Dahinter steht eine Mischung aus magischem Denken, laut dem befürchtet wird, dass das bloße Anhören „falscher Ideen“ die Menschen schon zu Anhängern eben dieser Ideen macht, sowie dem autoritären Wunsch, Meinungen schlicht verbieten zu können, die einem nicht passen. Falsch ist beides. Wer Menschen nicht zutraut, Ideen anzuhören und danach abzuwägen, was sie von ihnen halten, vertraut letztlich der liberalen Demokratie nicht, die vom Austausch von Ideen, vom Streit und der Debatte lebt. Wer am Freitag gegen die Diskussion zwischen Palmer und Frohnmaier protestiert, protestiert damit letztlich gegen die Fundamente unserer freien Gesellschaft.Sobald Debatten gescheut werden, geraten die Dinge in Schieflage. Debatten sind ein wichtiger Teil der Fehlerkultur in freien Gesellschaften. Wohin es führt, wenn diese nicht mehr geführt werden, haben gerade die Parteien in Köln demonstriert. Sie – mit Ausnahme der AfD – haben sich darauf geeinigt, im Kommunalwahlkampf nicht über das Thema Migration zu sprechen. Ein Problem also, das seit der Silvesternacht 2015 in besonderer Weise mit der Domstadt verbunden ist, soll aktiv ignoriert werden. Das ist nicht nur ein Affront gegenüber den Bürgern, die zu Recht besorgt über den Verlust der inneren Sicherheit sind, sondern hat auch mit Kants Forderung nichts mehr zu tun, sich seines Verstandes zu bedienen. In Köln fehlt dazu das, was Kant als Bedingung voraussetzt und was auch Voltaires Überzeugungen prägte: Mut.
Wo die AfD recht hat, hat sie recht
Boris
Palmer hat hingegen nicht vor, die Aufklärung hinter sich zu lassen.
Und die meisten Deutschen übrigens auch nicht. Dass der Meinungsstreit
zwingend zur Demokratie gehört, ist den meisten klar. Darum ist Boris
Palmer weiterhin ein populärer Politiker, der sein Bürgermeisteramt auch
als parteiloser Kandidat verteidigte, nachdem man ihn bei den Grünen
kaltgestellt hatte. Es ist jedenfalls ein gutes Zeichen, dass es diese
öffentliche Debatte mit Frohnmaier gibt. Es sollte eigentlich im ganzen
Land solche Debatten geben. Wer davor Angst hat, vertraut offenbar weder
seinen Argumenten noch den Bürgern. Beides sind keine guten
Voraussetzungen, um in einer Demokratie politische Verantwortung zu
übernehmen.
Vermutlich ist der Versuch, die AfD aus jeder Debatte herauszuhalten,
zum Teil auch der Unfähigkeit geschuldet, Fehler zuzugeben. In einigen
Punkten hat sie nun mal richtig gelegen, richtiger jedenfalls als die
anderen Parteien. Die Flüchtlingspolitik seit 2015 führte nicht zu einem
neuen Wirtschaftswunder, wie es regierungsnahe Ökonomen prophezeiten,
sondern brachte ein nicht gekanntes Maß an Gewalt über die
Bundesrepublik, die weiterhin zunimmt. Wenn am Freitag Palmer und
Frohnmaier miteinander diskutieren, ist das nun mal ein Punkt, den man
der AfD nicht absprechen kann. Sie hat vor dieser Flüchtlingspolitik
gewarnt, die anderen verurteilten sie dafür. Die anderen lagen falsch,
die AfD lag richtig. Wer das nicht anerkennt, sorgt sich mehr um die
Reinheit seines Weltbildes als um die Sicherheit in diesem Land. Ich bin
auf jeden Fall auf das Aufeinandertreffen gespannt, dessen erster
Gewinner jetzt schon feststeht: die Demokratie und ihre Streitkultur.
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