12 März 2025

Anti-CDU-Demos 551 Fragen zu NGOs – So hat die Regierung die Anfrage der Union beantwortet (WELT+)

Anti-CDU-Demos
551 Fragen zu NGOs – So hat die Regierung die Anfrage der Union beantwortet (WELT+)
Von Lars Petersen 12.03.2025, 4 Minuten
Die Unionsfraktion hat mit einer Kleinen Anfrage zu NGOs für viel Aufsehen gesorgt. Nun liegen die Antworten der Bundesregierung vor. Das Finanzministerium lässt die Union bei den Fragen weitgehend abblitzen – nennt aber auch konkrete Zahlen zur Finanzierung einzelner Organisation.
Ende Februar hatten CDU/CSU der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage 551 Fragen zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen wie BUND, Omas gegen Rechts, „Correctiv“ oder Amadeu Antonio Stiftung gestellt – und damit für große Empörung gesorgt: SPD-Chef Lars Klingbeil sprach von einem „Foulspiel“, stellte sogar die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen infrage. Die Linke sprach von einem „Angriff auf die Zivilgesellschaft“, bei den Grünen war von „fast schon Trump'schen Verhältnissen“ die Rede.
Die Union verteidigte ihre Fragen. Zum einen gebe es Proteste gegen die CDU, die teilweise von staatlich finanzierten oder gemeinnützigen Vereinen organisiert werden würden, was „ein Verstoß gegen die demokratische Grundordnung“ sein könnte, da sie sich parteipolitisch neutral verhalten müssten. Zum anderen gebe es Kritik, dass die NGOs „eine Schattenstruktur“ bilden, „die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt“.
Die Fragen der Union zur Finanzierung und Gemeinnützigkeit beziehen sich unter anderem auf das Medienunternehmen „Correctiv“, das globalisierungskritische Netzwerk Attac, die Amadeu Antonio Stiftung, die Tierschutzorganisation Peta, die Deutsche Umwelthilfe, Agora Energiewende und den Verein Neue deutsche Medienmacher*innen – insgesamt also eher dem linken politischen Spektrum zugehörige Organisationen.
„Business Insider“ und WELT liegen exklusiv die Antworten des Bundesfinanzministeriums vor. Presseanfragen von WELT dazu wurden von der Bundesregierung nicht beantwortet, die Pressestelle des Bundestags bestätigte lediglich den Versand der Antwort.
Die Beamten nennen in der Antwort tatsächlich Zahlen zur Finanzierung einzelner NGOs – lassen die Union aber in weiten Teilen auch abblitzen.
Insgesamt 6,4 Millionen Euro allein in diesem Jahr
So wird aus der Übersicht des Bundesfinanzministeriums deutlich: Die 16 abgefragten Organisationen erhielten im Förderjahr 2025 von der Bundesregierung bis Ende Februar für zahlreiche Projekte insgesamt mehr als 6,4 Millionen Euro.

„Business Insider“ hat alle Angaben in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Das Bundesfinanzministerium weist aber darauf hin: „Die dort aufgeführten Angaben entsprechen den mit zumutbarem Aufwand fristgerecht ermittelbaren Informationen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.“ Bei einigen NGOs machte die Regierung keine Angaben in den Antworten.

Spitzenreiter bei den Geldempfängern ist die gemeinnützige Amadeu Antonio Stiftung, die gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus arbeitet. Sie erhielt insgesamt 2,6 Millionen Euro in den ersten beiden Monaten dieses Jahres.

Das Medienunternehmen „Correctiv“, das stark kritisiert worden war für einen Beitrag über ein AfD-Treffen, auf dem über „Remigration“ gesprochen wurde, erhielt 208.000 Euro, zwei Drittel fließen vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in das Projekt: „Brandherd Desinformation: Schulungen zum Umgang mit TikTok in Feuerwehr und Vereinswesen“.

Regierung lässt fast alle Fragen offen

Wer sich Einschätzungen der Regierung zu einzelnen NGOs erhofft, wird enttäuscht. Konkrete Fragen zu einzelnen Organisationen werden vom Bundesfinanzministerium mit Verweis auf die Zuständigkeit der Länder, das politische Neutralitätsgebot der Regierung oder einen zu hohen Rechercheaufwand nicht beantwortet.

Allerdings schreibt die Bundesregierung ein längeres Vorwort, in dem sie betont, dass „der freiheitliche demokratische Verfassungsstaat (…) von zivilgesellschaftlichem Engagement“ lebe. Weiter: „Die Wichtigkeit der Aufgabe, Hass und Hetze entgegenzutreten und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu stärken, wurde auch im Deutschen Bundestag immer wieder hervorgehoben.“

In Bezug auf die Organisation von Protesten gegen die CDU durch NGOs weist das Finanzministerium darauf hin, dass die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu den Grundrechten in Deutschland gehöre. „Die Bundesregierung ist nicht befugt, Zuwendungsempfängern in Hinblick auf die Veranstaltung von Demonstrationen Vorgaben zu machen, sofern diese nicht Gegenstand einer Förderung sind. Verlautbarungen jenseits der konkreten staatlich geförderten Projektumsetzung sind Ausdruck einer Grundrechtsausübung.“ Die Gemeinnützigkeit würden NGOs nicht verlieren.

Zudem weist die Bundesregierung die Kritik zurück, es gebe bei den Organisationen eine „Schattenstruktur“: „Die Bundesregierung sieht keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung, wonach die geförderten ‚NGOs eine Schattenstruktur‘ bildeten.“ Inwiefern Organisationen Politik beeinflussen würden, sei transparent unter anderem im Lobbyregister dargestellt. Und: „Die Bundesregierung weist darauf hin, dass es nicht ihre Aufgabe ist, allgemeine Informationen über die Aktivitäten und Kontakte von Organisationen zu sammeln, zu überwachen oder zu bewerten, gleichviel ob sie – wie weit überwiegend – eine Projektförderung oder eine institutionelle Förderung oder keine Förderung erhalten.“

Steinhöfel erwägt weitere Schritte

Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel hatte für das Online-Portal „Nius“ eine nahezu gleichlautende Presseanfrage mit allen 551 Fragen an sämtliche Bundesministerien gestellt. Er kritisierte die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage: „Statt sorgfältig auf eine parlamentarische Anfrage zu reagieren, liefert die Bundesregierung ein herablassendes Pamphlet ab“, sagte Steinhöfel WELT. Dies sei „ein passender Schlussakkord der gescheiterten Ampel-Regierung“. Diese „Anmaßung“ sei aber auch wegen einer „teilweise inkompetenten Fragestellung der Union“ möglich gewesen: „Wir werden jetzt die Unterlagen prüfen, die Frageliste neu aufsetzen und dann Licht ins Dunkel bringen“, kündigte er an.
Dieser Artikel erschien zuerst bei „
Business Insider“.

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