Deutschland schafft sich ab (Cicero+)
Da überrascht es nicht, dass immer mehr Bürger an der Zukunftsfähigkeit unseres Landes zweifeln – wie eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach ergab. Nur noch ein knappes Drittel der Bevölkerung ist demnach davon überzeugt, dass sich Deutschland in den nächsten zehn Jahren gut entwickeln wird. Nur noch 39 Prozent meinen, dass Deutschland in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren zu den führenden Industrienationen zählen wird. Und nur 14 Prozent glauben, dass Deutschland aus den Krisen der vergangenen Jahre gestärkt hervorgehen wird.
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Verantwortlich für diese Misere ist nach Ansicht der Befragten vor allem der Staat. 79 Prozent sehen ein Übermaß an Vorschriften und die Bürokratie als Hauptproblem. 62 Prozent nehmen Defizite hinsichtlich der Effizienz von Ämtern und Behörden wahr. Besser ist das Bild der deutschen Wirtschaft. Deren Modernität sehen zumindest 63 Prozent als hoch an.
Diese Umfrageergebnisse verwundern nicht. Wer einmal aus beruflichen oder privaten Gründen mit Behörden irgendeiner Art zu tun hat, weiß um deren Trägheit und Ineffizienz. Ausnahmen sind allenfalls die Finanzämter, die mit größter Routine funktionieren. Ärgerlich ist hingegen, dass man den Eindruck hat, dass auch Großunternehmen und Dienstleister zunehmend Behördenmentalitäten entwickeln. Wer einmal ein Anliegen gegenüber einer Bank, einem großen Handelsunternehmen oder Kommunikationsdienstleister hatte, weiß, dass Umständlichkeit und Kundenferne keine Privilegien des nächsten Einwohnermeldeamtes sind – das neuerdings schnittig „Bürgerbüro“ heißt.
Die Wahlbevölkerung bekommt was sie verdient
Was die Sache besonders ärgerlich macht und ein sicheres Indiz dafür ist, dass sich an der Entwicklung nichts ändern wird, ist der Schönsprech, in den sich die ganze Misere kleidet. Die Zerstörung der Energieversorgung heißt Energiewende, die Dysfunktionalität der Bahn Modernitätsoffensive, die Überlasteten Kindergärten bekommen ein Gute-Kita-Gesetz und die milliardenschwere Alimentierung überwiegend radikallinker NGOs nennt sich Demokratieförderung.
Die Schuld an diesem Desaster allein „dem Staat“ zuzuschreiben, greift allerdings zu kurz. Schuld sind wir, die Bürger. Denn wir haben das alles so gewollt. Zumindest haben wir in unserer Mehrheit Parteien und Personen gewählt, die dieses Land auf allen Ebenen, von der Wirtschaft über die Forschung bis zur Kultur, herabgewirtschaftet haben. Und das wird so weiter gehen. In Berlin zum Beispiel wird in zwei Wochen ziemlich sicher genau jene Politik wiedergewählt, die das Hauptstadt genannte Provinzressort an der Spree seit Jahrzehnten ruiniert.
Nein, es sind nicht „die Politiker“ oder „der Staat“ oder „die da oben“. Es sind wir. Nicht vielleicht die geneigten Cicero-Leser, aber in ihrer ganz großen Mehrheit, bekommt Deutschlands Wahlbevölkerung was sie verdient und was sie sich wünscht: ein buntes, diverses, entspanntes und tolerantes Bullerbü, in dem jeder Rechte auf alles hat, keiner aber Verpflichtungen, denn die sind diskriminierend.
Millenials werden unsere Substanz aufbrauchen
Man kann das auch unter generationaler Perspektive betrachten: Die inzwischen nahezu verstorbene Generation der in den 1910er und 1920er Jahren Geborenen hat dieses Land nach dem Krieg wieder aufgebaut und reich und wohlhabend gemacht. Deren Kinder, im Krieg oder kurz danach geboren, haben den Wohlstand in den Ären Brandt bis Kohl noch verwaltet. Die sogenannten Millennials und Folgende, also die ab den 1990er Geborenen, wird die hart erarbeitete Substanz dieses Landes endgültig aufbrauchen – natürlich ganz entspannt im Sabbatical.
Und die Babyboomer? Also jene zwischen 1960 und 1975 geborene Generation der in den 80ern Aufgewachsen, die heute die Verantwortung für dieses Land trägt – meine Generation also? Die hat all das nicht verhindert. Das ist unser spezielles Versagen. Denn all das, was wir heutzutage an organisatorischem Unvermögen, technischer Unfähigkeit und politischer Verblendung erleben, haben wir, die „Kinder der 80er“ ins Werk gesetzt.
Dass sich an den Problemen etwas ändern wird, kann man ausschließen. Denn ihre Dichte zeigt, dass es sich nicht um Oberflächenphänomene handelt, sondern um substantielle Defizite, die auf Mentalitäten verweisen, deren Ursachen in der sozioökonomischen Struktur der deutschen Gesellschaft liegen. Und die wird sich trotz allem sobald nicht ändern.
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