12 März 2025

Union und NGOs - Eine vernichtende Niederlage (WELT+)

Union und NGOs -

Eine vernichtende Niederlage (WELT+)
Von Andreas Rosenfelder, Chefkommentator und Ressortleiter Meinungsfreiheit
12.03.2025, 3 Minuten
Für Friedrich Merz und Alexander Dobrindt sind die nichtssagenden Antworten der Bundesregierung auf ihre 551 Fragen eine Blamage. Sie demonstrieren die Machtlosigkeit des vermeintlichen Wahlsiegers. Der Einfluss der NGOs könnte durch einen Trick der Grünen sogar wachsen.
Obwohl CDU und CSU als Sieger aus der Bundestagswahl hervorgingen, scheint für sie zu gelten, was Friedrich Dürrenmatt als Gesetz der Tragikomödie formulierte: „Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat.“ Dabei begann alles mit einem mutigen Schritt: Gleich nach der Wahl, die Friedrich Merz trotz einer Kampagne regierungsfinanzierter „Nichtregierungsorganisationen“ von Greenpeace bis Correctiv gewinnen konnte, stellte die Unionsfraktion der Bundesregierung 551 Fragen zu diesem verfassungswidrigen Geflecht aus Staat und Aktivismus.
Das NGO-Milieu, das sich irreführend als „Zivilgesellschaft“ ausgibt, interpretierte diese von Friedrich Merz und Alexander Dobrindt unterzeichnete Anfrage als Kriegserklärung. Nicht zu Unrecht: Schließlich handelt es sich um eine mächtige und personalintensive Infrastruktur, die von Grünen und Sozialdemokraten dominiert wird und auf einem undurchsichtigen Geschäftsmodell aus Steuergeldern und Steuerbegünstigungen basiert – vor allem aber darauf, dass niemand allzu kritisch hinschaut.
Das wird auch so bleiben – und darin liegt der tragische Kern der Geschichte. Friedrich Merz und Lars Klingbeil einigten sich schon vor Beginn der Sondierungen darauf, den Fragenkatalog unter den Tisch fallen zu lassen – das heißt, sie „haben sich auf einen Umgang mit den Fragen der Union verständigt“, wie es ein SPD-Sprecher etwas diplomatischer formulierte. Die Bundesregierung konnte so ohne Druck einen nichtssagenden Antwortkatalog erstellen, der aus Ausweichmanövern besteht und jede Kritik als unberechtigt zurückweist („Business Insider“ und WELT liegen exklusiv die Antworten des Bundesfinanzministeriums vor).
Die NGO-Offensive der Unionsfraktion erweist sich damit nicht nur als symbolisches Strohfeuer, sondern als politische Blamage: Sie demonstriert die Machtlosigkeit des vermeintlichen Wahlsiegers – und die ungebrochene Macht der rotgrünen Institutionen, die nun wissen, dass sie auch unter einem Bundeskanzler Merz keine Angst vor demokratischer Kontrolle haben müssen.
Womit wir beim komischen Aspekt dieser konservativen Tragikomödie wären: Die Union hat nicht nur eine mutige Offensive abgeblasen, womöglich muss sie für die unbotmäßigen Nachfragen sogar eine demütigende Entschädigung bezahlen. Da der CDU-Chef seine historischen Schuldenpläne als alternativlos behandelt, können ihm die Grünen, deren Zustimmung er braucht, die Bedingungen diktieren – und haben sich den genialen Trick ausgedacht, einen Teil der Infrastruktur-Milliarden in die hauseigene NGO-Schattenwirtschaft umzulenken.

So fordern sie klug einen „umfassenden, breiten und integrierten Sicherheitsbegriff“, der jenseits des Militärischen auch „die Stärkung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung“ sowie „den Schutz der informationstechnischen Systeme und der Infrastruktur“ einschließt. Unter diese schwammigen Oberbegriffe fallen die allermeisten NGOs, ob sie ihre Regierungsgelder nun für „feministische Außenpolitik“ oder gegen „Desinformation“ oder „Fake News“ einsetzen.

Grüne Thinktanks und Meldestellen als Teil der deutschen Landesverteidigung? Der verstorbene Philosoph Friedrich Kittler hätte diese dreiste Umwidmung wohl als „Missbrauch von Heeresgerät“ bezeichnet. Der einzige Krieg, für den die NGOs taugen, ist der Kulturkampf. In diesem hat die Union, wenn sie den Deal mitmacht, schon jetzt eine vernichtende Niederlage erlitten.

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