06 Februar 2025

Beförderungswelle im deutschen Wirtschaftsministerium: Mit einem Trick hievt Robert Habeck zehn Mitarbeiter auf Spitzenposten (NZZ)

Insgesamt 146 Beförderungen für Spitzenbeamte
Beförderungswelle im deutschen Wirtschaftsministerium: Mit einem Trick hievt Robert Habeck zehn Mitarbeiter auf Spitzenposten

In den deutschen Ministerien läuft die «Operation Abendsonne» auf Hochtouren: Insgesamt 146 Spitzenbeamte werden kurz vor den Neuwahlen befördert. Wirtschaftsminister Habeck verschleiert seine Personalrochade dabei mit einem besonderen Kniff.
Johannes C. Bockenheimer, Berlin
Was die Hintergründe angeht, hält sich das Ministerium bedeckt: Weder die betroffenen Referate noch die Mitarbeiter werden genannt – aus «personendatenschutzrechtlichen Gründen». Auch zum Motiv schweigt das Haus, beteuert lediglich, es handele sich um «ständige Verwaltungspraxis».
Der Verwaltungsexperte Thorsten Masuch schliesst indes nicht aus, dass auch der laufende Wahlkampf ein Grund dafür sein könnte. Kommissarische Besetzungen seien zwar grundsätzlich Teil einer normalen Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung. «Wenn aber gleich mehrere kommissarische Bestellungen erfolgen, dann bleiben durchaus Zweifel», sagt Masuch, der als Professor für öffentliches Recht an der Hochschule Harz in Halberstadt lehrt.
Angst vor schlechten Schlagzeilen
Die Bestellung auf Probe erlaube es Behörden, Beamte zunächst nur vorübergehend in Führungspositionen einzusetzen, ohne sie direkt zu befördern, erklärt Masuch. Das habe mehrere Vorteile für die Verwaltung: Zum einen ermögliche sie es den Kandidaten, Erfahrungen in einer Leitungsfunktion zu sammeln, ohne dass dies sofort mit einer höheren Besoldung oder einer festen Position verbunden sei.

«Gleichzeitig», so sagt Masuch, «minimiert diese Vorgehensweise öffentliche Kritik, insbesondere in heiklen politischen Phasen wie unmittelbar vor einer Wahl, da keine endgültigen Personalentscheidungen getroffen werden, die möglicherweise als Begünstigung interpretiert werden könnten.» Heisst also: Zumindest auf dem Papier umgeht der Minister den Vorwurf, kurz vor Ende seiner Amtszeit vertrauten Mitarbeitern Spitzenjobs zugeschanzt zu haben.

Die Chancen stehen allerdings gut, dass die von Habeck eingesetzten Leiter auch nach einem Regierungswechsel ihre Jobs behalten. Denn die kommissarische Besetzung verschaffe den Beamten einen Erfahrungs- und Bewährungsvorsprung, der bei künftigen regulären Beförderungsverfahren entscheidend sein könne, sagt Masuch.

Das Ministerium verweist seinerseits darauf, dass die zehn Referatsleiter-Posten intern ausgeschrieben wurden. Formell, so stellt es das Ministerium also dar, sei damit alles sauber.

Opposition sieht Wahlkampfmanöver

Doch auch das hat seine Tücken: Die Verwaltung besitze durchaus «Gestaltungsspielräume», um den gewünschten Kandidaten auf einen Posten zu lotsen, erklärt Masuch.

«Beispielsweise können Ausschreibungsfristen sehr kurz gehalten werden, so dass sie kaum wahrgenommen werden können.» Oder aber das Anforderungsprofil könne – rechtswidrig – so spezifisch formuliert werden, dass es de facto auf eine bestimmte Person zugeschnitten sei.

Die CDU-Wirtschaftspolitikerin Klöckner wirft Habeck deshalb Trickserei vor. «Hier wurde selbst noch nach dem Ampel-Aus trickreich versucht, eigene Leute in Stellung zu bringen für den Fall der Opposition. Und das Vorgehen soll durch diesen Kniff verschleiert werden, um nicht auf Beförderungsfragen offen antworten zu müssen», sagte sie der NZZ. «So etwas macht man eigentlich nicht.»

Insgesamt 146 Beförderungen für Spitzenbeamte

Doch nicht nur Habeck, fast alle deutsche Ministerien haben sich gegenüber ihren Spitzenbeamten in den vergangenen Wochen noch einmal generös gezeigt. Insgesamt 146 Beförderungen wurden seit Oktober des vergangenen Jahres auf der Leitungsebene der Ministerien bewilligt, das ist das Ergebnis einer NZZ-Nachfrage bei den sechzehn Ministerien.

Abgefragt wurden dabei Beförderungen in hochrangigen Positionen ab der Besoldungsgruppe A16, die mit einem Grundgehalt von mindestens 6916 Euro dotiert sind. Diese Gehaltsstufe gilt für Führungsämter in den Ministerien wie Regierungsdirektoren, Abteilungsleiter im diplomatischen Dienst oder eben, wie im Fall von Habeck, für Referatsleiter in Bundesbehörden.

Spitzenreiter ist das Auswärtige Amt unter Habecks Parteifreundin Annalena Baerbock mit 38 Beförderungen – fast ein Viertel aller Aufstiege auf Leitungsebene. Auch das Entwicklungsministerium (26 Beförderungen) und das Gesundheitsministerium (27 Beförderungen) zeigen sich grosszügig, Letzteres macht allerdings keine konkreten Angaben über die Besoldungsgruppe. Das Arbeitsministerium folgt mit 18 Beförderungen.

Vergleichsweise zurückhaltend agierten hingegen das Verkehrs- und das Finanzministerium mit jeweils nur 3 Aufstiegen sowie das Justizministerium mit einer Beförderung. Alle drei Behörden wurden zuvor von Ministern der FDP geführt, die jedoch Ende 2024 aus der Bundesregierung ausgeschieden ist.

Habecks Wirtschaftsministerium selbst meldet 9 Beförderungen von Spitzenbeamten – plus die 10 kommissarisch besetzten Referatsleitungen, die noch zu regulären Beförderungen werden könnten.

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