König statt Demo - Grüne Rundfunkrätin beschwert sich über „Tagesschau“-Berichterstattung (WELT+)
König statt Demo
Grüne Rundfunkrätin beschwert sich über „Tagesschau“-Bericht-erstattung (WELT+)
Die „Tagesschau“ gehört zu den wichtigsten Nachrichtenquellen in
Deutschland. Der Rundfunkrat soll kontrollieren, ob das Format seinem
Programmauftrag gerecht wird. Eine Rundfunkrätin, die Mitglied der
Grünen ist, veröffentlichte nun Interna aus den Beratungen.
Was
darf ein Rundfunkrat – und was geht zu weit? Über diese Frage wird nach
kritischen Social-Media-Beiträgen einer NDR-Rundfunkrätin zur
Berichterstattung der „Tagesschau“ diskutiert. Die
Medienwissenschaftlerin Jessica Kordouni,
Grünen-Mitglied, entsendet von der CDU Schleswig-Holstein, hatte zu
Wochenbeginn auf Mastodon eine Beschwerde über die ihrer Meinung nach
falsche Gewichtung der „Tagesschau“-Ausgabe am Sonntagabend öffentlich
gemacht.
„Tausende gehen gegen Rechts auf die Straße und die Tagesthemen eröffnen mit einem Monarchen“, schrieb Kordouni.
Am Sonntag war Frederik X. in Dänemark zum König erklärt worden,
gleichzeitig gab es in mehreren deutschen Städten Proteste gegen
Rassismus und für Demokratie, ausgelöst von der Berichterstattung über
ein Treffen zwischen Rechtsextremen und AfD-Politikern in Potsdam.
Allein in Berlin und Potsdam demonstrierten rund 35.000 Menschen. Sie
habe „Fragen dazu für den morgigen NDR-Programmauschuss eingereicht. Vor
allem auch, warum es ein deutliches Ungleichgewicht zwischen
antifaschistischen Demonstrationen und den Bauernprotesten gibt“,
schrieb Kordouni. Es könne nicht sein, dass friedliche Demonstranten
„erst etwas anstellen müssen, um mehr Platz in den Medien zu erhalten“,
kritisierte sie.
Einige Tage später zeigte sie sich besänftigt nach einem langen
„Tagesschau“-Beitrag zu den Protesten gegen Rechts inklusive einer
Diskussion über ein AfD-Verbot und einer Petition, die fordert, dem
Thüringer AfD-Chef Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen. Dem sei ein
„sehr konstruktives Gespräch im Ausschuss mit dem Chef der Tagesschau“
vorausgegangen. „Die Fehleinschätzung über die Bedeutung der Demos wurde
bereits Montag aufgearbeitet“, schrieb Kordouni.
Die „Berliner Zeitung“
titelte daraufhin: „Grüne nimmt Einfluss auf die Tagesschau: Berichte
über Demos gegen AfD statt Bauernproteste“ und fragte angesichts des
Fokus in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auf die
Berichterstattung über AfD-kritische Demos: „Steckt politische
Einflussnahme dahinter?“.
Korouni verteidigte sich am Freitag gegen die Vorwürfe und sprach von
„dummdreister“ Hetze. „Die Aufgabe des Programmausschusses ist es, das
Programm des NDRs zu kritisieren und zu prüfen, ob sie den
Programmauftrag einhalten. Darum machen wir auch themenbezogene
Programmbeobachtungen“, schrieb sie. Vertreter der „Tagesschau“ hätten
selbst erklärt, dass die Demos in der Sendung am Sonntag
„unterbelichtet“ waren. „Danach haben wir über das Medienproblem
gesprochen, dass eine Demo mit Traktoren bei Weitem mehr Aufmerksamkeit
erhält als Demos mit tausenden Menschen.“
Im Landesrundfunkrat
Schleswig-Holstein sitzen neben Kordouni zehn weitere Mitglieder. Das
Gremium ist einer von drei Landesrunkfunkräten im NDR. Der NDR ist für
die Redaktion und Produktion der „Tagesschau“ zuständig.
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