Bei der Umwelt war es nicht besser. Wer wissen wollte, warum die
Lebenserwartung in der DDR um Jahre geringer war als in Westdeutschland,
musste nur den Universitätsturm im Zentrum von Leipzig besteigen. Als
ich dies 1989 tat, hätte ich eigentlich einen herrlichen Blick auf die
Stadt haben müssen, denn es war ein strahlend schöner Tag, aber
stattdessen sah ich auf eine undurchdringliche Smog-Schicht, die über
der ganzen Stadt lag. Nein, wirklich jeder konnte sich überzeugen, dass
die Planwirtschaft vollständig gescheitert war. Die westliche
Marktwirtschaft war ihr haushoch überlegen.
Tiefe Eingriffe in die individuellen Freiheitsrechte
Offensichtlich ist das Gedächtnis vieler Politiker und vieler
Journalisten zu kurz, um sich an diese Erfahrung zu erinnern. Wie anders
ist es beispielsweise zu erklären, dass in Berlin von 2016 bis 2020 mit
Frau Lompscher eine Bausenatorin der Linken im Amt war, die als SED-Mitglied ihre ersten Berufserfahrungen an der Bauakademie der DDR gesammelt
hatte? Und wie kommt es, dass viele Politiker und Journalisten die
Lösung von Problemen auf dem Wohnungsmarkt in einem staatlich gelenkten
Wohnungsbau sehen?
Noch dramatischer ist die Situation in der Umweltpolitik und hier vor
allem beim Klimaschutz. Auch hier stellt sich die Frage, ob man beim
Umbau der Wirtschaft auf Märkte vertraut und den Emissionshandel oder
eine CO2-Steuer als Instrument wählt, oder zu Command and Control, also
der planwirtschaftlichen Variante, greift. Letzteres ist inzwischen die
Regel und die Verbote und Gebote, die der staatliche Planer einsetzt, um
die große Transformation zu erzwingen, greifen immer tiefer in die
individuellen Freiheitsrechte ein und zeigen immer deutlicher die
dramatischen Folgen der Planwirtschaft.
Wir sollen nicht mehr wählen dürfen,
welche Art von Auto wir fahren oder wie wir unsere Häuser bauen. Die
Technologie, die für die Energieerzeugung eingesetzt werden darf, wird
staatlich festgelegt, und ob wir das Flugzeug benutzen oder ob und wo
wir überhaupt noch Urlaub machen, wird in entsprechenden Kreisen schon
lange hinterfragt. Auch das Ziel ist durch den Plan des Staates fest und
unverrückbar vorgegeben: Deutschland muss klimaneutral werden, egal
wie.
Ins moralische Abseits stellen
Dieses Ziel zu hinterfragen ist ausgeschlossen. Wer es dennoch tut, wird ins moralische Abseits gestellt
– eine Methode, die auch in der DDR sehr beliebt war. Dabei sollte doch
eigentlich klar sein, dass es beim Klimaschutz nicht darum geht, wer
als erster klimaneutral ist, sondern darum, die globalen CO2-Emissionen
so weit abzusenken, dass der Erderwärmung Einhalt geboten wird.
Deutschland mit der klimapolitischen Brechstange klimaneutral zu machen,
führt zu extrem hohen Lasten und Kosten. Es wäre mit Leichtigkeit
möglich, eine Klimapolitik zu betreiben, bei der Deutschland nicht
klimaneutral wird, weniger Lasten entstehen, aber deutlich mehr CO2
eingespart wird – aber das sieht der Plan leider nicht vor.
Ganz besonders deutlich wird der Unterschied zwischen Markt und Plan,
wenn es darum geht, im Wärmemarkt CO2 einzusparen. Minister Habeck und
sein Staatssekretär Graichen haben sich für planwirtschaftliche
Brachialgewalt entschieden. Sie verbieten einfach fossil betriebene
Heizungen und zwingen Hausbesitzer zum Einbau einer Wärmepumpe.
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Sowohl die dadurch verursachten Kosten als auch die Menge CO2, die
dadurch eingespart wird, variieren sehr stark, weil beides von einer
ganzen Reihe von Parametern abhängt. Das Alter des Hauses spielt eine
Rolle, die Dämmung, die Heizungsanlage und nicht zuletzt die Frage,
welche Heizung ersetzt wird.
Die Kosten bewegen sich allerdings grundsätzlich im fünfstelligen
Bereich und die eingesparten CO2-Mengen sind überschaubar. Da
Wärmepumpen erst dann klimaneutral sind, wenn der Strom, den sie
massenhaft verbrauchen, ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt,
lassen sich durch eine Wärmepumpe nur 3 bis 4 Tonnen CO2 pro Jahr
einsparen. Die Kosten pro Tonne variieren dabei von einigen hundert bis
weit über tausend Euro pro Tonne.
Für die wenigsten Hausbesitzer rechnet sich die Investition und
insbesondere die Besitzer von Altbauten können sich sehr ernsten
Problemen gegenübersehen, weil sie unter Umständen nicht nur die
Wärmepumpe, sondern auch eine zusätzliche Hausdämmung finanzieren
müssten, wenn sie nicht frieren wollen. Das kann zu extremen Belastungen
führen. Deshalb wird der ersten Regulierung auch gleich die zweite
nachgeschoben: Um die schlimmsten Folgen abzufedern wird es Transfers
geben, d.h. alle Steuerzahler werden zur Deckung der viel zu hohen
Kosten herangezogen.
Marktwirtschaftliche Alternative
Wie sieht die marktwirtschaftliche Alternative aus? Sie besteht
darin, den Wärmemarkt in den Europäischen Emissionshandel (ETS) zu
integrieren. Die EU legt für den ETS-Sektor (zu dem dann auch der
Wärmemarkt zählt) eine CO2 Höchstmenge fest, die pro Jahr emittiert
werden darf und die jährlich abgesenkt wird. Über diese Menge werden
Emissionsrechte ausgegeben, die handelbar sind. Jeder, der CO2
emittiert, muss ein entsprechendes Recht erwerben. Da die Anzahl der
Emissionsrechte fix ist, bedeutet das, dass die Emissionen, die
beispielsweise durch eine Ölheizung verursacht werden, an anderer Stelle
eingespart werden müssen. Der Preis für das Emissionsrecht signalisiert
die Kosten, die dabei anfallen.
Besitzer von fossilen Heizungen müssten deshalb die Kosten für die
Einsparung der CO2-Emissionen übernehmen, die sie selbst verursachen,
oder sie sparen diese Kosten, indem sie eine CO2-freie Heizung einbauen.
Die Entscheidung darüber trifft allein der Hausbesitzer und natürlich
werden dabei die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigt. Im Ergebnis
kommt es nur dort zu einer neuen Heizung, wo die Kosten niedriger sind
als bei allen anderen Möglichkeiten der CO2-Vermeidung, die es im
ETS-Sektor gibt. Das dürfte äußerst selten der Fall sein.
Planvorgaben sowjetischer Art
Die Marktlösung sichert, dass die CO2-Emissionen in Europa sicher und
planbar abgesenkt werden. Sie überlässt dabei die Entscheidung über die
Art und Weise der Vermeidung von CO2 den einzelnen Emittenten, kommt
fast ohne staatlichen Zwang aus und minimiert die Lasten und Kosten, die
die Klimapolitik nun einmal auslöst.
Wo ist der Haken? Im Grunde gibt es keinen, aber die Vertreter einer
planwirtschaftlichen Lösung haben einen erfunden: Die Marktlösung stellt
nicht sicher, dass Deutschland schnellstmöglich klimaneutral wird. Es
könnte ja sein, dass die Vermeidung von CO2 außerhalb Deutschlands viel
günstiger möglich ist und der Markt deshalb auf nicht-deutsche
Vermeidungen zurückgreift.
Das ist eigentlich sehr vernünftig, aber mit der Planvorgabe nun
einmal nicht zu vereinbaren. Am Plan darf nicht gezweifelt werden. Der
Plan ist auf jeden Fall richtig. So war es in der Sowjetunion und so war
es in der DDR. Und so soll es wohl auch bei uns sein. Leider ist dieser
Vergleich keine Übertreibung, wie sich an dem letzten Beispiel für
planwirtschaftliche Klimapolitik zeigt.
Sehr hohen Preis für keinen Klimaschutz
Kanzler Scholz hat gesagt, dass in Zukunft fünf bis sechs Windkraftanlagen pro Tag errichtet
werden sollen. Das klingt wie die Verkündigung des nächsten
5-Jahresplans durch die SED. Aber die SED hat wenigstens sinnvolle Ziele
gesetzt: Wohnungen und Autos bauen. Windkraftanlagen sind als
klimapolitisches Instrument dagegen vollkommen sinnlos.
Wie bereits gesagt, die EU legt für den ETS-Sektor eine Höchstmenge
für die CO2-Emissionen fest und vergibt eine entsprechende Menge an
Emissionsrechten. Der Energiesektor ist Teil des ETS-Sektors. Wenn also
Deutschland versucht durch Windkraft klimaneutral zu werden, hat das auf
die Anzahl der Emissionsrechte in Europa keine Auswirkung. Die Rechte,
die wir in Deutschland durch Windkraft sparen, werden verkauft und an
anderer Stelle ausgeübt.
Es kommt deshalb nicht zu einer Einsparung von CO2 in Europa, sondern
nur zu einer Verlagerung der Vermeidung nach Deutschland – also
dorthin, wo es besonders teuer ist. Den anderen Europäern kann es recht
sein, denn die horrenden Kosten tragen ja allein die Deutschen. Um es
polemisch zuzuspitzen: Der planwirtschaftliche Ausbau der Windkraft in
Deutschland ist die schlechteste denkbare Klimapolitik, denn sie bezahlt
einen sehr hohen Preis für keinen Klimaschutz – so etwas hat nicht
einmal die SED hinbekommen.
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