10 Oktober 2024

The Pioneer Business Class Edition - US-Wahl: Wie Harris das Momentum verlor

Business Class Edition

US-Wahl: Wie Harris das Momentum verlor




Fakt ist: Kamala Harris hat nicht die Wahl, wohl aber das Momentum verloren. 63 Tage nach ihrer Nominierung und 29 Tage vor dem Wahltag werden die Schwächen ihrer Kandidatur sichtbar. Falls sie verliert, kann man jetzt schon wissen, warum:

# 1 Eine düstere Weltlage verstärkt den Ruf nach dem „Strongman“

Die außenpolitische Lage mit derzeit zwei großen Kriegen wirft eine neue Beleuchtung auf den Wahlkampf. Alle innenpolitischen Themen werden durch das Sterben in der Ukraine, in Russland, im Libanon und in Gaza tendenziell geschrumpft.

Trump kann für sich in Anspruch nehmen, dass in seiner Amtszeit auf der Welt Frieden herrschte und die USA weder in Nahost noch in Europa militärisch gefordert waren.

# 2 Die Inflation der Biden-Jahre quält die Wähler

Auch wenn die Inflationsraten gegenüber dem Vorjahr wieder rückläufig sind: Die Preise in der gesamten Regierungszeit des Teams Biden-Harris sind um rund 20 Prozent gestiegen. Die vier Jahre Trump waren geprägt von Preisstabilität. Zwei Drittel der Amerikaner sehen ihr Land heute auf dem falschen Weg.

# 3 Trump-Kampagne akquiriert Nichtwähler

Vor allem auf Nichtwähler haben es die Republikaner in den Swing States abgesehen. Die Trump-Kampagne hat eine App entwickelt – „10xVote“ –, die ermöglicht, die noch nicht für die Wahl registrierten Personen in der Familie und im Freundeskreis zu finden, um sie anzusprechen.

Erste Erfolge zeigen sich in Pennsylvania: In dem Bundesstaat haben die Republikaner fast 40.000 registrierte Wähler mehr als im November 2020. Die Demokraten hingegen liegen rund 303.000 Wähler hinter ihrem Stand von 2020 zurück.

# 4 Trump-Familie wechselt beim Thema Abtreibung den Kurs

Gerade bei den unentschiedenen Wählern dürfte das jüngste Manöver der Trump-Familie der Harris-Kampagne geschadet haben. In einem neuen Buch stellt sich Melania Trump genau wie Harris auf die Seite der Frauen. Die Ex-First-Lady schreibt dort:

Warum sollte jemand anderes als die Frau selbst die Macht haben zu bestimmen, was sie mit ihrem eigenen Körper macht? Das Grundrecht der Frau auf individuelle Freiheit, auf ihr eigenes Leben, gibt ihr die Befugnis, ihre Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie es wünscht.

Damit wirkt das Ehepaar Trump liberaler als das republikanische Wahlprogramm. Harris verliert durch diesen Ausfallschritt von Melania Trump ihr Alleinstellungsmerkmal in der Abtreibungsdebatte.

# 5 Unterstützung aus dem Silicon Valley für Trump

Trump wurde am Wochenende beim Wahlkampfauftritt in Butler, Pennsylvania (dem Ort, an dem er vor drei Monaten das Attentat überlebte) von Elon Musk unterstützt. Mit MAGA-Kappe auf dem Kopf sagte Musk über Trump:

Er muss gewinnen, um die Demokratie in Amerika zu bewahren.

# 6 Blue Collar Workers keine sichere Bank für Demokraten mehr

Die klassischen Blue Collar Workers sind mittlerweile eine Bastion auch für Donald Trump. Harris wird zwar von der Gewerkschaft der Automobilarbeiter UAW unterstützt, aber nicht von den Teamsters und den Feuerwehrgewerkschaften. Die Teamsters als Organisation der Transportarbeiter ist die größte Einzelgewerkschaft der USA.

Die Führung der International Brotherhood of Teamsters unternahm jetzt den außergewöhnlichen Schritt, ihre Enthaltsamkeit zu begründen. Und sie tat das, indem sie ihre eigenen umfangreichen internen Umfragedaten veröffentlichte. Unter den Mitgliedern der Teamsters lag Donald Trump demnach mehr als 25 Prozentpunkte vor Kamala Harris.

# 7 Problemfall Autoindustrie

Erschwert wird der Wahlkampf um die Herzen der Automobilarbeiter durch Trumps falsche Aussage, Harris wolle das Ende des Verbrennungsmotors. Auch in TV-Spots wird diese Aussage über sie transportiert.

In Saginaw, Michigan, versprach Trump, den Bundesstaat wieder zur „Autohauptstadt der Welt“ zu machen:

Unter meinem Plan werden amerikanische Arbeiter sich keine Sorgen mehr machen müssen. Stattdessen werden sich ausländische Nationen Sorgen machen müssen, ihre Jobs an Amerika zu verlieren.

Die Demokraten im Swing State Michigan sind mittlerweile ernüchtert ob des verblassenden Harris-Effekts. Der demokratische Senator Darrin Camilleri spricht gegenüber Politico Klartext über die Flaute im Harris-Lager:

Es gibt viel Besorgnis über die Stärke Trumps hier. Die Demokraten in Michigan kommen gerade auf den Boden der Tatsachen zurück.

# 8 Spendenzufluss verlangsamt sich

Nachdem ihr Start als Präsidentschaftkandidatin zunächst einen starken Spendenzufluss auslöste, hat sich die Fließgeschwindigkeit enorm verlangsamt. Erst heute Nacht erreichte ein Spendenaufruf ihre Anhänger. Darin heißt es:

Die New York Times hat neue Umfragen aus Georgia, Arizona und North Carolina veröffentlicht, und leider führt Donald Trump in allen drei Staaten. Um die Situation noch schwieriger zu machen, werden in vielen dieser Staaten auch mehr finanzielle Mittel gegen uns eingesetzt.

Fazit: Der Rückzug Bidens hat die Demokraten vor einer Niederlage bewahrt, aber ihnen noch nicht den Sieg geschenkt. Wenn Kamala Harris gewinnen will, muss sie kämpfen, nicht nur da sein.

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