12 September 2025

Charlie Kirk - Eine Tat, die den liberal-demokratischen Westen verändern könnte (WELT+)

Charlie Kirk

Eine Tat, die den liberal-demokratischen Westen verändern könnte (WELT+)
Von Ulf Poschardt, Herausgeber WELT, „Politico“, „Business Insider“,11.09.2025, 5 Min
Es könnte sein, dass mit Charlie Kirk der letzte rechte Republikaner erschossen wurde, der noch ernsthaft daran geglaubt hat, dass ein Dialog mit der radikalisierten Linken überhaupt möglich sei.
Am 10. September 2025 ist möglicherweise etwas Grundsätzliches kaputtgegangen, wie schon am 11. September 2001: Amerika erlebt sich in seiner absoluten Verletzlichkeit. Kamen die barbarischen Feinde der Freiheit Anfang der Nullerjahre noch aus dem Mittleren Osten, um mit New York die freieste Stadt der Welt anzugreifen, so ist das Erschießen von Charlie Kirk wahrscheinlich das Produkt eines inneren Zerfalls der Freiheitsbedingungen, welche die USA stets zusammengehalten haben. Charlie Kirk war von der Überzeugung getragen, dass die Demokratie nicht nur in der Dunkelheit stirbt, sondern ebenso auf offener Bühne – dann nämlich, wenn Menschen aufhören, miteinander zu sprechen. Demokratien verlieren ihre Legitimität, wenn sie im politischen Wettbewerb den Andersdenkenden nicht mehr als Mitstreiter respektieren, sondern ihn als Feind betrachten.
Wie so oft trug er auch an diesem Mittwochmittag auf offener Bühne nur ein weißes T-Shirt, sichtbar ohne jeden Schutz. Dabei ahnte er wohl die Risiken dieser politischen Praxis, denn er sprach in Interviews und Videos immer wieder davon, wie wichtig es sei, dorthin zu gehen, wo es auch für ihn unangenehm sein könnte. Er war ein Idealist, der erkennbar nicht den Sound der akademischen Eliten imitierte. Kirk war der kluge Vertreter des einfachen Mannes von der Straße. In Kombination mit seiner freundlichen, zugewandten Art machte ihn das zu dem wohl erfolgreichsten Talent der Republikaner und der MAGA-Bewegung.
Kirk starb, wie er gelebt hatte: als freier Mensch, auf offener Bühne, das Gespräch suchend. Auf seinem weißen T-Shirt stand „Freedom“ – und eine Hundertstelsekunde nach dem Schuss in den Nacken war das T-Shirt nicht mehr weiß und unschuldig, sondern blutrot, getränkt von den Folgen einer Tat, die Amerika, aber auch den liberal-demokratischen Westen verändern könnte.
Die Ermordung von Kirk ist die Ermordung eines Prinzips: das des Ideals eines herrschaftsfreien Dialogs zwischen allen Lagern. Es könnte sein, dass mit Kirk der letzte rechte Republikaner erschossen wurde, der noch ernsthaft daran geglaubt hat, dass ein Dialog mit der radikalisierten Linken überhaupt möglich sei.
Die Demokraten haben sich in den vergangenen Jahren nach links radikalisiert. Die Ergebnisse sind bizarre Blüten, wie die Kandidatur eines schicken Neosozialisten in New York bei der Bürgermeister-Wahl. Weshalb ihre Zustimmungsraten auch trotz Trump weiter im Keller blieben. Die amerikanische Linke hat das Land kulturell von den Küsten her gegen den Rest des Landes geprägt. Und Charlie Kirk war einer, der das nicht hinnehmen wollte, weil er als Christ die verhärtenden Wirkungen linker Gesellschafts- und Kulturpolitik, inklusive Antisemitismus, auf die amerikanische Gesellschaft nicht hinnehmen wollte. Kirk war ein unerschütterlicher und treuer Freund Israels und der jüdischen Gemeinden in den USA – und das zu dem Zeitpunkt, als nicht mehr nur die übergewichtigen, blauhaarigen Queer-Aktivisten das Projekt einer antiwestlichen Protestbewegung im Sinne der Hamas lostraten.

Wer Charlie Kirk erschossen hat, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht ermittelt. Wer sich über das Attentat freut, über seinen Tod spottet, allerdings schon. Es sind die gleichen Milieus in den USA wie hier in Deutschland: die kulturellen und medialen Eliten der Linken. Angesichts des kompletten Scheiterns ihrer Politik und angesichts der nachlassenden Duldungsstarre des Bürgertums gegenüber absurden linken Ideen sehen sie im verlorenen Kulturkampf nur noch eine alte Strategie: die Glorifizierung der Gewalt.

Dass sich der persönliche Referent von Heidi Reichinnek in einem zynischen Tweet über den Tod Kirks lustig macht, ist ebenso erwartbar wie die Schadenfreude aus dem Autorensumpf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wo linksradikaler Aktivismus mit Comedy verwechselt wird.

Der neue linke Kult um politische Gewalt hatte in den USA bereits nach dem versuchten Attentat auf Donald Trump überrascht. Wie tief das Problem linker Gewaltverherrlichung reicht, ist beim unsäglichen Hype um den Attentäter eines CEOs einer großen Krankenversicherung – Brian Thompson – deutlich geworden. Die Radikalisierung der Linken in den USA verläuft reziprok zu ihrem politischen Scheitern. Von den neu-sozialistischen Occupy-Wall-Street-Protesten über die Black-Lives-Matter-Bewegung bis zu den radikalen Anti-MAGA-Aktivisten heute: immer dieselbe Mischung aus moralischer Hybris und zerstörerischer Energie.

Und während sich viele deutsche Medien nach einem geschmacklosen Sylt-Video dreier betrunkener Popper wochenlang nicht mehr einkriegten, nach einem vermeintlichen „Geheimtreffen“ in Potsdam der nationale Notstand auf Straßen und in Medien ausgerufen wurde, gibt es angesichts linker Anschläge wie zuletzt in Berlin in dieser Woche so gut wie keine Reaktionen. Dass die Linkspartei selbst vor Jahren noch die Erschießung von Reichen auf Parteitagen diskutierte und heute schon bis in die Union hinein als „kollaborationsfähig“ bezeichnet wird, spricht Bände für diese Doppelstandards. Und die heilige Mutter der Grünen pilgert nach Ungarn, um der linksradikalen Gewalttäterin Maja T. ihre Aufwartung zu machen.

Diejenigen, die glauben, mit dem gewaltsamen Tod von Kirk seien die Nicht-Linken einzuschüchtern, irren sich. Die klügeren unter den amerikanischen Kommentatoren – weder Demokraten noch Republikaner – ahnen es: In ein paar Jahren werden Linke Kirk vermissen. Denn die nächste Generation der Nicht-Linken wird kaum vergessen, wie brutal Linke mit ihnen umgegangen sind.

Als Kirk in diesem Jahr in Oxford auf die europäischen akademischen Eliten traf – die Bonzenkinder mit den zerzausten Haaren, die ohne Krawatte in den heiligen Hallen herumturnen dürfen, weil die Eltern reich sind – und diese ihren postmodernen Unsinn abspulten, da sah man Kirk mit einer Mischung aus stoischer Konzentration und einem Hauch von Verachtung auf diese für ihn wohl dekadent anmutenden Figuren blicken. In diesem Moment ahnte er wohl: Genau deshalb hat die amerikanische Revolution seinerzeit Größe entfaltet. Der 4. Juli ist der Tag, an dem sich Amerika von der dekadenten Arroganz Europas befreite, um ein Reich der Freiheit zu werden – ein Bollwerk gegen all jene, die den Einzelnen in ideologische Käfige sperren wollen.

Mit Charlie Kirk stirbt ein streitbarer, humanistischer Freiheitskämpfer. Sein heroisches Leben hat eine Saat gelegt, die sich als außerordentlich fruchtbar erweisen wird – gerade weil Kirk sich stets an die Jungen wandte. Er hatte erkannt: Die Zukunft liegt in der Bildung und in der Jugend. Dass er jetzt seine beiden Kinder nicht aufwachsen sehen kann, kann einem das Herz brechen.

Möge er in Frieden ruhen.


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