Mit Abstand am besten verdient das Top-Management
von VW: Konzernchef Blume liegt mit 9.711.477 Euro an der Spitze.
Addiert man die Gehälter der insgesamt zehn Vorstandsmitglieder, kommt
man auf über 40 Millionen Euro im Jahr 2023.
Normale Werks-Gehälter spielen da in einer anderen Liga. Die Mitarbeiter mehrerer VW-Standorte in Deutschland werden nach einem Haustarifvertrag bezahlt. Dazu zählen die Standorte Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter und Wolfsburg ebenso wie die VW-Töchter Financial Services, Immobilien und die dx.one GmbH.
Der Haustarif von Volkswagen hat 22 Stufen
Der Haustarif ist in mehrere Entgeltstufen gegliedert. Ein Auszug aus der Zeitung des Volkswagen-Betriebsrates aus dem Jahr 2022 bildet die Tabelle ab. Insgesamt werden 22 Stufen genannt, faktisch reicht die Tabelle aber nur bis zur 20. Stufe. Die Stufen 21 und 22 werden nicht mehr vergeben, haben jedoch Bestandsschutz für bestehende Mitarbeiter. Diese überdurchschnittlich gut vergütete Gruppe beinhaltet Spezialisten und Führungskräfte: etwa Werkärzte oder Leiter einer Unterabteilung.
Was steckt hinter den anderen
Stufen? VW-Betriebsrats-Sprecher Heiko Lossie gibt einen Überblick: In
der Stufe fünf werden zum Beispiel Mitarbeiter der Werkssicherheit
bezahlt, mit einem monatlichen Bruttogehalt von 3530 Euro. Die meisten
Beschäftigten der Produktion werden in den Stufen sieben bis neun
bezahlt (3900 Euro bis 4300 Euro). Bachelor-Absolventen starten in die
Stufe 13 (5300 Euro), Master-Absolventen in der Stufe 14 (5600 Euro).
In der Stufe 15 (5900 Euro) werden viele Meister zumindest in den Anfangsjahren bezahlt, wobei das auch immer auf die jeweilige Meister-Art und die einzelne Verantwortung ankommt. Einige Meister werden daher durchaus auch höher als mit der Stufe 15 vergütet. Auf den höchsten Tabellenplätzen bis zu Stufe 20 (bis 7700 Euro) finden sich erfahrene Fachkräfte oder jene, die auf dem Arbeitsmarkt temporär stark umkämpft sind wie Ingenieure oder Programmierer.
Für ein exemplarisches Jahresbrutto der Stufe acht bedeutet das mit tariflicher Zulage und dem jährlichen Tarifbonus einen Werker-Lohn von 56.023 Euro. Anders als im Flächentarif gibt es beim Haustarif kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld, da das mit dem Tarifbonus abgegolten ist.
Zum Vergleich hat das Jobportal Stepstone (gehört wie WELT zu Axel Springer) exklusiv für WELT die Gehälter in der Branche der Fahrzeugbauer und -zulieferer berechnet. Demnach liegt das Bruttomediangehalt bei 55.750 Euro pro Jahr. Das Mediangehalt ist der Wert, der genau in der Mitte aller Gehaltsangaben liegt.
Laut der Auswertung nimmt das Mediangehalt der Mitarbeiter mit der Unternehmensgröße zu: Während Arbeitnehmer in kleineren, mittelständischen Betrieben mit bis zu 500 Mitarbeitern ein Bruttomediangehalt von 51.750 Euro beziehen, beträgt jenes von Konzernmitarbeitern 79.500 Euro.
Einen direkten Gehalts-Vergleich zwischen den Autobauern liefert das Mitarbeiter-Bewertungsportal Kununu. Die Daten beruhen auf anonymen Selbstauskünften von Nutzern.
Die Löhne des VW-Konzerns zählen hier im Vergleich zur Konkurrenz in einigen Job-Kategorien (etwa Anlagenbetreiber und Konstruktion) zu denen, die am besten bezahlt werden. Aber bei Weitem nicht in allen Bereichen. Zudem sind die Kununu-Daten mit Vorsicht zu genießen, da die Anzahl der Nutzer-Angaben teilweise gering ist und zwischen Kategorien schwanken.
Bezahlt VW besser als der Durchschnitt?
Werden
also VW-Arbeiter über dem Branchendurchschnitt bezahlt, so wie es der
VW-Vorstand in seinem internen Schreiben suggeriert?
Nimmt man einen klassischen VW-Werksarbeiter der Haustarifs-Stufe acht, so liegt dieser mit seinem Jahresbruttolohn von 56.023 Euro mehr oder weniger im Branchenmedian der Stepstone-Daten. Für einen präzisen Gehalts-Vergleich zwischen den Autobauern fehlen allerdings die entsprechenden Daten.
In Gewerkschaftskreisen kursiert aber ein anderer Vergleich. Nämlich der zwischen Facharbeitern bei Volkswagen
(Haustarif) und der restlichen Metallindustrie (Niedersachsens). Die
Monatsgehälter von Volkswagen-Facharbeitern (der Entgeltstufe acht) und
denen der Metallindustrie (Stufe 5B) sind mit 3900 Euro nahezu gleich.
Unterm Strich bedeuten das im Jahresgrundentgelt 55.000 Euro für den
VW-Werksarbeiter und 54.900 Euro für den Metallarbeiter (die
unterschiedlichen Boni-Systeme außer Acht gelassen). Auf der
Ingenieursstufe zeigt sich zwischen dem VW-Mitarbeiter mit 69.200 Euro
im Grundentgelt und dem Berufspendant in der Metallindustrie mit 67.700
Euro ein kleiner Unterschied.
Von einem Sprecher der Industriegewerkschaft IG Metall heißt es: „Bei der Entgeltpolitik folgen wir seit zwanzig Jahren dem Rest der Branche. Als es Volkswagen viel besser ging als den anderen, sind die Gehälter nicht üppiger ausgefallen. Was in guten Zeiten gilt, muss auch in nicht so guten Zeiten gelten.“
Im Streit um Werksschließungen hat die IG Metall VW zu offenen Gesprächen über die Zukunft aller Standorte aufgefordert. Das sei Voraussetzung für weitere Verhandlungen, sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger am Mittwoch zum Beginn der zweiten Tarifrunde in Wolfsburg. Andernfalls, so drohte Gröger, werde die IG Metall „die weitere Eskalation planen müssen“. Ab 1. Dezember seien Warnstreiks möglich.
Sebastian Freier ist Redakteur für Wirtschaft und Finanzen. Seine Themenschwerpunkte sind Bildung, Karriere und Arbeit
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen