Da
Sprachkompetenz für Integration, Ausbildung und die Suche nach einem
Arbeitsplatz entscheidend ist, verweist der Bericht auf die Wichtigkeit
der frühkindlichen Erziehung und äußert den Verdacht: „Obwohl es in
Deutschland gesetzlich verboten ist, Kindern aufgrund ihres
Migrationshintergrunds den Zugang zu Kinderbetreuung zu verwehren
(Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), könnte Diskriminierung eine Rolle
bei der Platzvergabe spielen.“
Hinsichtlich
des Sprachgebrauchs im Elternhaus zeigen sich laut dem Bericht
ebenfalls deutliche Unterschiede: Unter Eltern, die beide im Ausland
geboren sind, gaben 57 Prozent an, zu Hause „manchmal“ Deutsch zu
sprechen. Nur 10 Prozent dieser Eltern gaben an, zu Hause „immer“
Deutsch zu sprechen. Unter Familien, in denen ein Elternteil aus dem
Ausland stammt, gaben 39 Prozent an, zu Hause „immer“ Deutsch zu
sprechen.
Eltern erkennen Wert von Ausbildung nicht
Im
Migrationsbericht werden „sechs zentrale Gründe für den vergleichsweise
niedrigen Anteil beruflich ausgebildeter Menschen mit
Migrationshintergrund“ benannt:
1.
Die Zugangshürden seien hoch. Das System der Berufsausbildung sei
„komplex und schwer durchschaubar“. Ausländische Eltern könnten anders
als deutsche Eltern ihren Kindern bei der Berufswahl nicht beratend
helfen. Der inzwischen erforderliche Umgang mit sozialen Netzwerken, die
beim Zugang zu attraktiven Ausbildungsplätzen eine wichtige Rolle
spielen, sei nicht geläufig.
2.
Unter Familien mit Migrationshintergrund herrsche oft eine geringere
Wertschätzung für eine berufliche Ausbildung, da diese im Herkunftsland
weniger bekannt oder als weniger nützlich angesehen wird.
3.
Niedriger sozioökonomischer Status geht mit geringeren Bildungschancen
einher, „auch weil die Eltern ihre Kinder weniger gut beim Durchlaufen
des Bildungs- und Berufsausbildungssystems unterstützen können“.
4.
Ob sich eine Berufsausbildung lohnt, hängt nach Aussage des Berichts
„entscheidend davon ab, ob ein dauerhafter Verbleib in Deutschland
geplant ist“. Zudem verdiene man während der Berufsausbildung weniger
als bei Jobs, die keine Berufsausbildung voraussetzen.
5.
Trotz fachlicher Kompetenz erschweren Sprachbarrieren den erfolgreichen
Abschluss. „Berufsschulen sind nicht immer in der Lage angesichts der
zunehmenden Diversität der Schülerschaft, im Teilzeitunterricht allen
Schülerinnen und Schülern eine ausreichende Förderung zu bieten“, heißt
es im Bericht.
6. Im Ausland
erworbene berufliche Fähigkeiten werden in Deutschland oft nicht
anerkannt. Der Malteser-Hilfsdienst fordert deshalb, dass
„Zugangsbarrieren abgebaut und individuelle Unterstützungsbedarfe
stärker berücksichtigt werden“. Gleichzeitig sollte das Bewusstsein
dafür gestärkt werden, dass die langfristigen Perspektiven im
„Helferarbeitsmarkt“ – also Jobs ohne Berufsausbildung – deutlich
schlechter sind.
Malteser-Vorstand warnt vor „verschenktem Potential“
„Eine
unklare Bleibeperspektive darf kein Argument gegen frühe Integration
sein“, schreibt Elmar Pankau, Vorstandsvorsitzender des
Malteser-Hilfsdienstes, im Vorwort des Berichts.
Seine
Begründung: „Jeder Monat des Wartens ist für die Betroffenen
verschenkte Zeit und für die Gesellschaft verschenktes Potential. Selbst
bei einer Rückkehr ins Herkunftsland werden die Menschen wertvolle
berufliche Qualifikationen mitnehmen, was für sie persönlich ein Gewinn
und für einen Neubeginn vor Ort eine Hilfe sein kann. Die frühe
Integration in den Arbeitsmarkt ist kein Akt der Großzügigkeit, sondern
eine Investition in die Zukunft.“
Schleuserkriminalität um 119 Prozent gestiegen
Neben
dem Bildungs- und Arbeitsmarktbereich befasst sich der Bericht in einem
Kapitel auch mit Kriminalität unter Migranten, ihrer aktuellen
Entwicklung und ihrem Zusammenhang mit Flucht aus Krisengebieten.
Im
vergangenen Jahr sei die Kriminalität unter Migranten zurückgegangen.
Dies habe mit dem „Rückgang der Rauschgiftdelikte durch die
Cannabis-Legalisierung“ zu tun. Insgesamt liege die Anzahl der
registrierten Straftaten zwar 7 Prozent über dem Niveau von 2019, jedoch
6 Prozent unter dem Niveau von 2010, haben die Verfasser des Berichts
festgestellt.
In den meisten
Deliktbereichen sei die Anzahl der Straftaten zum Vorjahr jedoch gleich
geblieben. Diebstahl habe generell abgenommen, Vermögens- und
Fälschungsdelikte hätten indes sowohl unter Migranten als auch unter
Deutschen zugenommen.
Die Anzahl der
registrierten fremdenfeindlichen Straftaten nahm laut Studie im Jahr
2023 um dramatische 38 Prozent im Vergleich zu 2022 zu. Besonders
sprunghaft stieg die Schleuserkriminalität an: 2023 wurden 39.700
solcher Fälle registriert. Das entspricht einem Anstieg um 119 Prozent
im Vergleich zu 2022. Insgesamt seien im Jahr 2023 4.400 Personen in
Verdacht geraten, Ausländer nach Deutschland einzuschleusen.
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