Konservative Amerikaner sind zunehmend empört über die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland. Sie haben recht (NZZ)
Morton Freidel, Berlin, 4 Min
Kein Wunder also, dass deutsche Politiker die amerikanische Kritik mit grosser Geste zurückweisen. Friedrich Merz bezeichnete die Kritik von Vance seinerzeit als «übergriffig», der Verteidigungsminister Boris Pistorius fand sie «nicht akzeptabel». Damit aber machen sie es sich zu einfach.
Nur weil einige amerikanische Rechte selbst eine Tendenz zum Autoritären aufweisen, liegen sie mit ihrer Kritik nicht falsch. Ihre Ferndiagnose stimmt vielmehr. In Deutschland und anderen europäischen Ländern ist die Meinungsfreiheit auf dem Rückzug. Paragraf 188 des deutschen Strafgesetzbuches, der Beleidigungen von Politikern unter Strafe stellt, hat schon jetzt zu einem enormen Flurschaden in der öffentlichen Debatte geführt.
Es ist ein Witz, jemanden für eine satirische Bildmontage der früheren Innenministerin Nancy Faeser («Ich hasse die Meinungsfreiheit») zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten zu verurteilen. Das gilt erst recht für die Hausdurchsuchung bei einem Bürger, der ein Meme verbreitete, auf dem Habeck als «Schwachkopf» bezeichnet wird.
Deutschlands autoritärer Sonderweg
Nur noch vierzig Prozent der Deutschen glauben laut einer neuen Umfrage, ihre Meinung frei äussern zu können. Das müsste in einer Demokratie Anlass geben für eine Sondersendung nach der anderen. Stattdessen diskutiert Deutschland Abend für Abend über die vermeintliche oder tatsächliche Gefahr, die von der AfD ausgeht. Übersehen wird dabei die autoritäre Gefahr, die vom «Kampf gegen rechts» ausgeht.
Dafür steht insbesondere der Fall Joachim Paul. Es steht ausser Zweifel, dass sich ein Bürgermeisterkandidat zur demokratischen Grundordnung bekennen muss. Es müssen dann aber auch alle Zweifel an seiner Gesinnung ausgeräumt sein. Bei Paul scheint das nicht der Fall gewesen zu sein, im Gegenteil. Das Gutachten des Verfassungsschutzes von Rheinland-Pfalz ist durchzogen von einem irritierenden Belastungseifer und hanebüchenen Vorwürfen. Hier gerät das Konzept der «wehrhaften Demokratie» offenkundig an seine Grenzen.
Deutschland hat beim Kampf gegen den global im Aufwind begriffenen Rechtspopulismus einen autoritären Sonderweg eingeschlagen. Die Amerikaner haben das nur früher als viele andere erkannt.
Wer meint, dass solche Kritik nur aus dem Trump-Lager kommt, sollte genau hinsehen. Zum Beispiel bei der Late-Night-Show von Bill Maher. Der Komiker ist beileibe kein Sprachrohr der Republikaner, er setzt sich parteipolitisch regelmässig zwischen alle Stühle. Nach dem Mord an Charlie Kirk aber sprach er über die grosse Bedeutung der Meinungsfreiheit auf der Welt. Um zu belegen, wie stark sie in Gefahr sei, führte er mehrere absurde Beispiele an. Eines davon stammte aus Deutschland.
Nicht einmal klassische Liberale begreifen noch, was beim grenzenlosen Kampf gegen «Hass und Hetze» geschieht. Die Kritik von Vance und Co. mag in Deutschland nur wenige beunruhigen. Die Kritik von Maher sollte es.
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