04 Januar 2023

Silvester: Der andere Blick Jung, männlich, fremd geblieben (NZZ)

Der andere Blick
Jung, männlich, fremd geblieben
Marc-Felix Serrao, Chefredakteur NZZ Deutschland
Wenn Politiker hilflos sind, aber entschlossen wirken wollen, dann kommen drei Mittel fast immer zum Einsatz: die Feststellung der eigenen Fassungslosigkeit, die scharfe Verurteilung und die Forderung nach einer Debatte. Seit den Gewaltorgien gegen deutsche Feuerwehrleute und Polizisten in der Silvesternacht sind diese rhetorischen Nebelmaschinen im Dauereinsatz. «Welche Verrohung hat unsere Gesellschaft erfasst, dass so was überhaupt möglich ist?» So meldete sich beispielsweise die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger von der SPD, zu Wort. Ihr fehle da «jegliches Verständnis». Bundeskanzler Olaf Scholz liess von einer Sprecherin ausrichten, dass er die Angriffe auf Einsatzkräfte verurteile, und zwar «auf das Schärfste». Und Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin und Parteigenossin von Rehlinger und Scholz, forderte eine «bundesweite Debatte über Konsequenzen».
Gruppendynamische Phrasen
Dass die Zitate allesamt von Sozialdemokraten stammen, bedeutet nicht, dass nur die regierenden Genossen solche Phrasen beherrschen. Ähnliches hört man auch von Grünen oder Mitarbeitern des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Auf die Frage, was man über die Täter wisse, sagte ein ARD-Reporter, dass es «in solchen Kontexten immer ein bisschen schwierig» sei, über die Täter zu sprechen. Er sprach stattdessen von «gruppendynamischen Prozessen» und einem «gesamtgesellschaftlich grossen Druck» nach den Jahren der Pandemie.
Corona als Treiber der Gewalt? Wäre das der Grund gewesen, dann müssten die verhafteten Tatverdächtigen vor allem Pflegekräfte und Eltern schulpflichtiger Kinder sein. Die hatten wirklich Druck.
Wer die Angreifer in Wahrheit waren, das zeigen die vielen Videos und Bilder im Netz. Es waren überwiegend Jugendliche und junge Männer mit Migrationshintergrund. Und dieser Hintergrund liegt nicht etwa in skandinavischen oder asiatischen Ländern, sondern in der muslimischen Welt, wo archaische Männerbilder stark und das Verständnis für westliche Werte schwach ausgeprägt sind.
Manche der Gewalttäter leben sicher schon in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland; sie besitzen deutsche Pässe und könnten deshalb, wie es AfD-Politiker so forsch wie ahnungslos verlangen, nicht allesamt ausgeschafft werden. Andere sind wohl erst kürzlich gekommen – als «Schutzsuchende», vor denen nun die einheimische Bevölkerung Schutz suchen muss. Beiden Gruppen gemein ist die Fremdheit. Sie verachten das Land, in dem sie schon immer oder erst seit wenigen Jahren leben.
Rohheitsdelikte und sexuelle Straftaten
Die Gewalt mit Migrationshintergrund ist nicht unerwartet und plötzlich explodiert, wie die nun zur Schau gestellte Ratlosigkeit vieler Politiker insinuiert. Laut dem Bundeskriminalamt stellen Syrer, Afghanen und Iraker seit Jahren den grössten Anteil tatverdächtiger Zuwanderer in Deutschland, zuletzt lag er bei knapp 40 Prozent. Die Straftaten, um die es geht, sind vor allem «Rohheitsdelikte», also etwa Körperverletzung oder Raub.
Stark zugenommen haben zudem Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Wohl auch deshalb sieht man in den Gewaltvideos von Silvester fast nur junge migrantische Männer auf den Strassen. Deutsche Politiker, vor allem die Vertreter der linken Parteien, mögen das Thema totschweigen oder mit Rassismusvorwürfen kleinzuhalten versuchen. Viele Bürgerinnen haben ihr Verhalten längst angepasst. Sie halten im Zweifel deutlich mehr als nur die eine «Armlänge» Abstand, die ihnen Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 empfohlen hat.
Was tun? Der erste Schritt wäre eine ehrliche Bestandsaufnahme. Die meisten Migranten und Deutschen mit Migrationshintergrund sind gesetzestreu; sie arbeiten und zahlen Steuern, und viele sind eine Bereicherung für das Land. Das bleibt wahr, wenn man zugleich feststellt, dass eine bestimmte Gruppe von Migranten ein immer grösser werdendes Problem darstellt. Gemeint sind Jungen und junge Männer, die überwiegend aus muslimischen Familien stammen, gerne grosse Gangster wären, aber in Wahrheit Verlierer sind. Sie haben riesige Egos, aber keine Erziehung, keine Bildung und keine Chance auf gesellschaftliche Teilhabe. Die Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci spricht zu Recht von «absoluten Losern».
Praktisch braucht es schnelle und abschreckende Strafen und eine Migrationspolitik, die die Interessen der Bevölkerung – der Einheimischen wie der gesetzestreuen Zuwanderer – in den Mittelpunkt stellt. Ganz konkret: Ein Land, das ein solches Problem mit jungen, ungebildeten Männern aus muslimischen Ländern hat, sollte aufhören, immer mehr von ihnen einwandern zu lassen.
Aber dazu wird es wohl nicht kommen. Schon die ehrliche Bestandsaufnahme hat in Deutschland kaum eine Chance. Dafür ist das öffentliche Gespräch über kriminelle Migranten zu verkorkst, zu angstbesetzt. Niemand will zu Unrecht als Rassist oder gar als Nazi gescholten werden, was hierzulande schneller als irgendwo sonst passiert. Also ist man lieber fassungslos. Oder man fordert eine Debatte, am liebsten «schonungslos» und mit «klarer Kante».

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