13 Mai 2022

Ruinen schaffen ohne Waffen – die Regierungs-Kunst der Ampel

Fern jeder Wirklichkeit. Gut, dass es Putin gibt. Bei dem lassen sich die Probleme abladen, die man selbst geschaffen hat.
Ruinen schaffen ohne Waffen – die Regierungs-Kunst der Ampel
Von Roland Tichy  13.05.2022
Deutschland steht vor einem Krisen-Sommer: Inflation, Energie-Sperre, Lieferengpässe, Euro-Verfall, Verschuldungs-Debakel. Die Verantwortung dafür wird auf den Ukraine-Krieg und Putin geschoben. Doch die Probleme sind hausgemacht – Deutschland schafft Ruinen ganz ohne Waffen. 

Bis in die 80er Jahre gab es für Italien Benzin-Gutscheine: Weil dort der Sprit zu teuer war, erhielten deutsche Urlauber Heftchen mit Bonus-Kärtchen zum Billig-Tanken und sparten für eine Reise an die Adria rund 150 D-Mark.
Heute ist es umgekehrt: In Italien ist der Sprit billiger, ebenso in Österreich, Frankreich, in Polen und in Ungarn sowieso, wo der Sprit um 1,30 Euro kostet. Wie geht das zusammen?
Hausgemachte Energiepreise

Es gibt keine globale Spritpreis-Krise. Es gibt eine durch überhöhte Steuern und CO2-Abgaben hausgemachte, gewollte, und gezielte Mobilitätskrise in Deutschland.

Ähnlich ist es mit den Strompreisen. Es sind politische Preise.
  • Die höchsten Strompreise für private Haushalte in Europa im Jahr 2021 wurden in Deutschland (32 Cent pro kWh) und die niedrigsten Strompreise in Ungarn (10 Cent) gezahlt.
  • Die Strompreise für europäische Gewerbe- und Industriekunden waren 2021 in Deutschland am höchsten (18 Cent pro kWh) und in Schweden am niedrigsten (6 Cent).

Energiepreise werden in Deutschland absichtlich, bewusst und ohne Rücksicht auf Verbraucher und Wirtschaft in die Höhe getrieben. Es ist nicht Putin – vielleicht kommt der wahre Preis-Schock noch, wenn die Gasleitungen von wem auch immer gesperrt werden oder Öl aus Russland nicht mehr fließen (darf), weil es die EU so will. Möglicherweise wird dann die Lage verheerend – aber derzeit ist die Energieversorgung von Putins Krieg noch nicht betroffen und die Preisexplosion hausgemacht. Wer Windräder baut, braucht Gas. Die wunderbare Energiewende braucht planmäßig (!) 50 bis 60 zusätzliche Gaskraftwerke, die es so wenig gibt wie den Brennstoff. Es ist eine Fake-Wende.
Mit dem Krieg geht es allerdings erst richtig los: „Nie mehr“ soll Deutschland russisches Gas beziehen, sagt Außenministerin Annalena Baerbock. Meint sie wirklich, dass es nie wieder Energielieferungen aus Russland nach Deutschland geben wird? Gilt das gar für jegliche Rohstofflieferung? Also auch für Seltene Erden? Gilt es für die Dauer des Krieges oder die Amtszeit von Präsident Wladimir Putin? Bedeutende Fragen. Gerade aus deutscher Perspektive – die allerdings nur mit Sprüchen beantwortet werden.

Dass Deutschland immer auf Rohstoffimporte angewiesen war und angewiesen sein wird – das wird ausgeblendet von einer Regierung, die nur ihr ideologisches Ziel verfolgt, fossile Energien möglichst schnell zu verdrängen: ohne Alternativen anzubieten oder mit LNG-Gas solche, die bei noch schlechterer Ökobilanz 3- bis 5-mal teurer sind – wenn es sie überhaupt gibt. Kein Wunder, dass die Preise steigen.

Inflation: die Euro-Krankheit

Die Inflation explodiert: um 7,4 Prozent im März zum Vorjahr. Auch hier schwingt immer der Hinweis auf den Krieg in der Ukraine mit. Aber wie sieht es bei den Nachbarn aus? In der Schweiz bleiben die Preise stabil. Laut der im März 2022 veröffentlichten Prognose des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) werden die Konsumentenpreise in der Schweiz im Jahr 2022 um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Für 2023 wird eine Teuerung von 0,7 Prozent erwartet.

Nun ist mittlerweile die laufende Geldentwertung ein globales Phänomen. Aber offensichtlich haben es die Eidgenossen geschafft, mit dem starken Franken, einer vorsichtigeren Corona-Politik und mit weniger billigem Zentralbankgeld die Enteignung der Bürger zu vermeiden. Inflation braucht zwei Voraussetzungen: Die Zentralbank schüttet Geld für wenig Zinsen aus, das ist die eigentliche Ursache. Wenn es dann aus welchem Grund auch immer dazu kommt, dass weniger Güter hergestellt oder importiert werden können, explodieren die Preise. Dieser Mechanismus ist wohlbekannt. Und wirkt jetzt.
Deutschland hat seine geldpolitische Souveränität an die Europäische Zentralbank abgegeben; die Bundesbank hat geldpolitisch genauso viel Einfluss wie Malta. Oder Zypern. Oder Griechenland. Die Folgen erleben wir jetzt: Inflation, die Enteignung der Bürger durch den Staat, der höhere Steuern kassiert von Einkommen, die immer weniger wert sind.

Kein Kampf gegen Inflation

Es gäbe neben der Geldpolitik eine zweite Waffe gegen Inflation: „angebotsorientierte Wirtschaftspolitik“. Im Kern bedeutet das, dass die Produktion billiger werden muss, wenn ein Teil der Produktionskosten zum Beispiel wegen steigender Energiekosten immer teurer wird. Theoretisch ist Finanzminister Christian Lindner auf dem richtigen Weg. In seinem jüngsten Positionspapier schreibt er richtig:

Eine Ausweitung der volkswirtschaftlichen Kapazitäten und eine zunehmende Produktivität erlauben höheres Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig sinkendem Druck auf die Preise. Es gilt, sich selbst tragende Wachstumsprozesse zu erleichtern, die Inflation nicht weiter anzuheizen und zugleich den Staat aus der Verschuldung herauszuführen. Daher muss die Wirtschafts- und Finanzpolitik vor allem die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit glaubhaft stärken und die Innovations- und Wirtschaftsdynamik erhöhen.

Und Lindner führt auf, was darunter zu verstehen sein könnte:

  • Stabilisierung der Einkommen privater Haushalte durch gezielte Entlastungen
  • Selbsttragendes Wirtschaftswachstum durch Steigerung von Produktivität und Ausweitung der Kapazitäten
  • Mobilisierung von Investitionen und Stärkung von Marktprozessen
  • Attraktive Rahmenbedingungen für Innovation und Gründung
  • Abbau von Bürokratie, Förderung von Aus- und Weiterbildung, FuE, qualifizierte Einwanderung
  • Modernisierung des Staates und des öffentlichen Kapitalstocks

Es ist leider eine Liste dessen, was die Ampel nicht anpackt. Lindner sieht als Standortvorteile zum Beispiel die Verkehrsinfrastruktur, obwohl die Brücken reihenweise gesperrt werden müssen, die Qualität der öffentlichen Verwaltung, die schon Fax als moderne Technik versteht, und ausgerechnet die hervorragende Energie-Infrastruktur, die sich in hohen Preisen, willkürlichen Abschaltungen von Industrieunternehmen vom Stromnetz mitten in der Produktion und zunehmender Mangelverwaltung auszeichnet. Es gibt wenige Papiere, die die Wirklichkeit so verzerrt darstellen. Aus falsch wird aber nicht richtig. Im Gegenteil.
Die monströse Bürokratie wird immer weiter ausgedehnt; 800 zusätzliche Stellen, faktisch ein komplettes Ministerium, gönnt sich die Ampel allein in Berlin: Bürokraten für Gesetze, die die Wirtschaft blockieren, wie das jüngste „Lieferkettengesetz“, das Importe verteuern und blockieren soll. Das ist es, was sie unter  „leistungsfähige Bürokratie“ und dem Abbau von Regulierung verstehen.

Wachsende Belastung der Bürger und Wirtschaft

Entlastung für die Wirtschaft? Billigere Produktionsmöglichkeiten? Fehlanzeige wie auch die Entlastung der Verbraucher. Lindner verspricht zwar eine Senkung der progressiven Einkommensteuer, die bei jedem zusätzlich verdienten Euro, der inflationsbedingt immer weniger wert ist, noch höhere Abzüge bedeutet. Die Deutschen verdienen viel, aber es bleibt ihnen im internationalen Vergleich wenig Netto vom Brutto.

Fakt ist: In den letzten 10 Jahren stiegen die Steuern von bislang rund 530 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf derzeit 890 Milliarden; trotz Corona kassiert der Staat verglichen mit dem Vorjahr 41 zusätzliche Milliarden von Wirtschaft und Bürgern. 2026 werden es 1,036 Milliarden Euro sein. Hat sich das verfügbare Einkommen seit 2010 auch verdoppelt? Die Antwort ist natürlich nein. Mehr Geld hat nur der Staat. Wer arbeitet, ist der Dumme. Da bleiben Frust und Enttäuschung nicht aus – einen Anreiz zu investieren oder mehr zu arbeiten, gibt es nicht.

Da ist es nur konsequent, wenn die linke Sozialsenatorin in Berlin Katja Kipping fordert, dass Feiertage, die zufällig mal auf den Sonntag fallen, zukünftig unter der Woche nachgeholt werden sollen. Leistung lohnt sich sowieso nicht mehr, lasst uns doch darauf verzichten! Steigende Arbeits- und Energiekosten werfen deutsche Unternehmen bei der Wettbewerbsfähigkeit aus dem Rennen – von steigenden Löhnen und Gehältern kommt netto und inflationsbereinigt nichts mehr an, im Gegenteil: Wer arbeitet, verarmt.

Degrowth, „Schrumpfwirtschaft“, lautet die Regierungsdevise – Deutschland verfällt immer schneller. Lindner kann ja jetzt gerne Steuersenkungen fordern, auf dem Papier. Der grüne Koalitionspartner hat schon neue Erhöhungen ins Gespräch gebracht: Eine Kriegssteuer will die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, und Wirtschaftsminister Habeck will Fleischesser mit höherer Mehrwertsteuer belasten. Steuern dienen nicht mehr nur der Staatsfinanzierung, sondern der Bestrafung jener Bürger, die anders leben wollen als der Staat. Teewurst statt Tofu wird bestraft.
Automobil- und Landwirtschaft? Überflüssig
Immer mehr Branchen geraten gezielt unter Druck. Die Automobilbranche soll ab 2035 nur noch Elektro-Autos herstellen. Es gibt zwar weder genug Strom noch Lade-Infrastruktur, und auch die tatsächliche Minderung von Schadstoffen ist längst in Frage gestellt. In der deutschen Wirtschaftspolitik ist der Widerspruch zur Wirklichkeit fest eingebaut. So wollte trotz der quälenden Debatte über den Stopp lebensnotwendiger Gasimporte für die Stromproduktion ausgerechnet der liberale Wirtschaftsminister Wissing die Subventionen für ein Elektroauto um 40 Prozent auf 10.800 Euro erhöhen. Im FDP-Parteivorstand rechtfertigte er den offenkundigen Unsinn damit, dass er seine „Sektorenziele“ erreichen wolle, also den Abbau von CO2 im Verkehrsbereich. Ein „Oberziel“ wird durchgesetzt, ohne Rücksicht auf Verluste und Realität.

Null-Emission bleibt das Ziel, dem sich alles unterordnen soll, und wenn Hunger die Folge ist: Deutschland beschneidet Ackerbaufläche und Düngemöglichkeiten für die Landwirtschaft, obwohl wegen der global wachsenden Bevölkerung und des Kriegs der Hunger in der Welt wieder zunehmen wird. Auch nur eine Verschiebung der produktionsfeindlichen Maßnahmen lehnt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir allerdings ab. Ideologie schlägt Fakten.
Ein Staat delegitimiert sich

Lenken, steuern, belasten – immer tiefer greift der Staat in private Lebensbereiche ein, die ihn wirklich nichts angehen: Verkehrsminister Wissing will nach dem vergeblichen Versuch mit der E-Auto-Förderung jetzt das Posten von Bildern mit Essen in sozialen Medien verbieten. Mit immer neuen Speisevorschriften und Konsumregulierungen überfallen die Politiker ihre Bürger. Es ist ein übergriffiger Staat, der kleinste Details regeln will, in Kindertagesstätten neuerdings Umerziehung zur Transsexulität durchsetzen will: „Körper, Liebe, Doktorspiele“ – so sollen im biederen Aschaffenburg Drei-Jährige an den staatlich geförderten Trend zur Transsexualität herangeführt werden. Staatsaufgabe? Bei seinen Kernaufgaben wie Innere Sicherheit, Verteidigung, aber auch bei Schule und Bildung versagt der Staat. Damit droht er seine Legitimation zu verlieren: Außer Besserwisserei, Bevormundung, hoher Steuern und schlauer Sprüche nichts gewesen? Wer braucht das?

Doch untätig ist der Staat nicht. Während die Bürger verarmen, Krieg und Hunger als Gefahrenpotenziale näher rücken, setzt die Bundesregierung ihre ganz eigenen Schwerpunkte. „Mein persönliches Ziel ist, dass wir im nächsten Jahr so weit sind, dass wir vielleicht den ersten legalen Joint verkaufen können.“ Das erklärt Justizminister @MarcoBuschmann zur Legalisierung von Cannabis. Noch nie hat sich eine Regierung unfähiger gezeigt, die Sorgen von Menschen und Wirtschaft ernst zu nehmen und danach zu handeln.

Gut, dass es Putin gibt. Bei dem lassen sich die Ruinen abladen, die man selbst geschaffen hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen