Der sich als „Plagiatsjäger“ bezeichnende Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber hat inzwischen eine erste maschinelle Prüfung des Gutachtens durchgeführt. In seinem Report, der der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt, kommt Weber zu dem Schluss, es handle sich um ein „Copy-Paste-‚Gutachten‘“. Das 1100-seitige Dokument sei zu mindestens 20 Prozent abgeschrieben: „Seitenweise wurden Gerichtsurteile paraphrasiert, immer nur eines nach dem anderen.“ Daraus schließt Weber: „Die Lektüre der ersten rund 70 Seiten kann man sich überhaupt schenken, alle Gerichtsurteile sind auch online.“
Auch auf den folgenden Seiten des Gutachtens seien hauptsächlich Zitate aneinandergereiht worden. Da zwischen Analyse und Bewertung nicht unterschieden wurde, handelt es sich laut Weber nicht um ein Gutachten, sondern lediglich um eine „Sammlung von Gerichtsurteilen und Zitaten mit einer anschließenden subjektiven Bewertung nach einem erneut undurchschaubaren Bewertungssystem“. Auf Nachfrage der Berliner Zeitung wollte sich das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht öffentlich äußern.In Deutschland ist gesetzlich verankert, dass der Inlandsgeheimdienst sich vorrangig auf öffentlich zugängliche Quellen stützt. Der Verfassungsschutz selbst schreibt dazu auf seiner Website, dass nachrichtendienstliche Mittel „als ultima ratio nur dann in Betracht“ gezogen würden, „wenn alle sonstigen (milderen) Mittel zur Informationsbeschaffung nicht gleichermaßen geeignet sind“.
In diesem Zuge wird die Geheimhaltung des AfD-Gutachtens kritisiert. So schrieb Mathias Bordkorb, ehemaliger SPD-Kultusminister in Mecklenburg-Vorpommern, in einem Gastbeitrag in dieser Zeitung vor der Veröffentlichung des Gutachtens: „Die Geheimhaltung ist ein taktischer Mechanismus, um sich mit der Aura der Unangreifbarkeit zu umgeben.“ Was öffentlich strittig diskutiert würde, könnte nicht mehr unhinterfragt als „gesichert“ gelten. Es gehe „bei der Geheimhaltung um nichts anderes als die Macht der Behörde“.

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen