Hans-Jürgen Papier, 81, ist Staatsrechtler und war von 2002 bis 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts
Ex-Verfassungsgerichtspräsident„Dysfunktionaler Zustand wird anhalten“: Papier hat klare Asyl-Forderung an Am
Ex-Verfassungsgerichtspräsident:„Dysfunktionaler Zustand wird anhalten“: Papier hat klare Asyl-Forderung an Ampel (Focus-Online) 20.10.2024
„Man
muss die Sache grundsätzlich erörtern“, fordert Hans-Jürgen Papier im
Interview mit der „Welt“. Der ehemalige Präsident des
Bundesverfassungsgerichts kritisiert das dysfunktionale europäische
Asylsystem und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf.
Ex-Verfassungsgerichtspräsident„Dysfunktionaler Zustand wird anhalten“: Papier hat klare Asyl-Forderung an Ampel
Die Ampel lehnt Zurückweisungen illegal einreisender Migranten ab, weil sie sich an Europarecht gebunden sieht. Ex-Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier zeigt einen Weg auf, der EU-Zuständigkeiten, deutsches Verfassungs- und Asylrecht achtet. Doch die Bundesregierung zeigt kein Interesse.
Der
ehemalige Präsident des Bundesverfasungsgerichts kritisiert das europäische Asylsystem als ungeeignet zur Bewältigung der
Migrationskrise und fordeert die Bundesregierung zum Handeln auf.
In einem Interview mit der „ Welt “ sagte Papier, das Ausscheren von immer mehr Mitgliedstaaten der Europäischen Union sei ein Beleg für die Dysfunktionalität des gesamteuropäischen Asylrechtssystems.
Diese Staaten reagierten auf ein offensichtlich nicht funktionsfähiges und nicht durchsetzbares Regelwerk im europäischen Sekundärrecht. „Wer daran festhält, fördert nicht wie gewünscht die europäische Solidarität und Integration, sondern beschädigt sie - und gibt sie letztlich auf Dauer auf“, sagte Papier der „Welt“.Papier plädiert für stärkere Berücksichtigung des Primärrechts
Papier plädiert für eine stärkere Berücksichtigung des Primärrechts, also der europäischen Verträge, und nicht nur der Richtlinien und Verordnungen. Das Primärrecht legt die Kompetenzverteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten fest. Es bildet den rechtlichen Rahmen für die Formulierung und Umsetzung der Politik durch die EU-Institutionen.
Der Ex-Verfassungsgerichtspräsident verweist auf Artikel 4, Absatz 2 des EU-Vertrags, der besagt, dass die Union die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten achtet. Dies bedeute, dass die Grundstruktur der Souveränität der Mitgliedstaaten und ihre verfassungsrechtliche Identität nicht erschüttert werden dürften. „Die EU ist kein Staat, sie ist ein besonderer Verbund souveräner Staaten“, betonte Papier im Gespräch mit der „Welt“.
Forderung nach Zurückweisungen an der Grenze
Er fordert die Bundesregierung auf, Asylsuchende an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Die Rechtsnormen des sekundären EU-Rechts dürften nicht so weit gehen, dass Deutschland jede Person aus einem Drittstaat einreisen lassen müsse, die einen Asylantrag stellt, der in Deutschland offensichtlich keinen Erfolg haben kann und objektiv als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist.
„Man muss die Sache also grundsätzlich erörtern“, so Papier. „Sie können keinen Drittstaatsangehörigen ins Nichts abschieben. Ein Aufnahmestaat muss bereit sein, diese Person zu übernehmen“, erklärte er.
Papier weist darauf hin, dass das deutsche Recht in dieser Beziehung eindeutig sei. Im Paragrafen 18 des Asylgesetzes heiße es, dass Personen aus sicheren Drittstaaten grundsätzlich die Einreise zu verweigern sei. Justizminister Marco Buschmann lehnt jedoch Zurückweisungen ab, da deutsche Verwaltungsgerichte ein solches Vorgehen kippen könnten.
Papier verweist auf Artikel 72 AEUV
„Solange dieser unbegrenzte und voraussetzungslose Zustrom von Migranten über die deutschen Binnengrenzen anhält und solange eine funktionsfähige und durchsetzbare gesamteuropäische Asylrechtsordnung nicht existiert, wird Deutschland sich meines Erachtens letztlich auf Artikel 72 AEUV berufen dürfen“, so Papier.
Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) besagt, dass die Europäische Union den einzelnen Mitgliedstaaten nicht vorschreiben darf, wie sie ihre öffentliche Ordnung und innere Sicherheit regeln. Das bedeutet, dass die EU-Länder in bestimmten Bereichen wie dem Grenzschutz oder der inneren Sicherheit das Recht haben, selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen sie zum Schutz ihrer Bürger ergreifen.
Mit anderen Worten: Die EU kann die Mitgliedstaaten in diesen Fragen unterstützen, aber letztlich haben die Länder das letzte Wort, wenn es um ihre Sicherheit geht.
Papier forderte die Bundesregierung auf, diese Rechtsauffassung auch vor nationalen und europäischen Gerichten argumentativ zu vertreten. „Wenn man nichts dagegen unternimmt, dann wird dieser dysfunktionale Zustand anhalten“, warnte er.
In einem Interview mit der „ Welt “ sagte Papier, das Ausscheren von immer mehr Mitgliedstaaten der Europäischen Union sei ein Beleg für die Dysfunktionalität des gesamteuropäischen Asylrechtssystems.
Diese Staaten reagierten auf ein offensichtlich nicht funktionsfähiges und nicht durchsetzbares Regelwerk im europäischen Sekundärrecht. „Wer daran festhält, fördert nicht wie gewünscht die europäische Solidarität und Integration, sondern beschädigt sie - und gibt sie letztlich auf Dauer auf“, sagte Papier der „Welt“.Papier plädiert für stärkere Berücksichtigung des Primärrechts
Papier plädiert für eine stärkere Berücksichtigung des Primärrechts, also der europäischen Verträge, und nicht nur der Richtlinien und Verordnungen. Das Primärrecht legt die Kompetenzverteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten fest. Es bildet den rechtlichen Rahmen für die Formulierung und Umsetzung der Politik durch die EU-Institutionen.
Der Ex-Verfassungsgerichtspräsident verweist auf Artikel 4, Absatz 2 des EU-Vertrags, der besagt, dass die Union die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten achtet. Dies bedeute, dass die Grundstruktur der Souveränität der Mitgliedstaaten und ihre verfassungsrechtliche Identität nicht erschüttert werden dürften. „Die EU ist kein Staat, sie ist ein besonderer Verbund souveräner Staaten“, betonte Papier im Gespräch mit der „Welt“.
Forderung nach Zurückweisungen an der Grenze
Er fordert die Bundesregierung auf, Asylsuchende an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Die Rechtsnormen des sekundären EU-Rechts dürften nicht so weit gehen, dass Deutschland jede Person aus einem Drittstaat einreisen lassen müsse, die einen Asylantrag stellt, der in Deutschland offensichtlich keinen Erfolg haben kann und objektiv als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist.
„Man muss die Sache also grundsätzlich erörtern“, so Papier. „Sie können keinen Drittstaatsangehörigen ins Nichts abschieben. Ein Aufnahmestaat muss bereit sein, diese Person zu übernehmen“, erklärte er.
Papier weist darauf hin, dass das deutsche Recht in dieser Beziehung eindeutig sei. Im Paragrafen 18 des Asylgesetzes heiße es, dass Personen aus sicheren Drittstaaten grundsätzlich die Einreise zu verweigern sei. Justizminister Marco Buschmann lehnt jedoch Zurückweisungen ab, da deutsche Verwaltungsgerichte ein solches Vorgehen kippen könnten.
Papier verweist auf Artikel 72 AEUV
„Solange dieser unbegrenzte und voraussetzungslose Zustrom von Migranten über die deutschen Binnengrenzen anhält und solange eine funktionsfähige und durchsetzbare gesamteuropäische Asylrechtsordnung nicht existiert, wird Deutschland sich meines Erachtens letztlich auf Artikel 72 AEUV berufen dürfen“, so Papier.
Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) besagt, dass die Europäische Union den einzelnen Mitgliedstaaten nicht vorschreiben darf, wie sie ihre öffentliche Ordnung und innere Sicherheit regeln. Das bedeutet, dass die EU-Länder in bestimmten Bereichen wie dem Grenzschutz oder der inneren Sicherheit das Recht haben, selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen sie zum Schutz ihrer Bürger ergreifen.
Mit anderen Worten: Die EU kann die Mitgliedstaaten in diesen Fragen unterstützen, aber letztlich haben die Länder das letzte Wort, wenn es um ihre Sicherheit geht.
Papier forderte die Bundesregierung auf, diese Rechtsauffassung auch vor nationalen und europäischen Gerichten argumentativ zu vertreten. „Wenn man nichts dagegen unternimmt, dann wird dieser dysfunktionale Zustand anhalten“, warnte er.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen