Dienstag, 21.03.2023
Was der Ukraine-Krieg mit der Klima-Brechstange und der Banker-Gier zu tun hat? Sachlich – nichts. Aber emotional – alles. Die Krisen und die Empörungsanlässe dieser Zeit laufen beim Bürger auf und addieren sich zu einem pessimistischen Grundgefühl. Wir sitzen in einer Vergeblichkeitsfalle. So fühlt es sich jedenfalls an. Nichts läuft so richtig gut, vieles dafür geht richtig schief – und für mich wird alles teurer. Willkommen in der Unsicherheitsrepublik. Die Berliner und die Brüsseler Politik – nicht irgendeine, sondern: die grüne Klima-Verbotspolitik – bombardiert die Bürger fröhlich lächelnd oder grob drohend mit Vorschlägen, die tief eingreifen in ihr bisheriges Leben.
Ohne zu sagen, wie es geht, dieses neue Leben. Wer es wie bezahlen soll, falls das überhaupt geht. Und ohne zu sagen, weshalb das alles am Ende nötig sein soll. Denn nicht einmal die große Sinnfrage ist geklärt.
Grün war einmal die Hoffnung, das ist nun leider vorbei
Wo Debatte sein sollte, hat sich längst die Apokalypse breitgemacht. Die Apokalypse hat für deren Propagandisten einen unschlagbaren Vorteil: Dem Weltuntergang kann man nicht widersprechen. Der Weltuntergang hat auch eine Farbe: Er ist grün. Grün war einmal die Hoffnung, das ist nun leider vorbei.
Und so begründet Katrin Göring-Eckardt den nun überfallartig eingeleiteten Klimaschutz ihres Parteifreundes Robert Habeck: „Ich möchte nicht in einem Land leben, wo wir Verwüstungen haben, dass die Leute da nicht mehr leben können.“ Wo es über zwei Grad wärmer wird, „und die Leute in den Städten zusätzlich Krankheiten bekommen, es nicht mehr ertragen können, wo es Wassermangel gibt…“
Die Menschen aus Tuvalu mögen zu Recht Angst haben vor dem Untergang ihrer Inseln als Folge des klimabedingten Meerwasserpegelanstiegs. Aber muss jetzt auch die Rentnerin in Spandau oder der Anwaltsgehilfe in Daglfing Angst haben, in den Fluten ertränkt oder von neuartigen Klimaviren aufgefressen zu werden?
Wenn sie oder er nicht sofort, und sofort heißt auch sofort, eine neue Heizung einbauen, ein Elektroauto fahren und das Tartar durch Tofu ersetzen.
Der Klimaschutz hört sich nun plötzlich so verdächtig nach Religion an
Vielleicht ist es Menschen wie Göring-Eckardt – oder dem Dauer-wehleidigen UN-Generalsekretär Antonio Guterres, zu „verdanken“, dass sich Klimaschutz nun plötzlich so verdächtig nach Religion anhört. Aber bei der Religion herrscht am Ende wenigstens noch Hoffnung. Während dieser Klimaschutz im grünen Gewand inzwischen das Zeug dazu hat, sich zum großen Angst-Thema zu entwickeln.
Die unerklärte Sinnfrage, sie lautet so: Was nutzt es, wenn Berlin in sechseinhalb Jahren klimaneutral ist, Deutschland und vielleicht Europa 2045, aber der größte Klimasünder dieser Zeit, China, aktuell noch mehr als 200 neue Kohlekraftwerke baut? Und Russland nicht nur eine Feuerwalze über der Ukraine angezündet, sondern darüber auch alle ökologische Modernisierung im eigenen Land hat fahren lassen? Und Indien, das bald schon das Land mit der größten Bevölkerung der Welt sein wird, erst in 47 Jahren klimaneutral sein will?
Wer jetzt noch eine Öl- oder Gasheizung einbaut, für den wird es am Ende richtig teuer, sagen erschrockene Klimapolitiker der Grünen. Falsch, sagt der gesunde Menschenverstand. Wer jetzt 65 Jahre alt ist, in einem 50-jährigen Haus wohnt, mit einer Heizung, die 15 Jahre alt ist, für den kann es sinnvoll sein, in die alte Technik zu investieren. Denn wenn sie kaputt geht, ist er schon tot.
Was der Klima-Sofortismus mit der heraufziehenden Bankenkrise gemein hat
Am Ende dürfte es so auch mit den Autos laufen. Wie es heute einen Fossilheizungsboom gibt, startet dann in elf Jahren der Verbrenner-Boom. Es sei denn, man kann mit so einem E-Polo bis dahin in einem Rutsch von München nach Mülheim fahren und er kostet so wenig wie er dank einfacher Technik wirklich wert ist.
Die Enttäuschung, die ein teurer Klima-Sofortismus in Tateinheit mit einer kaum erklärten Klimastrategie erzeugt, greift auch anderswo Platz. Sicher, die 30 Milliarden Schweizer Franken, die sich die unersättlichen Banker der Pleitebank Credit Suisse gönnten, haben mit dem Klima und dem Krieg auf den ersten Blick nichts zu tun. Aber nur auf den ersten Blick. So, wie der deutsche Klima-Aktionismus für ein kaum haltbares politisches Versprechen steht, ist die heraufziehende Bankenkrise die Folge eines gebrochenen politischen Versprechens.
Nämlich, dass sich so etwas wie die globale Finanzkrise nicht mehr wiederholen werde. Der Fall Credit Suisse zeigt: Ob die Finanzmarktreformen, die es gab, wirklich greifen – niemand weiß es. Im Moment überwiegt sogar die Skepsis. Dass aber die Gier dieser offensichtlich ganz besonderen Managerkaste ungebrochen ist, steht hingegen fest.
Der Weg aus der Unsicherheitsrepublik führt nicht über trügerische Versprechen
Hier lässt sich der Unterschied zwischen Kapitalismus und Marktwirtschaft studieren. Letztere ist im Volk verankert, erstere nur im Kapitalmarkt. Gier scheint eine menschliche Konstante zu sein. Und darum muss man wenigstens versuchen, sie zu humanisieren, was bedeutet, sie von ihren Auswüchsen zu befreien.
Weshalb gibt es eigentlich keine Diskussion über einen Höchstlohn? Weshalb sollte eine Gesellschaft, die sich zutraut, das Minimum-Gehalt zu definieren, scheuen, das Maximum festzulegen? Es könnte ein Akt der sozialen Befriedung sein.
Der Weg aus der Unsicherheitsrepublik führt nicht über trügerische Versprechen, sondern über handwerklich saubere, gut erklärte und daher nachvollziehbare Politik – in respektvoller Dienstleistungs-Haltung zum Auftraggeber: dem Volk. Womit das größte Berliner Defizit schon hinreichend erklärt wäre.
Was der Ukraine-Krieg mit der Klima-Brechstange und der Banker-Gier zu tun hat? Sachlich – nichts. Aber emotional – alles. Die Krisen und die Empörungsanlässe dieser Zeit laufen beim Bürger auf und addieren sich zu einem pessimistischen Grundgefühl. Wir sitzen in einer Vergeblichkeitsfalle. So fühlt es sich jedenfalls an.
Nichts läuft so richtig gut, vieles dafür geht richtig schief – und für mich wird alles teurer. Willkommen in der Unsicherheitsrepublik. Die Berliner und die Brüsseler Politik – nicht irgendeine, sondern: die grüne Klima-Verbotspolitik – bombardiert die Bürger fröhlich lächelnd oder grob drohend mit Vorschlägen, die tief eingreifen in ihr bisheriges Leben.
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