11 Januar 2024

The Pioneer - Raupe Nimmersatt: Staat will bei sich nicht sparen

The Pioneer -
Raupe Nimmersatt: Staat will bei sich nicht sparen
Gabor Steingart, 11.01.2024
Guten Morgen,
wann immer eine neue Sparrunde in Deutschland aufgerufen wird, ist einer außen vor: der Staat. Der kann alles, nur nicht kürzertreten. Für den Staatsapparat und die in ihm Beschäftigten gibt es seit Jahrzehnten ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Die atmende Belegschaft ist beim Staat noch nicht erfunden. Jedes Jahr wird der Gürtel ein Loch weiter gestellt, weshalb in einer Gesellschaft, die ökonomisch auf der Stelle tritt, nun das Geld woanders geholt werden muss – bei Kindern, Bürgern, Erben, Hausbesitzern, Bauern, Handwerkern sowie ganz generell beim unternehmerischen Mittelstand. Es findet eine Umverteilung statt – vom Bürger zum Staat, vom Herren zum Diener.
Denn so war der Staat ursprünglich konzipiert, als Dienstleister seiner freien Bürger. Mit einer Staatsquote, also dem Verhältnis zwischen den Ausgaben des Staates und dem Bruttoinlandsprodukt, von 32,9 Prozent fing 1960 alles an. Heute sind wir bei rund 50 Prozent aller Gelder, die durch die Hand des Staates laufen.

Diese Staatlichkeit ist ein Moloch geworden, der seinen Bürgern ungeniert ins Portemonnaie greift, ihnen einen immer größeren Anteil am Sozialprodukt abverlangt und in seinem tief ausgeprägten Misstrauen die privaten Dokumentationspflichten ausweitet und staatliche Kontrollbefugnisse verschärft. Bei allem verdient der Staat mit – beim Arbeiten, beim Wohnen, beim Essen, Trinken, Autofahren – und auch am Sterbebett hält er die Hand auf.

Dabei könnten die Bürger einen effektiven Staat gut gebrauchen. Einen Staat, der sich um die Schulbildung der Kinder kümmert. Einen, der die Landesverteidigung sicherstellt. Einen, der die Infrastruktur der Verkehrswege auf dem modernsten Stand hält. Einen, der die Digitalisierung vorantreibt.

Doch diesen dem Bürger nützlichen Staat gibt es nur in den Politikerreden. Im Alltag begegnen den Menschen verfallene Schulgebäude, Lücken im Lehrplan, verspätete Bahnen, riesige Funklöcher und eine Bundeswehr, die das Land keine 24 Stunden gegen die russische Armee verteidigen könnte.

Man kann es auch so formulieren: Der deutsche Staat versagt auf höchstem Niveau. Das sind die fünf Gründe für diesen Sachverhalt.

# 1 SPD, Grüne und FDP sind Staatsparteien par excellence

Die Bundesverwaltung hat unter der Ampel mit 300.000 Beschäftigten eine Rekordgröße erreicht, allein in den Ministerien sind inzwischen mehr als 30.000 Mitarbeiter beschäftigt – seit Amtsantritt hat die Ampel rund 1.800 neue Ministerialbeamte installiert. Insgesamt sind die Personalkosten des Bundes seit 2020 um acht Milliarden Euro gestiegen und werden 2024 mehr als 43 Milliarden Euro betragen.

Die Ampelregierung hat die Zahl der verbeamteten Staatssekretäre und Parlamentarischen Staatssekretäre auf Rekordniveau hochgefahren. Allesamt Top-Positionen mit Spitzen-Salär. Dabei steht im Koalitionsvertrag noch der schöne Satz:

"Die Verwaltung soll agiler und digitaler werden. Sie muss auf interdisziplinäre und kreative Problemlösungen setzen. Wir werden sie konsequent aus der Nutzungsperspektive heraus denken".

Die Wahrheit sieht anders aus: 37 Parlamentarische Staatssekretäre gibt es derzeit – demnach hat nahezu jeder 11. Bundestagsabgeordnete der Koalition ein solch lukratives Amt inne. Hinzu kommt eine Rekordzahl an Beauftragten der Bundesregierung – derzeit sind es 46. Seit 2010 wurden zwar acht Beauftragte abgeschafft, 13 neue sind jedoch hinzugekommen, darunter die Beauftragten für Queers und Antirassismus, ein Beauftragter für Antiziganismus, also die Rechte der Zigeuner, und einen Beauftragten für das Meer gibt es seit 2022 auch.

# 2 Die Bürokratie nährt die Bürokratie

Die Bundesverwaltung ist mittlerweile eine Bürokratie, die nicht mehr anderen Menschen dient, sondern die sich leidenschaftlich der Selbstbeschäftigung hingibt. Dieser Vorgang – die Kritiker sprechen von Selbstbedienung – nennt sich im Amtsdeutschen „Selbstverwaltung des Bundes“ und wird sogar gemessen. Gemäß dieser Messung erreicht der Verwaltungskosten-Etat des Bundes 2024 die Rekordmarke von 24 Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie 2015.

Gegenüber dem Jahr 2020 bedeutet das einen Zuwachs von sieben Milliarden Euro. In diesem Posten verstecken sich auch die Unterbringungs- und Renovierungskosten für das wachsende Personal sowie deren Ausstattung mit Computern, Mobiltelefonen und Satellitenschüsseln. Nicht zu vergessen die Spesen.

Diese Selbstverwaltung frisst Gelder, die eigentlich für andere bestimmt sind. Zum Beispiel wurden für die Kindergrundsicherung zum Start 2025 vorerst zwei Milliarden Euro eingeplant. Jedes Jahr sind zusätzlich mehr als 400 Millionen Euro nötig und insgesamt mehr als 5.000 neue Stellen, um das Bürokratiemonster „Kindergrundsicherung“ zu bändigen. Wichtig ist der Politik auch, die bisherige Familienkasse in Familienservice umzubenennen. Das sind lediglich zwei neue Silben am Ende, Kostenpunkt aber 750.000 Euro für neue Behördenschilder und ein schickes Design.

Bei der Rente die gleiche Neigung zur Selbstbeschäftigung: Zur Berechnung der Grundrente wurden 3.500 neue Stellen geschaffen. Kostenpunkt: Über 460 Millionen Euro. Diese Menschen verzehren das Geld, von dem der Bundestag glaubte, es sei für die Grundrentner bestimmt.

# 3 Exekutive und Legislative wollen nicht sparen, sondern protzen

Derweil Schulen und Bahnhöfe genauso verfallen wie Brücken und Landstraßen, geht der Staat bei seinen eigenen Immobilien in die Vollen. Das Bundeskanzleramt wird bis zum Jahr 2026 seine Bürofläche verdoppeln und damit Baukosten von rund 800 Millionen Euro verursacht haben. Das Bundespräsidialamt zieht fünf Jahre in eine Übergangsbehausung, die für 205 Millionen Euro gleich neben dem Kanzleramt und dem Bundesinnenministerium gebaut werden soll, damit Schloss Bellevue und die angrenzenden Bauten für – zumindest laut dem jetzigen Stand der Planungen – 18,5 Millionen renoviert werden können.

Der auf 736 Abgeordnete vergrößerte Bundestag verschlingt jährliche Kosten von 1,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: In der Nationalversammlung der Franzosen sitzen 577 Abgeordnete, im britischen Unterhaus 650 und selbst im Repräsentantenhaus auf Capitol Hill residieren lediglich 435 Parlamentarier. Das deutsche Parlament ist Spitze, zumindest bei den Kosten.

Fazit: In seiner unstillbaren Gier nach Gegenwart riskiert der Staat unsere Zukunft. Das Unverständnis im Bürgertum über diese Raupe Nimmersatt ist mittlerweile ein kollektives. Viele Bürger sind Bauern im Wartestand.

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