Aber weil Scholz sich für seine gesammelten Respektlosigkeiten nicht selbst bestrafen kann und schon die Fähigkeit zur Selbstkritik bei ihm nicht sonderlich ausgeprägt ist, muss immer wieder der Prügelknabe Lindner ran.
Kurzerhand setzte der Kanzler den Minister vor die Tür. Lindner fehle „die sittliche Reife für ein Ministeramt“, und überhaupt sei er ein „Saboteur“ der Koalition, ging Scholz auf jenen Mann los, der ihm drei Jahre die Bücher geführt hat. Scholz ist nichts Positives aufgefallen, sagt er:
Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.
Auch Robert Habeck
braucht dringlich den Prügelknaben, denn sein Sündenregister ist lang.
Die Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt, und die
wichtigste Konstante seiner Amtszeit waren die falschen Prognosen zum
Wirtschaftswachstum.
So kam er auf die Idee, sich das fehlende Wirtschaftswachstum an den Kreditmärkten dazuzukaufen. Weil ihm das Bundesverfassungsgericht und die Schuldenbremse im Grundgesetz einen Strich durch die Rechnung machten, musste der Prügelknabe gerufen werden. Denn die hohen Richter konnte Habeck schließlich nicht angreifen.
Habeck sagte über seinen ehemaligen Kabinettskollegen Anfang des Jahres beim Hamburger Abendblatt:
Es gehört auch dazu als Partei der demokratischen Mitte, dass man nicht nur verantwortungswillig, sondern auch verantwortungsfähig ist. Die FDP hat eindrucksvoll bewiesen, dass sie in dieser Aufstellung unter dieser Parteiführung nicht fähig zur Regierungsverantwortung ist.
Und weil zwei Schläge besser sitzen als einer, schob er einen weiteren Hieb hinterher:
Im Moment ist die FDP zu nichts zu gebrauchen.
Anders als im Feudalismus, wo jeder Prinz seinen eigenen Prügelknaben besaß, wird Christian Lindner auch an verfeindete Machthaber weitergereicht. Als ob Friedrich der Große sich keinen eigenen Prügelknaben leisten könnte, muss Lindner auch beim CDU-Fürsten den Allerwertesten hinhalten.
Dabei gehen alle Missstände, die der
Unions-Kanzlerkandidat in diesem Wahlkampf beklagt, von der
überbordenden Bürokratie über die hohen Steuern bis zum Zustrom der
Migranten seit 2015, auf das Konto der langjährigen Kanzlerin Angela Merkel. Aber ihr Gesäß ist tabu. Und das nicht aus Frömmigkeit, sondern aus Gründen der Parteiräson.
Die Dame kann, das hat sie in der Migrationsdebatte deutlich gemacht, giftig werden, wenn es um ihr Erbe geht. Sie ist die Einzige, die sich nicht den Lindner schnappt, sondern frontal auf Friedrich den Großen losgeht. Mutti bestraft auch im Ruhestand mit harter Hand, wie der Kanzlerkandidat feststellen musste.
Da Merz trotzdem nicht auf Merkel einprügeln darf, musste Lindner erneut ran. „Vier Prozent sind vier Prozent zu viel für die FDP“, sagte Friedrich Merz über jene Partei, mit der die Union insgesamt 36 Jahre auf Bundesebene regiert hat.
Im TV-Duell mit Scholz wird Merz vor rund zwölf
Millionen Zuschauern deutlicher als deutlich. Ein Bundestag ohne die FDP
sei „ärmer, aber durchaus lebensfähig“. Olaf Scholz gluckste vor
Vergnügen.
Die einstigen Duzfreunde Friedrich und Christian sind
jetzt erbitterte Gegner. Merz will die Lindner-FDP nicht schwächen,
sondern aus dem Bundestag eliminieren.
Dass es sich dabei nicht um eine Privatfehde zwischen Merz und Lindner handelt, beweist Unions-Vize Dorothee Bär im Pioneer-Podcast. In herabsetzender Absicht geht auch sie auf Lindners Partei los:
Jedes Wort von Markus Söder ist wichtiger als jeder Parteitagsbeschluss der FDP.
Fazit: So erleben denn der FDP-Vorsitzende und seine Partei eine dunkle Zeit. Alle wollen die Demokratie retten und keiner den Liberalismus, auch wenn die Demokratie ohne ihn gar nicht lebensfähig ist. Der nahe Verwandte des Prügelknaben ist der Sündenbock.
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