Das hält keine noch so offene Gesellschaft aus (WELT+)Von Ulf Poschardt Herausgeber WELT, „Politico“, „Business Insider“, 13.02.2025, 3 Min
Vor zwei Wochen verhinderten SPD und Grüne die überfällige Kehrtwende in
der Migrationspolitik. Es war die letzte Chance, den Bürgern vor der
Wahl ein Signal zu geben. Und nun? Wir stehen schockiert vor den Bildern
aus München, wo ein polizeibekannter Afghane in eine
Verdi-Demonstration raste.
Gute
Politik ist Realpolitik. Falsche Symbolpolitik verkleistert dagegen den
Blick auf die Realität. Seit 2015 flüchtet die deutsche
Regierungspolitik aus der Realität. Merkels naive und fahrlässige
Migrationspolitik, die das Land und den Kontinent gespalten, die Briten
aus der EU vertrieben und eine migrationsfeindliche AfD mächtig gemacht
hat, ist aus diesem Grund gescheitert.
Realistisch haben Friedrich
Merz, Carsten Linnemann und Markus Söder dies erkannt. Und sich von dem
katastrophalen Irrweg verabschiedet. Es ist eine düstere List der
Geschichte, dass ausgerechnet die Ex-Kanzlerin am Abend vor der
existenziell wichtigen Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz
ihrem Nachfolger im Amt des CDU-Chefs, dem Kanzlerkandidaten Merz,
bösartig und wohl auch verbittert in die Parade fuhr. Mit dem Ergebnis,
dass die letzten, traurigen Merkelianer dem so richtigen Antrag der
Union die Zustimmung verweigerten – und dann leider auch noch ein
lauchiges Viertel der sogenannten Liberalen eine echte Kehrtwende in der
Migrationspolitik verhinderte.
Es war die letzte Chance vor der
Wahl, in der Migrationspolitik ein klares Signal zu senden, damit nicht
all jene Bürger automatisch AfD wählen, die den Kanal voll haben von
einer kulturell und ökonomisch nutzlosen und für die Sicherheit des
Landes gefährlichen unkontrollierten Zuwanderung. Dass weder SPD noch
Grüne in den entscheidenden Sitzungen des Bundestags auch nur einen
Hauch von Einsicht gezeigt haben, hängt mit deren Realitätsverleugnung
zusammen. In Gestalt der Grünen bleibt ein kindlich naiver
Multikulturalismus prägend für ihre Identität, der genauso lächerlich
ist wie die Energie- und Wirtschaftspolitik der Partei. Es ist eine
Partei der wohlhabenden kindlichen Einfalt ohne jedes Interesse, von den
eigenen Klischees abzurücken. Bei der SPD herrscht einfach nur
zeitgeistiger Opportunismus. In München ist ein 24-jähriger afghanischer Asylbewerber am Donnerstagvormittag in eine Verdi-Demonstration gefahren,
wobei es sich „mutmaßlich um einen Anschlag“ handelt, wie es Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder formulierte. So der Stand der Dinge. Die
Bilder von zertrümmerten Kinderwägen und dem Blut von friedlichen
Verdi-Demonstranten auf der Straße lassen einem den Atem stocken. Und
dann die Zornesadern schwellen. Das ist das Ergebnis, ein weiteres
Ergebnis der unverantwortlichen deutschen Migrationspolitik. Merkels
„Nun sind sie mal da“ und Katrin Göring-Eckardts „Und ich freue mich
drauf“ sind die rhetorischen Portale jener ideologisch arroganten
Verblendung, die unser Land an die Wand gefahren hat. SPD und
Grüne – die kommunistischen Linken ja sowieso – tragen große
Verantwortung für das Ausbleiben migrationspolitischer Konsequenzen,
unter dem nicht zuletzt all die vorbildlich integrierten, fleißigen und
verantwortungsvollen Migranten in Deutschland leiden. Es ist
entsetzlich. Und kein Freund der liberalen Gesellschaft kann sich
wünschen, dass eine in weiten Teilen indiskutable AfD hier bald
Mehrheiten stellt.
Die Erinnerung der Wähler
Die Union hat
es versucht. Daran werden sich die Wählerinnen und Wähler erinnern. Es
ist die Frage, ob auch die vermeintlichen Stammwähler von Rot und Grün
sich daran erinnern, wie beschämend weltfremd das Verhalten ihrer
Parteien war. Und bei der FDP kann man nur hoffen, dass sich der Wähler
nicht an die hellgrünen Moral-U-Boote der Fraktion erinnert – sondern
eher an die brillanten Reden von Lindner und Kubicki.
Es kann so nicht weitergehen. Das hält keine noch so offene Gesellschaft
aus. Es geht jetzt um einen Stopp der illegalen Migration mit aller
Härte, umfassende Abschiebungen und eine Abschaffung des für grenzenlose
Einwanderung missbrauchten individuellen Asylrechts, wie es der
SPD-Historiker Heinrich August Winkler jüngst im „Spiegel“ unter der Überschrift „Die deutsche Asyllegende“
andachte. Keine Sonntagsreden mehr und auch keine Show-Abschiebungen
von ein paar Dutzend kurz vor Wahlen, und vor allem keine unappetitlich
selbstgerechten Demonstrationen „gegen rechts“ mehr. Das ist alles nur
noch zynisch. Oder will sich der Kanzler zum Hofnarren der
Migrationspolitik machen?
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