist eine Morddrohung.“
Für den
gebürtigen Iraker und seine Sprachschule ist dies kein Einzelfall.
Wenige Monate vor dem Vorfall warfen Unbekannte bereits einen Stein in
eines der Klassenzimmer. Die Splitter der zerbrochenen Fensterscheibe
verletzten drei Schüler. Im Juni 2025 verteilten Anhänger der Hamas auf
dem Neuköllner Herrmannplatz, der nahen Karl-Marx-Straße und der
Sonnenallee einen Drohbrief. In arabischer und englischer Schrift war zu
lesen: „Der Anschlagsversuch auf Al-Mashhadani ist gescheitert –
vorerst zumindest.“ Unterschrieben ist der Brief mit den Worten
„Islamischer Widerstand – Hamas“.
Spätestens seit seiner deutlichen Verurteilung des Terrors vom 7. Oktober gilt der Politologe als Feindbild der radikalen Hamas-Anhänger in Berlin. Und noch etwas ist der Hamas-Szene ein Dorn im Auge: Al-Mashhadani sucht mit seiner Sprachschule den Kontakt zur jüdischen Gemeinde in der Hauptstadt. Im April 2024 besuchte eine israelische Klasse die Sprachschule in Neukölln. „Die Schüler haben sich sofort verstanden, bis heute besteht der Kontakt zu ihnen.“
Ohne Polizeischutz kein Unterricht
Die
säkulare Sprachschule hat einen Seltenheitswert in Neukölln. Frei von
ideologischen oder religiösen Zielen und ohne ausländische Finanzierung
steht der Bildungsauftrag an erster Stelle. „Die arabischen Eltern
unserer Schüler möchten das Beste für ihre Kinder und entscheiden sich
bewusst gegen eine Moschee im Hinterhof“, erzählt Al-Mashhadani stolz.
„Diese Eltern sind den ideologischen Hass und den religiösen Eifer leid
und möchten einfach nur ein friedliches und ruhiges Leben.“
Der Erfolg der Sprachschule lässt sich auch in Zahlen messen: Während
vor dem 7. Oktober 2023 rund 400 Kinder die Schule besuchten, sind es
heute weit über 700. Aufgrund des Andrangs mussten zwei religiöse
Sprachschulen in unmittelbarer Nachbarschaft sogar schließen. Sie wurden
nicht mehr gebraucht.
„Für die Hamas und ihre Anhänger ist unsere Schule wie ein abtrünniges Wespennest“, sagt Al-Mashhadani. Immer wieder kommt es vor, dass Unterstützer der Hamas gezielt die Eltern abfangen – teilweise vor ihren Wohnungen. Selbst vor dem Schulgebäude zwischen Baklava-Bäckereien und Schawarma-Restaurants patrouillierten regelmäßig arabische Männer. Sie erzählten den Eltern, bei dem Schulgründer Al-Mashhadani handle es sich in Wahrheit um einen israelischen Spion. Bereits 39 Schüler seien infolgedessen von der Schule abgemeldet worden.
An den Anblick des Polizeiwagens haben sich die Schüler in der Uthmannstraße längst gewöhnt. Es sind Beamte des LKA, die den Eingangsbereich der Sprachschule sichern. Doppelte Fensterscheiben sorgen in den Klassenräumen nun für zusätzlichen Schutz. Ohne den engen Kontakt mit der Berliner Polizei wäre Al-Mashhadanis Arbeit nicht denkbar, sagt er: „Dann müssten wir Angst um unser Leben haben.“
Und Karoline Preisler – die sich auf Demonstrationen immer wieder ernsthaften Gefahren aussetzt –, wie blickt sie in die Zukunft? „Ich stehe im Fadenkreuz der Hamas – zu behaupten, ich hätte keine Angst vor einem Attentat, wäre eine Lüge“, sagt die vierfache Mutter. „Doch bis zu diesem Tag möchte ich mir nicht vorwerfen lassen müssen, nicht alles für die Freiheit der Geiseln, meiner Kinder und der zukünftigen Generation in Deutschland getan zu haben.“
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