23 Oktober 2024

Asylindustrie - Sie lockten ihn mit 180.000 Euro im Monat: Wie der Staat einen Hotelbesitzer überreden wollte, doch lieber Asylbewerber aufzunehmen

Asylindustrie
Sie lockten ihn mit 180.000 Euro im Monat: Wie der Staat einen Hotelbesitzer überreden wollte, doch lieber Asylbewerber aufzunehmen (NIUS)
Hohe und sichere Mieteinnahmen, Renovierungskosten werden von der Stadt übernommen: Die Unterbringung von Migranten ist für Betreiber von Hotels und anderen Immobilien ein hoch lukratives Geschäft. Gewinne durch private Vermietung können kaum mit den Preisen konkurrieren, die erzielt werden, wenn Länder und Kommunen Steuergeld in die Hand nehmen. NIUS hat Beispiele gesammelt, die den Asyl-Irrsinn aufzeigen. 
„Wenn ich auf das Angebot der Stadt eingegangen wäre, könnte ich für meine Objekte das Dreifache erzielen“, berichtet Michael L. (Name geändert). L. betreibt ein familiengeführtes Hotel-Unternehmen mit vier Häusern in Baden-Württemberg. Vor einiger Zeit kam die Verwaltung einer Stadt auf ihn zu und machte ihm ein eigentlich unwiderstehliches Angebot: Ab sofort würde man den Pachtvertrag übernehmen, um darin Asylbewerber unterzubringen.
„180.000 Euro Gewinn – und das ganz ohne Arbeit“ 
Für L. hätte eine Unterschrift gutes Geld bedeutet. „Für unser größtes Objekt mit 150 Zimmern wären das beispielsweise um die 180.000 Euro anstelle des aktuellen Gewinns von 60.000 bis 70.000 Euro gewesen – und das ganz ohne Arbeit.“ Trotzdem lehnte L. ab.

m Gespräch mit NIUS erklärt der Hotelier, warum er den lukrativen Deal am Ende ausschlug: „Man hätte unser Personal rausgeschmissen und eigenes eingesetzt. Reinigungskräfte, Securitymitarbeiter, andere Angestellte: Sie alle stünden jetzt ohne Job da.“ Als Leiter eines familiengeführten Unternehmens hätte er sich das nicht verzeihen können. „Wir haben gemeinsam mit unseren Angestellten die schwere Corona-Zeit durchgestanden. Wenn diese Leute jetzt wegen meiner Raffgier auf der Straße stünden – das könnte ich mir nicht verzeihen.“
Nun, erzählt Michael L, versuche die Stadt, die NIUS aus Anonymisierungsgründen nicht nennen darf, auf anderem Wege an die Objekte zu kommen: „Man hat aktiv bei Verpächtern angefragt, ob wir uns als Pächter Verfehlungen geleistet haben. Beispielsweise keine Pacht gezahlt, die Pacht zu spät bezahlt, Brandschutz nicht eingehalten. Das Ziel ist ganz offensichtlich, uns fristlos kündigen zu können, um die Objekte zu übernehmen“.

Der Fall „Townside Hostel“: 1.714 Euro im Monat pro Migrant 

Welche unglaublichen Summen die Vermietung von Wohnraum an Asylbewerber einbringen kann, zeigt auch der Fall des „Townside Hostel“ in Bremen. 2023 mietete der Senat es an, um dort Migranten zu beherbergen. Die Betreiber erhielten 60.000 Euro Miete im Monat, das sind etwa 85 Euro pro Quadratmeter – und das in einer Lage, in der das Maximum eigentlich bei etwa 20 Euro pro Quadratmeter liegt. Der Vertrag sah dabei 35 Plätze für die Migranten vor. Bei einer Vollauslastung hätte das Hostel damit 1714 Euro im Monat pro Migrant erhalten.

Dass mit dem „Lagerhaus“ ein Kulturzentrum größter Anteilseigner der Betreibergesellschaft vom Townside Hostel ist, sorgte in der Folge für große Kontroversen, denn: Das Lagerhaus erhielt 2022 mehr als eine halbe Million Euro an Kultur-Förderung – trotzdem bereicherte es sich durch die Vermietung zu überhöhten Konditionen.
uf NIUS-Anfrage räumt ein Sprecher des Bremer Senats ein: „Der ursprüngliche Vertrag war ein Fehler, dem ein Missverständnis über die Nutzbarkeit der Räumlichkeiten zu Grunde gelegen hat.“ Bereits seit einem Jahr werde das Hostel nicht mehr zur Flüchtlingsunterbringung genutzt.

Weiter heißt es: „Es hat eine Vereinbarung mit dem Betreiber gegeben, den Mietvertrag vorzeitig aufzulösen und die Miethöhe rückwirkend zu senken.“ Die damalige Senatorin habe den Fehler öffentlich eingeräumt. „Die vorzeitige Auflösung und die rückwirkende Senkung der Miete haben zu Einsparungen von 750.000 Euro geführt.“
„Einsparungen von 750.000 Euro“ – Das bedeutet im Umkehrschluss: 750.000 Euro wurden zu viel gezahlt. 750.000 Euro, die ohne öffentliche Aufmerksamkeit wohl in den Taschen der diversen „Townside Hostel“-Betreiber verschwunden wären. Man darf davon ausgehen, dass der Bremer Fall stellvertretend steht für eine ganze Industrie, in der für die Unterbringung von Migranten bereitgestelltes Steuergeld skrupellos abgegriffen wird.

Lesen Sie aus der NIUS-Serie zur Asylindustrie auch:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen