Niemand durfte glauben, dass ein Geschäftsmodell nachhaltig ist, das
Menschen zum Spottpreis von A nach B transportiert. Klug wäre es,
Fliegen zu verteuern und Beschäftigte besser zu bezahlen. Nur so lassen
sich Leistung, Produktivität, Zufriedenheit und Wohlstand dauerhaft
steigern.
Wer billig fordert, wird billig erhalten. Eigentlich eine
Binsenwahrheit, die kaum zu bestreiten ist. Deshalb ist das laute Klagen
über das Flug(hafen)chaos zu Ferienbeginn scheinheilig. Denn Probleme
waren programmiert. Niemand durfte allen Ernstes glauben, dass ein
Geschäftsmodell nachhaltig ist, das Menschen zu einem Spottpreis von A
nach B transportiert. Wenn Flugtickets nur einen Bruchteil einer
Fahrkarte mit der Bahn kosten, muss eigentlich etwas faul sein. Dann
werden irgendwo Kosten missachtet oder auf andere überwälzt.
Oder es werden staatliche Subventionen verschleiert, an welchen
Gliedern der Wertschöpfungskette einer Flugreise auch immer – von
Steuergeldern für den Bau von Flugzeugen und Flughäfen
bis zur Steuerbefreiung für Kerosin. Oder die Kunden zahlen mit
Qualitätsmängeln, die Zeit und Nerven kosten, so wie es nun eben in
diesen Tagen der Fall ist. Auch beim Fliegen gilt eben ein Grundgesetz
der Marktwirtschaft: Es gibt nichts umsonst. Irgendwer zahlt immer –
schlimmstenfalls sogar mehr oder weniger unbeteiligte Dritte, wie das
Klima, die Umwelt oder kommende Generationen. Dass Fliegen zu billig ist, erkennt mittlerweile sogar einer der Pioniere der Billigflugstrategie, Michael O’Leary,
seit bereits fast 30 Jahren Chef von Ryanair. Die „Financial Times“
zitiert seine Aussage, es sei absurd, dass die Fahrt in London zum
Flughafen mehr koste als der anschließende Flug.
Fliegen sei einfach „zu billig für das, was es ist“. Konsequenterweise
kündigt O’Leary auch gleich an, dass in den kommenden Jahren Ryanair die
Ticketpreise von heute durchschnittlich 40 auf künftig 50 bis 60 Euro
anheben werde.
Ganz anders als der Chef einer Billigfluglinie reagiert die deutsche
Politik. Da will man nicht wahrhaben, dass Fliegen teurer werden muss.
Vielmehr verfolgt man weiterhin eine Billigflug-Strategie. Auch wenn die
von ihren Vätern gerade aufgegeben wird.
Anstatt mehr Leute besser zu qualifizieren und Fachkräfte in den
Flugzeugen und an den Flughäfen, bei Sicherheitsdiensten oder bei der
Gepäckabfertigung so anständig zu bezahlen, dass hier die attraktiven
Jobs entstehen, die andernorts durch Digitalisierung, Automation und
Roboterisierung verloren gehen, greift man tief in die Mottenkiste
gescheiterter Politikideen zurück. Da wird tatsächlich gefordert,
türkische Gastarbeiter zu holen, damit alles so schön billig bleiben
könne mit den Flugreisen, wie es immer schon war. Mehr Geschichtsvergessenheit geht fast gar nicht. Bereits einmal
glaubte man, mit Gastarbeitern auf simple Weise Lücken auf dem
Arbeitsmarkt schließen zu können. In den 1960er-Jahren wurden Millionen
von Arbeitskräften an deutsche Fließbänder gelockt, um jene
beschwerlichen Arbeiten so billig wie irgendwie möglich zu erledigen,
für die sich keine Deutschen fanden. Und danach wunderte man sich, dass
Menschen kamen, die nach getaner Arbeit nicht zurückkehrten, sondern
bleiben wollten.
Die Folgen sind bestens bekannt. Was als billige Problemlösung
gedacht war, verursachte andernorts teure Folgeprobleme. Zuwanderung
lässt sich nicht passgenau nach den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes im
Aufnahmeland steuern. Vielmehr folgt sie einer eigenen unplanbaren
Dynamik mit langwierigen Echoeffekten in Form eines Familiennachzugs.
Anders als Maschinen lassen sich Personen eben nicht so leicht, schnell
und kostengünstig von oben gesteuert über das Schachbrett der Wirtschaft
verschieben.
Vor allem aber missachten Forderungen nach billigen Gastarbeitern
oder mehr und besser gesteuerter Zuwanderung marktwirtschaftliche
Grundsätze. Man will einen Mangel nicht über Qualitäts- und
Lohnsteigerungen beheben. Es soll alles möglichst billig bleiben. Aber
damit verschließt man nicht nur die Augen vor den Integrationskosten,
die mit einem Mehr von Zuwanderung verbunden sind. Man lehnt offenbar
grundsätzlich ab, dass gute Facharbeit ihren Preis wert ist und eben
nicht billig zu haben ist. Das passt zu einer Sichtweise, die auch
meint, dass man einen Pflegenotstand durch eine allgemeine Dienstpflicht
beheben könne.
Oder die glaubt, Soldat sein sei so einfach, dass jeder könne, der
müsse. Oder die so tut, als verlange Pflege so wenig Spezialkenntnis,
dass sie etwas für alle sei. Dann glaubt man eben auch, dass sich beim
Fliegen Knappheitsprobleme durch Gastarbeiter lösen ließen. Wer
Facharbeit derart abwertet und gering wertschätzt, schreckt alle ab, die
gut verdienen wollen.
Dann wird der Mangel noch größer und das Klagen noch lauter. Die
ausgelöste Spirale der Billigarbeit wird dann nämlich in der Tat zur
Bedrohung. Denn wer billig sät, wird auch billig ernten. Klüger wäre es
deshalb, Fliegen teurer werden zu lassen und die Beschäftigten besser zu
bezahlen. Nur so lassen sich Leistung, Produktivität, Zufriedenheit und
Wohlstand nachhaltig steigern.
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