Zur Sache: Die wahren Kosten des Bürgergelds (The Pioneer)
Michael Graf von Bassewit, 25.08.2025, 5 Min
„Der
Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir
volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar“, sagte
Bundeskanzler Friedrich Merz auf dem Landesparteitag der CDU in Niedersachsen am Wochenende.
Er kündigte harte Debatten mit dem Koalitionspartner SPD an.
Er kündigte harte Debatten mit dem Koalitionspartner SPD an.
CSU-Chef Markus Söder pflichtet bei: Im Sommerinterview am Sonntag sagte er: Im Bürgergeld brauche es eine „völlige Veränderung“.
Vor der Diskussion die Fakten: Wie viel kostet das Bürgergeld?
Die Zahlen, offiziell:
Das Bürgergeld hat 2024 laut Bundesagentur für Arbeit (BA) 46,9
Milliarden Euro gekostet. Das sind rund vier Milliarden Euro mehr als im
Vorjahr. Und rund zehn Prozent des ganzen Haushalts.
Für Regelsätze und Sozialbeiträge wurden demnach 22,1 Milliarden Euro ausgegeben – ein Plus von 2,5 Milliarden Euro.
Die Kosten für Wohnen und Heizen kletterten um eine Milliarde Euro auf 17,7 Milliarden Euro.
Auch die Kommunen beteiligen sich an Unterkunftskosten. Das kostete fast 400 Millionen Euro mehr als im Vorjahr – insgesamt 6,9 Milliarden Euro.
Das
sind die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Dazu kommen allerdings
Milliarden Euro an weiteren Kosten, die nicht genannt werden.
1. Krankenkassenkosten für Arbeitslose
Derzeit
überweist der Bund knapp 140 Euro pro Bürgergeldempfänger an die
Jobcenter. Das deckt aber nur 39 Prozent der tatsächlichen Kassenkosten.
Die übrigen 61 Prozent zahlen die Versicherungen und damit die
Versicherten. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen laut ihrem
Spitzenverband zusätzlich rund zehn Milliarden Euro im Jahr für Bürgergeldempfänger.
2. Alters-Bürgergeld
Wer
über sein Arbeitsleben hinweg nicht genug in die Rentenkassen gezahlt
hat, erhält eine Grundsicherung im Alter. Auf diese Leistungen, die
vollständig aus Erstattungsmitteln des Bundes an die Länder finanziert
werden, entfielen im vergangenen Jahr nach Angaben des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 11,4 Milliarden Euro. Sie wuchsen im Vergleich zum vorangegangenen Jahr um 13,3 Prozent.
3. Bürokratie der Jobcenter
Die Jobcenter erhielten 2024 rund 8,95 Milliarden Euro
Steuergelder für die Vermittlung der rund 5,5 Millionen
Bürgergeldempfänger. Dabei floss der Großteil nicht in die Vermittlung,
sondern in die Verwaltung, wie eine Auswertung der BA der Zahlen aus
2023 für The Pioneer zeigt.
Konkret: Weniger als ein
Drittel des Gesamtbudgets floss in die Eingliederungsleistungen. Dazu
zählen alle Maßnahmen, die Arbeitslosen in Jobs verhelfen sollen, und
Personalkosten. Die übrigen 67 Prozent des Budgets – rund 5,2 Milliarden
Euro – flossen in die Verwaltung der Jobcenter selbst.
Das
Jobcenter Tirschenreuth in der Oberpfalz schluckte sogar über 88 Prozent
seines Budgets. Und auch im größten Jobcenter Deutschlands in Hamburg
fließen von rund 361 Millionen Euro Budget im Jahr rund 51 Prozent in
die Verwaltung. Überhaupt nur zwei Jobcenter nutzen weniger als die
Hälfte ihres Geldes für die Selbsterhaltung: Gelsenkirchen und
Mönchengladbach (48,4 und 49,8 Prozent Verwaltungskostenanteil an
Ausgaben). Ein klarer Trend: Je kleiner das Jobcenter, desto höher
werden dessen proportionale Verwaltungskosten.
Fazit: Auf
die rund 47 Milliarden Euro Kosten, die meist die Grundlage der
Diskussion um das Bürgergeld bilden, kommen nochmal über 30 Milliarden
an versteckten Kosten drauf. Das muss die Bundesregierung nicht nur
wissen, sondern bei den angekündigten Reformen angehen.
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