Eine vernichtende Niederlage (WELT+)12.03.2025, 3 Minuten
Für Friedrich Merz und Alexander Dobrindt sind die nichtssagenden
Antworten der Bundesregierung auf ihre 551 Fragen eine Blamage. Sie
demonstrieren die Machtlosigkeit des vermeintlichen Wahlsiegers. Der
Einfluss der NGOs könnte durch einen Trick der Grünen sogar wachsen.
Obwohl
CDU und CSU als Sieger aus der Bundestagswahl hervorgingen, scheint für
sie zu gelten, was Friedrich Dürrenmatt als Gesetz der Tragikomödie
formulierte: „Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre
schlimmstmögliche Wendung genommen hat.“ Dabei begann alles mit einem
mutigen Schritt: Gleich nach der Wahl, die Friedrich Merz trotz einer
Kampagne regierungsfinanzierter „Nichtregierungsorganisationen“ von Greenpeace bis Correctiv gewinnen konnte, stellte die Unionsfraktion der Bundesregierung 551 Fragen zu diesem verfassungswidrigen Geflecht aus Staat und Aktivismus. Das
NGO-Milieu, das sich irreführend als „Zivilgesellschaft“ ausgibt,
interpretierte diese von Friedrich Merz und Alexander Dobrindt
unterzeichnete Anfrage als Kriegserklärung. Nicht zu Unrecht:
Schließlich handelt es sich um eine mächtige und personalintensive
Infrastruktur, die von Grünen und Sozialdemokraten dominiert wird und
auf einem undurchsichtigen Geschäftsmodell aus Steuergeldern und
Steuerbegünstigungen basiert – vor allem aber darauf, dass niemand allzu kritisch hinschaut. Das
wird auch so bleiben – und darin liegt der tragische Kern der
Geschichte. Friedrich Merz und Lars Klingbeil einigten sich schon vor
Beginn der Sondierungen darauf, den Fragenkatalog unter den Tisch fallen
zu lassen – das heißt, sie „haben sich auf einen Umgang mit den Fragen
der Union verständigt“, wie es ein SPD-Sprecher etwas diplomatischer
formulierte. Die Bundesregierung konnte so ohne Druck einen
nichtssagenden Antwortkatalog erstellen, der aus Ausweichmanövern
besteht und jede Kritik als unberechtigt zurückweist („Business Insider“
und WELT liegen exklusiv die Antworten des Bundesfinanzministeriums vor). Die
NGO-Offensive der Unionsfraktion erweist sich damit nicht nur als
symbolisches Strohfeuer, sondern als politische Blamage: Sie
demonstriert die Machtlosigkeit des vermeintlichen Wahlsiegers – und die
ungebrochene Macht der rotgrünen Institutionen, die nun wissen, dass
sie auch unter einem Bundeskanzler Merz keine Angst vor demokratischer
Kontrolle haben müssen. Womit wir beim komischen Aspekt dieser konservativen Tragikomödie wären:
Die Union hat nicht nur eine mutige Offensive abgeblasen, womöglich
muss sie für die unbotmäßigen Nachfragen sogar eine demütigende
Entschädigung bezahlen. Da der CDU-Chef seine historischen Schuldenpläne
als alternativlos behandelt, können ihm die Grünen, deren Zustimmung er
braucht, die Bedingungen diktieren – und haben sich den genialen Trick
ausgedacht, einen Teil der Infrastruktur-Milliarden in die hauseigene
NGO-Schattenwirtschaft umzulenken.
So fordern sie klug
einen „umfassenden, breiten und integrierten Sicherheitsbegriff“, der
jenseits des Militärischen auch „die Stärkung internationaler
Organisationen zur Friedenssicherung“ sowie „den Schutz der
informationstechnischen Systeme und der Infrastruktur“ einschließt.
Unter diese schwammigen Oberbegriffe fallen die allermeisten NGOs, ob
sie ihre Regierungsgelder nun für „feministische Außenpolitik“ oder
gegen „Desinformation“ oder „Fake News“ einsetzen.
Grüne
Thinktanks und Meldestellen als Teil der deutschen Landesverteidigung?
Der verstorbene Philosoph Friedrich Kittler hätte diese dreiste
Umwidmung wohl als „Missbrauch von Heeresgerät“ bezeichnet. Der einzige
Krieg, für den die NGOs taugen, ist der Kulturkampf. In diesem hat die
Union, wenn sie den Deal mitmacht, schon jetzt eine vernichtende
Niederlage erlitten.
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