Markus Söder in der WELT AM SONNTAG: „Gerade in Ministerien der Grünen haben sich NGOs wie Kraken ausgebreitet“Reaktionen der NGOs
So oder so ähnlich lauten denn auch die Fragen zu den anderen politisch tätigen Organisationen. Schon irgendwie schwierig, darin einen Skandal zu erblicken, aber das hält die Profiteure dieses offensichtlich undurchschaubaren Sumpfes freilich nicht davon ab, es dennoch zu versuchen. Dass sich auch der Deutsche Journalistenverband DJV in Gestalt des Bundesvorsitzenden Mika Beuster bemüßigt fühlte, von „gegossenen Unterstellungen“ zu sprechen, sagt wohl auch mehr über weite Teile des deutschen Journalismus aus als über die vermeintliche Verderbtheit der Union. Man wird dieser Tage also Zeuge von Deutschlands ganz eigenem Kampf der Kulturen.
Doch die Heftigkeit der Reaktionen verstört ja schon ein bisserl. Vom vermeintlichen Mundtotmachen, gar von Zensur ist die Rede, was so vom Spielfeldrand aus betrachtet durchaus auch amüsant ist. Ohne das Füllhorn des zwangsbeglückten Steuerzahlers ist das Vorfeld linksgrüner Parteien offenbar nicht überlebensfähig, einem Anarchisten wäre das ja durchaus peinlich. Aber gut, den müsste man unter Deutschlands Linken eh auch erst einmal finden.
Von wegen russische Verhältnisse
Insbesondere
bei den Grünen herrscht die pure Verzweiflung. Dass sie nicht mehr in
der Regierung sind und dem möglichen Verlust diverser Versorgungsposten
sowie der Kampagnenfähigkeit ihrer Straßentruppen ins Auge blicken
müssen, ist dann doch ein bisschen gar viel auf einmal. „Haben die sie
noch alle?“, fragt sich etwa Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang laut im WELT-Fernsehen,
und die Antwort darauf wäre wohl „Ja, leider“, denn noch wurde
schließlich keine Förderung der jahrelang großzügigst gepamperten
Nichtregierungsorganisationen beendet. Vielleicht sollte man das N in
NGO aber der Ehrlichkeit halber dann doch endlich streichen, oder eben
einfach von der Staats- und nicht von der Zivilgesellschaft sprechen.
Noch aufgeregter als Ricarda Lang ist allerdings ihr Kollege Andreas Audretsch, der tatsächlich und ganz ohne lachen zu müssen im WELT-Fernsehen sagte, dass ihn das, was die Union da mache, an das „Playbook der Autoritären“ in Ungarn, in Georgien, in Russland erinnere. Kein Steuergeld mehr für linke Vereine führt also direkt zu russischen Verhältnissen, der Deutschlanduntergang ist nah, aber vielleicht ja doch nur der eines sehr kleinen, sehr lauten Teils davon.
Und nicht nur Politiker, auch die angesprochenen Organisationen melden sich längst und nicht weniger aufgeregt zu Wort. „Aus dem Ausland finanziert, von der Opposition gesteuert: So verleumden sonst nur Rechtsextreme und Autokrat*innen die Zivilgesellschaft“, liest man in einem E-Mail des Vereins Campact. Und weiter: „Jetzt muss die SPD auch in den Koalitionsverhandlungen klarmachen: Wir lassen nicht zu, dass Merz und die Union die Zivilgesellschaft einschüchtern und in ihren Rechten beschränken!“
Deshalb soll der geneigte Leser eine Petition unterzeichnen, „Schützt uns und unsere Demokratie vor Merz’ Angriff“, bittet Campact. Wie so oft sehr schade, dass „unsere Demokratie“ nicht für sich selbst sprechen kann, vielleicht würde sie dann dem ein oder anderen erklären, dass sie tatsächlich schon vor und ganz ohne staatliche Alimentation prächtig zu gedeihen im Stande war.
Angesichts der schieren Verzweiflung diverser Regierungsorganisationen, Politiker und Medien fragt sich allerdings schon: Verhält sich so, wer nichts zu verbergen hat? Auf die Antworten der Regierung darf man jedenfalls sehr gespannt sein – auf die weiteren Reaktionen der möglichen Koalitionspartner ebenso. Denn tatsächlich stellte der neue SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil wegen besagter Unionsanfrage nun sogar die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU in Frage, so klang das jedenfalls.
Wörtlich sprach er von einem „Foulspiel“: „Die Union sollte noch mal sehr schnell in sich gehen, ob sie daran festhält“, sagte Klingbeil am vergangenen Mittwoch. Er könne sich nicht vorstellen, morgens in Arbeitsgruppen zusammenzusitzen und nachmittags solche Anfragen der Union zu erleben. Die Anfrage stelle Organisationen an den Pranger, die die Demokratie schützten. „Deswegen muss die Union jetzt für sich klären, wie ernsthaft sie in Gespräche mit der Sozialdemokratie gehen will.“
Verlängerter Arm des Staates
Man weiß eigentlich gar nicht, was befremdlicher ist: Dass der vermutlich nächste Vizekanzler offenbar wirklich glaubt, die Demokratie hänge am wollenen Faden der von den Omas gegen rechts gestrickten Socken, oder, dass das alles noch irgendwie als sogenannte „politische Mitte“ durchgehen soll. Insofern ist zu hoffen, dass die Union sich vom beeindruckend lauten Geschrei der offensichtlich völlig zurecht Getroffenen nicht beeindrucken lässt, immerhin hat es lange genug gedauert, bis unionsseitig bemerkt wurde, dass beim sogenannten Kampf „gegen Rechts“ das „extrem“ als Präfix meistens gar nicht fehlt, sie also im Zweifel eh auch immer mitgemeint ist.
Jedenfalls blieb der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, am vergangenen Donnerstag im ARD-Morgenmagazin stabil: „Erstens wollen wir niemanden einschüchtern und zweitens schüchtern wir auch niemanden ein.“ Anfragen wie diese seien „das Normalste von der Welt“, dass eine Bundestagsfraktion Auskunft darüber verlange, „wo staatliche Gelder und indirekt auch Steuervergünstigungen hinfließen“. So einfach ist das. Und wenn die SPD das tatsächlich anders sieht, ist mit ihr ohnehin kein Staat zu machen.
In diesem Sinne hilft eine kleine Erinnerung dem ein oder anderen Genossen ja vielleicht auf die Sprünge: Staatlich finanzierte Organisationen müssen ihre politische Neutralität wahren und dürfen gerade nicht parteiergreifend agieren – alles andere ist mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht vereinbar. Tun sie das doch, sind sie keine Rettung der, sondern eine Gefahr für die Demokratie. Als verlängerter Arm des Staates und also finanziert mit Steuergeld in die Meinungsbildung der Bevölkerung einzugreifen oder die Opposition in den Senkel zu stellen, geht sich mit der rechtsstaatlichen Demokratie eben schlicht nicht aus.
Und neben dieser staatsrechtlichen Tangente gibt es ja noch eine andere, nicht weniger wichtige: Tatsächlich soll es durchaus Bürger geben, die nicht die Meinung jedes „Spiegel“-Leitartikels teilen, und die sich nicht deswegen nicht für die Omas gegen Rechts erwärmen können, weil sie keine linken demonstrierenden Omas mögen, oder weil sie keinen Widerspruch ertragen, sondern weil sie ihre eigene öffentliche Belehrung, Beleidigung und Beschimpfung durch diese alten Damen und ihre Mitstreiter nicht auch noch mitfinanzieren wollen.
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