20 Januar 2024

König statt Demo - Grüne Rundfunkrätin beschwert sich über „Tagesschau“-Berichterstattung (WELT+)

König statt Demo
Grüne Rundfunkrätin beschwert sich über „Tagesschau“-Bericht-erstattung   (WELT+)
Die „Tagesschau“ gehört zu den wichtigsten Nachrichtenquellen in Deutschland. Der Rundfunkrat soll kontrollieren, ob das Format seinem Programmauftrag gerecht wird. Eine Rundfunkrätin, die Mitglied der Grünen ist, veröffentlichte nun Interna aus den Beratungen.
Was darf ein Rundfunkrat – und was geht zu weit? Über diese Frage wird nach kritischen Social-Media-Beiträgen einer NDR-Rundfunkrätin zur Berichterstattung der „Tagesschau“ diskutiert. Die Medienwissenschaftlerin Jessica Kordouni, Grünen-Mitglied, entsendet von der CDU Schleswig-Holstein, hatte zu Wochenbeginn auf Mastodon eine Beschwerde über die ihrer Meinung nach falsche Gewichtung der „Tagesschau“-Ausgabe am Sonntagabend öffentlich gemacht.
„Tausende gehen gegen Rechts auf die Straße und die Tagesthemen eröffnen mit einem Monarchen“, schrieb Kordouni. Am Sonntag war Frederik X. in Dänemark zum König erklärt worden, gleichzeitig gab es in mehreren deutschen Städten Proteste gegen Rassismus und für Demokratie, ausgelöst von der Berichterstattung über ein Treffen zwischen Rechtsextremen und AfD-Politikern in Potsdam. Allein in Berlin und Potsdam demonstrierten rund 35.000 Menschen. Sie habe „Fragen dazu für den morgigen NDR-Programmauschuss eingereicht. Vor allem auch, warum es ein deutliches Ungleichgewicht zwischen antifaschistischen Demonstrationen und den Bauernprotesten gibt“, schrieb Kordouni. Es könne nicht sein, dass friedliche Demonstranten „erst etwas anstellen müssen, um mehr Platz in den Medien zu erhalten“, kritisierte sie.
Einige Tage später zeigte sie sich besänftigt nach einem langen „Tagesschau“-Beitrag zu den Protesten gegen Rechts inklusive einer Diskussion über ein AfD-Verbot und einer Petition, die fordert, dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen. Dem sei ein „sehr konstruktives Gespräch im Ausschuss mit dem Chef der Tagesschau“ vorausgegangen. „Die Fehleinschätzung über die Bedeutung der Demos wurde bereits Montag aufgearbeitet“, schrieb Kordouni.

Die „Berliner Zeitung“ titelte daraufhin: „Grüne nimmt Einfluss auf die Tagesschau: Berichte über Demos gegen AfD statt Bauernproteste“ und fragte angesichts des Fokus in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auf die Berichterstattung über AfD-kritische Demos: „Steckt politische Einflussnahme dahinter?“.

Korouni verteidigte sich am Freitag gegen die Vorwürfe und sprach von „dummdreister“ Hetze. „Die Aufgabe des Programmausschusses ist es, das Programm des NDRs zu kritisieren und zu prüfen, ob sie den Programmauftrag einhalten. Darum machen wir auch themenbezogene Programmbeobachtungen“, schrieb sie. Vertreter der „Tagesschau“ hätten selbst erklärt, dass die Demos in der Sendung am Sonntag „unterbelichtet“ waren. „Danach haben wir über das Medienproblem gesprochen, dass eine Demo mit Traktoren bei Weitem mehr Aufmerksamkeit erhält als Demos mit tausenden Menschen.“

Im Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein sitzen neben Kordouni zehn weitere Mitglieder. Das Gremium ist einer von drei Landesrunkfunkräten im NDR. Der NDR ist für die Redaktion und Produktion der „Tagesschau“ zuständig.

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