Ein Sargnagel für Deutschlands Industrie (Cicero)
Nicht umweltpolitisch, sondern wettbewerbspolitisch
Vor einigen Jahren erläuterte mir ein hochrangiger Manager der chinesischen Bejing Automotive Group (BAIC Group), dass die europäischen Autohersteller beim klassischen Antriebsstrang mit Motor, Kupplung, Getriebe und Differential einen Erfahrungsschatz von 125 Jahren hätten. Diesen Erfahrungsschatz werde China niemals aufholen können. Vor diesem Hintergrund, so mein chinesischer Kollege, habe sein Land entschieden, einen neuen Antriebsstrang zu entwickeln: und zwar den, der von Batterien betrieben wird und für dessen Herstellung ausreichend heimische Rohstoffe vorhanden sind.
Die Motivation für die Entwicklung begründete er nicht umweltpolitisch, sondern wettbewerbspolitisch. China hat dieses Ziel erfolgreich umgesetzt. Das Land hält mittlerweile einen globalen Marktanteil bei Lithionenantrieb von gigantischen 80 Prozent. Gleichzeitig schaute das Land – halb verwundert, halb belustigt – auf den großen Wettbewerber Europa. Dort entschied sich die Politik nicht etwa, den hocheffizienten und immer saubereren klassischen Antriebsstrang zu stärken, sondern zu verteufeln.
Emissionen werden allein am Auspuff gemessen
Eines ist dabei zweifellos richtig: Batterieantriebe (BEF Fahrzeuge)
sind für große Städte, in denen kurze Distanzen zurückgelegt werden
müssen, eine gute Lösung. Für lange Strecken eignen sie sich allerdings
nicht. Und zwar aus Umweltgründen. Woher kommt dann das immer
wiederkehrende Argument, E-Autos seien viel umweltfreundlicher als
Verbrenner-Autos?
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Darüber hinaus muss der Strom für Millionen von E-Autos produziert werden. Die Chinesen lösen diese Herausforderung mit dem Bau unzähliger Atomkraft- und Kohlekraftwerke. Mit anderen Worten: Sie erreichen sauberere Luft in ihren Städten zum Preis eines massiven CO2-Ausstoßes in ländlichen Regionen.
Dümmste Entscheidung in der EU-Geschichte
In Deutschland drohen wir dagegen in eine Situation zu geraten, in der wir aufgrund des Wegfalls von russischem Gas und der Verteufelung der Kernenergie noch nicht einmal unsere Volkswirtschaft mit ausreichend Strom versorgen können – ganz zu schweigen von einer steigenden Anzahl an E-Autos und dem immensen Energiebedarf in Zusammenhang mit der Digitalisierung, Stichwort Künstliche Intelligenz und Cloud-Computing.
Der ehemalige italienische Ministerpräsident Matteo Renzi hat gesagt, dass die Entscheidung von der Kommission in Brüssel und dem Parlament in Straßburg die dümmste Entscheidung in der Geschichte der EU sei. Denn Europa hat damit entschieden, sich nun auch beim Fahrzeugantrieb im Wesentlichen abhängig von China zu machen. Weshalb man einer wirtschaftlich immer stärker werdenden Volkswirtschaft, die noch dazu eine Diktatur ist, diesen strategischen Wettbewerbsvorteil per Gesetz trotzdem ermöglicht hat, bleibt das Geheimnis der Initiatoren.
Das Argument, die deutsche Automobilindustrie habe sich doch
mittlerweile selbst dazu entschlossen, auf den E-Antrieb zu setzen, ist
dabei fadenscheinig. Diese Entscheidung wurde in vielen Vorständen
gefällt, weil man erkannt hat, dass die Politik
regulatorisch so oder so in diese Richtung steuern wird. Einige große
Autohersteller haben sich denn auch dazu entschieden, Batterien in
Europa zu produzieren. Allerdings werden diese Batterien deutlich teurer
sein als jene, die in China hergestellt werden. Die Folge: Ohne massive
staatliche Subventionen werden wir hier eine Wettbewerbsfähigkeit mit
China nicht einmal ansatzweise erreichen können. Diese Erkenntnis hat
sich mittlerweile selbst in der Bundesregierung durchgesetzt.
Chinesische Hersteller freuen sich
Die Entscheidung für das Aus des Verbrenners hat allerdings auch eine soziale Dimension: In Zukunft wird es für die unteren 50 Prozent der Einkommenspyramide in Europa schwer werden, ein Fahrzeug zu finanzieren, mit dem man als Familie mit zwei Kindern in überschaubarer Zeit in den Urlaub oder zu einem Wochenendausflug fahren kann. Denn ein Kompaktfahrzeug mit E-Antrieb wird es bis auf weiteres unter 40.000 Euro nicht mehr geben.
Gleichzeitig wird die Reichweite der günstigeren E-Autos bei gerade einmal 200 bis 250 Kilometer liegen. Nur im teuren Luxussegment werden Autos größere Distanzen zurücklegen können. Vor diesem Hintergrund verlassen eine ganze Reihe von europäischen Herstellern das Segment der kleinen Fahrzeuge. Es ist absehbar, dass chinesische Hersteller massiv in diese Lücke im europäischen Markt vorstoßen werden.
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