Das Verfassungsschutz-Gutachten über die AfD ist teils bloß zusammenkopiert (Berliner Zeitung)
Das AfD-Gutachten stützt sich offenbar auf öffentliche Quellen. Gerade
Gerichtsurteile seien abgeschrieben worden, sagt Weber. Teils sogar
solche, die sich gar nicht auf die AfD bezogen.
Von Len Sander, 14.05.2025
Am Dienstag wurde das
Verfassungsschutz-Gutachten, das die AfD als „gesichert
rechtsextremistisch“ einstuft, vollständig von Medien veröffentlicht.
Ohnehin gilt derzeit eine Stillhaltezusage des Bundesamtes für Verfassungsschutz
(BfV) – bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln über den
Eilantrag der AfD wird diese nicht mehr offiziell als „gesichert
rechtsextremistisch“ bezeichnet. Nach der nun erfolgten Veröffentlichung
kann das Gutachten von einer breiten Öffentlichkeit kritisch untersucht
werden.
Der sich als „Plagiatsjäger“ bezeichnende Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber hat inzwischen eine erste maschinelle Prüfung des Gutachtens durchgeführt. In seinem Report, der der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt, kommt Weber zu dem Schluss, es handle sich um ein „Copy-Paste-‚Gutachten‘“. Das 1100-seitige Dokument sei zu mindestens 20 Prozent abgeschrieben: „Seitenweise wurden Gerichtsurteile paraphrasiert, immer nur eines nach dem anderen.“ Daraus schließt Weber: „Die Lektüre der ersten rund 70 Seiten kann man sich überhaupt schenken, alle Gerichtsurteile sind auch online.“
Der sich als „Plagiatsjäger“ bezeichnende Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber hat inzwischen eine erste maschinelle Prüfung des Gutachtens durchgeführt. In seinem Report, der der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt, kommt Weber zu dem Schluss, es handle sich um ein „Copy-Paste-‚Gutachten‘“. Das 1100-seitige Dokument sei zu mindestens 20 Prozent abgeschrieben: „Seitenweise wurden Gerichtsurteile paraphrasiert, immer nur eines nach dem anderen.“ Daraus schließt Weber: „Die Lektüre der ersten rund 70 Seiten kann man sich überhaupt schenken, alle Gerichtsurteile sind auch online.“
Verfassungsschutz-Gutachten über AfD: „Undurchschaubares Bewertungssystem“
In
Webers Bericht fällt auf, dass Passagen des AfD-Gutachtens sowohl
Fremd- als auch Eigenquellen ähneln. Teilweise gleicht das Gutachten
Weber zufolge Gerichtsurteilen, die sich ursprünglich auf andere
Organisationen oder Sachverhalte bezogen haben. So werde etwa in der
abschließenden Bewertung des BfV ein Beschluss aus dem Jahr 2014
paraphrasiert, der damals über die Partei "Pro NRW" gefällt worden sei.
Auch auf den folgenden Seiten des Gutachtens seien hauptsächlich Zitate aneinandergereiht worden. Da zwischen Analyse und Bewertung nicht unterschieden wurde, handelt es sich laut Weber nicht um ein Gutachten, sondern lediglich um eine „Sammlung von Gerichtsurteilen und Zitaten mit einer anschließenden subjektiven Bewertung nach einem erneut undurchschaubaren Bewertungssystem“. Auf Nachfrage der Berliner Zeitung wollte sich das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht öffentlich äußern.In Deutschland ist gesetzlich verankert, dass der Inlandsgeheimdienst sich vorrangig auf öffentlich zugängliche Quellen stützt. Der Verfassungsschutz selbst schreibt dazu auf seiner Website, dass nachrichtendienstliche Mittel „als ultima ratio nur dann in Betracht“ gezogen würden, „wenn alle sonstigen (milderen) Mittel zur Informationsbeschaffung nicht gleichermaßen geeignet sind“.
Auch auf den folgenden Seiten des Gutachtens seien hauptsächlich Zitate aneinandergereiht worden. Da zwischen Analyse und Bewertung nicht unterschieden wurde, handelt es sich laut Weber nicht um ein Gutachten, sondern lediglich um eine „Sammlung von Gerichtsurteilen und Zitaten mit einer anschließenden subjektiven Bewertung nach einem erneut undurchschaubaren Bewertungssystem“. Auf Nachfrage der Berliner Zeitung wollte sich das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht öffentlich äußern.In Deutschland ist gesetzlich verankert, dass der Inlandsgeheimdienst sich vorrangig auf öffentlich zugängliche Quellen stützt. Der Verfassungsschutz selbst schreibt dazu auf seiner Website, dass nachrichtendienstliche Mittel „als ultima ratio nur dann in Betracht“ gezogen würden, „wenn alle sonstigen (milderen) Mittel zur Informationsbeschaffung nicht gleichermaßen geeignet sind“.
In diesem Zuge wird die Geheimhaltung des AfD-Gutachtens kritisiert. So schrieb Mathias Bordkorb, ehemaliger SPD-Kultusminister in Mecklenburg-Vorpommern, in einem Gastbeitrag in dieser Zeitung vor der Veröffentlichung des Gutachtens: „Die Geheimhaltung ist ein taktischer Mechanismus, um sich mit der Aura der Unangreifbarkeit zu umgeben.“ Was öffentlich strittig diskutiert würde, könnte nicht mehr unhinterfragt als „gesichert“ gelten. Es gehe „bei der Geheimhaltung um nichts anderes als die Macht der Behörde“.
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